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Warnstreiks: Arbeitskampf in der Sonne - und mit Miet-Krach

Rund 4000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes demonstrierten in Potsdam für mehr Lohn und Gehalt - die Trommler aber waren gekauft.

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Tarifkonflikte sind eine ernste Angelegenheit – am gestrigen Donnerstag hingegen glich die Demonstration der Gewerkschaft Verdi und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Potsdam streckenweise einem heiteren Frühlingsspaziergang. Nach Gewerkschaftsangaben waren rund 4000 Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes der Kommunen und des Bundes aus dem Land Brandenburg gekommen, um ihrer Forderung nach 6,5 Prozent mehr Lohn Nachdruck zu verleihen.

Das taten die Demonstranten vom öffentlichen Dienst auch lautstark: Anwohner an der Strecke durch die Innenstadt bemerkten die Demo zuerst durch das lautes Trommeln. Doch der Krach war gemietet: Nicht Gewerkschafter trommelten sich durch die Landeshauptstadt - es war die Sambagruppe „Sapucaiu no Samba“. Die neun Berliner Trommler waren von Verdi nach PNN-Informationen für 1300 Euro engagiert worden.

Warnstreiks im Hinblick auf die nächste Verhandlungsrunde mit den Arbeitgebern am 28. März in Potsdam gab es bundesweit. In der Landeshauptstadt wurde unter anderem in der Stadtentsorgung gestreikt. In der Stadtverwaltung war die Kfz-Zulassungsstelle ab 12 Uhr geschlossen, der Bürgerservice hatte seine Türen verriegelt. „Das wusste ich nicht“, sagte Jörg Jäger, der im Stadthaus seinen neuen Reisepass abholen wollte. Der Student nahm es aber gelassen und wollte an einem anderen Tag wiederkommen. Ähnlich verständnisvoll zeigten sich auch viele Potsdamer und Gäste an der Demonstrationsstrecke. „Langsam haben sie auch mal mehr Lohn verdient“, sagte Jacob Lischewski, der im Rechenzentrum an der Breiten Straße arbeitet, als die Demonstranten dort vorbeizogen. Auch Manfred Myler aus dem hessischen Kassel, der sich eigentlich für das Stadtschloss interessierte, fand die Forderungen der Demonstranten gerechtfertigt.

Begonnen hatte der Streiktag gegen 11.30 Uhr: Vor dem Stadthaus trafen sich die ersten streikenden Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Aus dem Lautsprecherwagen schallten Hits aus 30 Jahren Popgeschichte. In der Mittagssonne zogen lächelnde Streikende ihre Plastikponchos mit dem Verdi-Logo über. Cornelia Pilz aus der Personalabteilung der Stadtverwaltung erinnerte an Stellenkürzungen der vergangenen Jahre: Der Druck auf die Mitarbeiter sei gewachsen. Viele Langzeitkranke seien die Folge. „Der öffentliche Dienst braucht eine angemessene Bezahlung, um als Arbeitgeber für junge Leute attraktiv zu sein“, so Pilz.

Mit Polizeieskorte zogen sie in Richtung Lustgarten, wo Bus für Bus Streikende aus anderen brandenburgischen Orten eintrafen. Die Störungen für den Verkehr hielten sich dabei in Grenzen. Als später der Demonstrationszug durch die Charlottenstraße zog, wurde jedoch der Straßenbahnverkehr für gut 20 Minuten unterbrochen. Auch die Polizei sprach von einem problemfreien Verlauf. Es sei nur zu geringen Beeinträchtigungen des Verkehrs gekommen.

Bei der Abschlusskundgebung auf dem Luisenplatz forderten dann Redner von Verdi, GEW und Gewerkschaft der Polizei mit teils heftigen Worten Verhandlungsbereitschaft von der Arbeitgeberseite. Diese hatte jüngst lediglich 3,3 Prozent Lohnplus verteilt auf zwei Jahre angeboten. Die Demonstranten fühlten sich derweil am Brandenburger Tor bei Bratwurst und Kaffee sichtlich wohl. Falls es in den Verhandlungen keine Einigung gebe, wolle man gern wieder zu einer Verdi-Demo nach Potsdam kommen, hieß es.

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