Sport: Arbeiter im Sand
Scheuerpflug will eine Medaille in Athen, die Konkurrenz ist leichter als bei einem Grand Slam
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Scheuerpflug will eine Medaille in Athen, die Konkurrenz ist leichter als bei einem Grand Slam Drei Sätze hat Andreas Scheuerpflug hinter sich, ohne ein Wort gesagt zu haben. Und dennoch hat er gewonnen, im Sand von Klagenfurt vor ein paar Tagen. Platz drei war es am Ende des Grand Slams in Österreich – für den Potsdamer Anlass, an eine Medaillenchance bei den Sommerspielen in Athen zu glauben. Ein Treppchenplatz? Unmöglich sei nichts, erklärt Scheuerpflug, doch das primäre Ziel sei mindestens Platz Neun. Das hieße für das Team Deutschland II die Gruppenspiele überstehen – ein Mindestziel für einen der besten deutschen Beach-Volleyballer der vergangenen elf Jahre. Lange spielte er in der Halle bei Friedrichshafen und sieben Jahre in der Schweiz, bevor der Boom am Beach aufkam und der gebürtige Alpirsbacher (Schwarzwald) sich ihm anschloss. Dass er danach weiter macht und damit sein Geld verdient, daran hat der Sportsoldat 1993 noch nicht gedacht. Bernhard Hoffmann hieß sein damaliger Beachpartner, mit dem er seinen ersten deutschen Meistertitel 1994 gewann, in der ersten Beachsaison seiner Karriere. Danach folgten Weltserienturniere, neue Beachpartner und Olympia 2000 in Sydney. Ein Sport- und Medienereignis, an das sich Scheuerpflug mit gemischten Gefühlen zurück erinnert. Platz 19 belegte er gemeinsam mit Oliver Oetke, Fehler in der Vorbereitung hätte dazu geführt. „Wir haben uns von Verbandsseite aus reinreden lassen“, blickt der Wahl-Potsdamer zurück. Doch dieselben Fehler macht man nicht zweimal. In diesem Jahr, so sagt Scheuerpflug, sei die Vorbereitung optimal verlaufen. Und der sportliche Wettkampf bei den Olympischen Spielen sei im Beach-Volleyball ohnehin nicht so schwer wie ein Grand Slam oder die WM. Denn jedes Land ist nur mit zwei Teams vertreten. Doch die Weltspitze wird von den Brasilianern und den US- Amerikanern bestimmt, von denen mehr als zwei Teams die Klasse haben, ihre Gegner in Grund und Boden zu spielen. Beim Grand Slam in Klagenfurt waren beispielsweise drei der ersten vier Teams aus Brasilien – das eine andere war Scheuerpflug/Dieckmann. Die beiden ergänzen sich, obwohl sie ein Jahrzehnt Lebenserfahrung trennt. Sie touren die Hälfte des Jahres gemeinsam um die Welt, wohnen in einem Zimmer und motivieren sich auf dem Court. Reibungspunkte gibt es für Scheuerpflug aber keine, „wir gehen auch mal unserer eigenen Wege“. Zumal der 37-Jährige oft mit Lebenspartnerin und Beach-Volleyballerin Martina Stoof unterwegs ist. Beide lernten sich bei den Turnieren kennen, wegen ihr kam Scheuerpflug nach den Olympa 2000 nach Potsdam. Seit drei Jahren haben sie in Babelsberg eine Heimat gefunden, von der aus sie die Sandplätze der Welt erobern. Ein Jahr noch gibt sich Scheuerpflug im Beach-Volleyball, dann hat zwei Olympiaden hinter sich und ist vierfacher Deutscher sowie einmaliger Neuseeländischer Meister. Die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr soll den Abschluss bilden, dann will er sich seinem eigentlichen Beruf widmen.Lehrer für Sport und Geschichte in der Sekundarstufe II hat Scheuerpflug in Konstanz studiert, einen gepflegten Alltag kann sich der Globetrotter jedoch noch nicht vorstellen. Und auch wenn er in seinem zweiten und ursprünglichen Berufsleben integriert ist, will er das abwechslungsreich gestalten: „Ich kann mir eine zweisprachige Schule als Arbeitsort vorstellen.“ Sprachen gehören zum Hobby des Beach-Volleyballers, außer deutsch spricht er mit Spanisch, Französisch, Englisch, Türkisch, Portugiesisch oder Schweizerdeutsch fünf weitere sehr gut. „Wenn man die ganzen Jahre unterwegs ist, lernt man das“, so Scheuerpflug, der mit den Jahren ein Verständnis für fremde Kulturen entwickelt hat und sich mit ihnen identifiziert. Wenn er nach der Saison frei hat, will er an einen Ort, wo es schön ist. Seine Wahlheimat Babelsberg zählt dazu. Zu selten findet er hier Entspannung, zu oft ist er unterwegs in der Welt. Sechs Monate Australien mit Zwischenstopps in Brasilien, Südafrika und Neuseeland standen im vergangenen Winter auf dem Programm, danach wurden die Wege kürzer, aber nicht minder häufig. Bis zu seinem ersten Angriff auf dem Sand von Athen spielt er sich mit Dieckmann in Berlin warm. Das Duo Julian Prosser/Marc Williams aus Australien ist zu Gast und will mit Dieckmann/Scheuerpflug üben. Niveau halten und ein gutes Gefühl erarbeiten nennt Scheuerpflug als die Aufgaben für die nächsten sechs Tage, am Dienstag fliegt er dann nach Athen. An eine Überraschung bei den Spielen glaubt er nicht, zu gut kennen sich die Teams untereinander, zu eng sei die Leistungsdichte. Tagesform und Nerven würden dabei über Sieg und Niederlage entscheiden. Nach der Vorrunde könnten sie dann auf Deutschland I mit Jonas Reckermann und Markus Dieckmann treffen – dann entscheidet sich, wer die wirkliche Nummer Eins in Deutschland ist. Jan Brunzlow
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