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Homepage: Ästhetik der Provokation

Heine-Jahr: Universität gräbt unbekannte Lutezia-Schrift Heinrich Heines aus

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Das Jahr 2006 ist nicht nur Mozart- , Brecht- und Informatik-Jahr, sondern auch Heine-Jahr. Aus Anlass des 150. Todestages von Heinrich Heine findet in diesem Jahr in Potsdam ein internationales Symposium des Instituts für Künste und Medien der Universität Potsdam und der Berlin-Brandenburger Sektion der Heinrich-Heine-Gesellschaft statt (29. März bis 1. April), das Heines wenig bekannte Schrtift „Lutezia“ zum Thema hat.

Vor einhundertfünfzig Jahren starb Heinrich Heine in Paris. Heine ist weithin bekannt, Gedichte wie „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ werden in der Schule gelernt; seine Schrift „Deutschland – Ein Wintermärchen“ zählt zur Standardliteratur der deutschen Linken. Und doch ist von Heines umfangreichem Werk heute nur wenig bekannt. Zu den weitgehend unbekannten Texten zählt die 1854 erschienene Schrift „Lutezia“. Sie geht auf Korrespondenzartikel des in Paris lebenden Dichter-Publizisten für die Augsburger „Allgemeine Zeitung“ aus den Jahren 1840 bis 1843 zurück.

Im Einzelnen enthält „Lutezia“ Reflexionen zu vielfältigen, nach wie vor virulenten Problemfeldern. Reflexionen etwa zum Verhältnis von „materiellen“ und „idealen“ Bedürfnissen der „Menschheit“, zum Verhältnis von Armut und Reichtum, von Krankheit und Gesundheit, von Leben und Tod. Auch werden verschiedene Aspekte der Religionen, Fragen des Judentums und der Geschlechterproblematik betrachtet. Heine betrachtet zudem die Entwicklung der französisch-deutschen Beziehungen, das Verhältnis von europäischen Machtinteressen und nahöstlichen Krisen und Problemfelder wie „Fanatismus“, „Wahnsinn der Zeit“ und „Besonnenheit“.

Die Lutezia-Berichte können als ein Werk gelesen werden, das, geschrieben in geschliffener Sprache, durchsetzt von hintergründiger Ironie, in weiten Passagen brillant formulierte Gedanken von belebender, frischer Aktualität enthält und das zugleich als eine großartige Schule des Lachens verstanden werden kann. Die Lutezia-Texte sind offensichtlich für Leser vorgesehen, für die genussvolles Lesen wesentlich in ästhetisch-poetisch vermitteltem Denkvergnügen besteht.

„Ganz im Geheimen, so scheint es, verfolgt Heine ein hohen artistischen Ansprüchen verpflichtetes Konzept einer Ästhetik der Provokation, das in erster Linie nicht die Artikulation eigener Befindlichkeit, sondern die Beförderung der Mündigkeit des Lesers im Sinn hat“, so die Initiatoren des Uni-Symposiums. „Heines späte Schriften setzen auf den denkenden Leser, sie zielen auf das Training seiner kritischen Haltung.“

In seinem letztem großen Werk tritt Heine für die Möglichkeiten zu besonnenem wie subversivem Handeln ein: für die Gewinnung wie die Erhaltung der Menschenwürde. Schmerzgeplagt, gelähmt, halb blind, betont der leidende Dichter noch einmal den Anspruch „aller Menschenkinder“ auf „Brot“ und „Zuckererbsen“, Arbeit und Kunst, Liebe und Hass, Ruhe und Bewegung, Emotionalität und Vernunft: auf das „Leben selbst“. „Die ,Lutezia“ enthält einen geistigen Schatz für die Erwecker des politischen Lebens in Deutschland“, schrieb Heine 1854 an seinen Verleger.

Das Potsdamer Symposium soll nun sowohl die Öffentlichkeit nachdrücklich auf Heines Schrift „Lutezia“ hinweisen als auch ein Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung und Aneignung des Werkes leisten. Das Symposium wird laut seiner Initiatoren die erste bedeutende nationale wie internationale Veranstaltung zur Lutezia-Schrift sein. Das Konzept des Symposiums sieht vor, die Schrift vornehmlich daraufhin zu befragen, welche Auffassungen Heine unter anderem vom Verhältnis Frankreich-Deutschland, zu Europa, zu einzelnen Fragen der Bereiche Politik, Kunst, Philosophie hatte und wie sich seine Auffassungen im Zusammenhang mit der Revolution von 1848 veränderten. Kix

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