zum Hauptinhalt
Die Welt der Sterne kann reichlich Publikum vertragen. Benjamin Husheer, seit Januar neuer Leiter des Urania-Planetariums, will mehr Besucher anlocken. Unter der Kuppel sollen vermehrt interaktive Vorstellungen stattfinden, Hörspielkino und Konzerte.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Auf dem Rückweg am Mars vorbei

Benjamin Husheer ist der neue Hausherr des Urania-Planetariums. Er will daraus ein Mitmachplanetarium für alle Altersgruppen machen – und braucht bald richtig viel Geld für neue Technik

Stand:

Geht es nach Benjamin Husheer, steht das Potsdamer Urania-Planetarium bald gleichberechtigt neben den großen Kinos und anderen Kultureinrichtungen. „Dann wird man überlegen: „Geh ich ins Kino oder ins Planetarium? Fahr ich nach Berlin oder unternehme ich etwas in Potsdam?“ Husheer, seit Anfang des Jahres pädagogischer Mitarbeiter und gleichzeitig Leiter des Planetariums in der Gutenbergstraße, hat viel vor. Wenn er von seinen Plänen spricht, möchte ihn Urania-Mitarbeiterin Christa Schmidt manchmal bremsen. Doch der Neue will genau das: „Auf die tollen Voraussetzungen aufbauen und das Angebot, vor allem für Kinder und Jugendliche, ausbauen.“ Aus dem Haus soll ein Mitmach-Planetarium werden.

Ideen hat er viele, jetzt geht es an die Umsetzung. Seit September 2013 hatte er bereits kommissarisch auf Teilzeitbasis die Geschäfte des Planetariums geführt, nachdem Rolf König in den Ruhestand ging, nach 25 Jahren im Planetarium. Jetzt ist Husheer – der niederländische Name bedeutet Hausherr – offiziell der Leiter. Gegen 30 Mitbewerber, fünf davon in engerer Auswahl, setzte er sich durch. Dafür hat er seinen Lehrerjob in einer Kreuzberger Schule aufgegeben. Die Arbeit dort habe er geliebt. „Aber das hier, das musste ich einfach ausprobieren“, sagt er. Womöglich sei er damit europaweit der jüngste Planetariumsleiter, sagt er. Ein 31-jähriger Kollege vom Zeiss-Planetarium in Berlin behauptete das bisher von sich, jetzt hat der 30-jährige Husheer ihn unterboten. „Die Beweislast liegt also bei dem Berliner“, besteht Benjamin Husheer.

Erste Erfahrungen für seine neue Tätigkeit sammelte er in Bremen, beim Zivildienst im dortigen Planetarium. Nach einem Jahr war er bereits freier Mitarbeiter. Dann studierte er Mathematik und Musik auf Lehramt. Vielleicht sei es gut, dass er kein studierter Astronom oder Physiker ist, sagt er. Im Potsdamer Planetarium geht es schließlich nicht um Forschung, sondern darum, diese Wissenschaft, dieses aufregende naturwissenschaftliche Feld, für alle Bürger interessant zu gestalten. Er will sowohl Laien als auch spezialisierte Hobby-Astronomen erreichen, Kinder, Schüler, Familien, Lehrer. „Ich kann mich ganz gut in diese Gruppen hineinversetzen“, sagt er.

Zunächst sollen die Zeiten für Kindervorstellungen dem neuen Ganztagsschulsystem angepasst und auf den späteren Nachmittag verlegt werden. Für die ganz Kleinen gibt es demnächst die Märchen-Show „Die Rettung der Sternenfee Mira“ im Programm. Die eindrucksvollen Fulldome Shows, das sogenannte Sternenkino, bei dem mit hochmoderner Technik die komplette Kuppel wie bei einem 3D-Film bespielt wird, soll mit interaktiven, sogenannten Live Fulldome Shows ergänzt werden. „Da darf man während der Vorführung Fragen stellen, und die Stimme kommt nicht vom Band, sondern vom Vorführer“, sagt Husheer. Außerdem kann dieser während der Show auf Zuschauerwünsche eingehen. „Dann fliegen wir auf dem Rückweg eben noch mal am Mars vorbei.“ Solche persönlichen Programme haben einen größeren Lerneffekt, sagt der Pädagoge.

Die Fulldome Clips für individuelle Vorführungen könnten von Fachhochschulstudenten entwickelt werden. Dazu möchte der neue Leiter die bereits bestehende Kooperation von FH Potsdam und dem Planetarium ausbauen. Er wünscht sich außerdem, dass das Angebot verstärkt von Schulen wahrgenommen wird. Wenn die Lehrer nicht zu ihm ins Haus kommen, um sich über Möglichkeiten für den Unterricht zu informieren, dann will er selbst in die Schulen gehen, sich dort persönlich vorstellen. „Die Kinder haben ja Lust aufs Lernen – wenn sie einmal hier sind“, sagt er.

Neben den astronomischen Angeboten soll das „Hörspiel unterm Sternenhimmel“ im Frühling wiederbelebt werden, verstärkt möchte Husheer Musikveranstaltungen unter der Kuppel anbieten. Das letzte Konzert, Harfenmusik im fast komplett dunklen Kuppelraum, gekoppelt mit einer Sternenshow, sei ausverkauft gewesen.

Grundsätzlich freue er sich, dass das Planetarium so gut ausgestattet ist. Die teure Fulldome-Technik können sich nur wenige kleine Häuser leisten. „Deshalb müssen wir sie verstärkt nutzen“, sagt er. Ein wenig Sorgen bereitet ihm der Sternenprojektor. „Der ist älter als ich. Das Gerät ist zwar gut gepflegt, aber irgendwann gerät es mechanisch an seine Grenzen“. In wenigen Jahren schon, befürchtet Husheer, wird man einen neuen brauchen. Der könnte 350 000 Euro kosten. „Da brauch ich noch Ideen, wo das Geld herkommen könnte, Förderprogramme oder Sponsoren“, sagt er. Aber er sei zuversichtlich. „Wir müssen einfach daran glauben, dass es irgendwie klappt.“

Derzeit baut er sein kleines Team von freien Mitarbeitern auf, junge und ältere Leute mit Ideen, darunter Germanisten und Astrophysiker. Für Kinder und Jugendliche soll der Astroklub mit Simon Plate weiterlaufen. Benjamin Husheer ist auch offen für ganz neue Ideen: Ausflüge in die Natur, Sternenbeobachtung beim Camping, das kann er sich gut vorstellen. Er selbst kann sich an Nächte erinnern, in denen er, als Kind beim Familiencamping, fasziniert in den Sternenhimmel schaute.

Nächste Vorführungen: am heutigen Dienstag um 9.30 Uhr und 11 Uhr: Lars, der kleine Eisbär, um 14 Uhr: Sternenhimmel im Februar. Gutenbergstr. 71/72

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })