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Brandenburg setzt auf Biogas: Die Energie der Zukunft wird aus Gülle, Mist und Energiepflanzen gewonnen
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Brandenburg setzt auf Biogas: Die Energie der Zukunft wird aus Gülle, Mist und Energiepflanzen gewonnen Von Jan Kixmüller Brandenburg, das Land der endlosen Felder, Roggen und Weizen wogen im Wind, hier und da stehen ein paar Kühe auf der Weide. Ein schönes Bild von ländlicher Harmonie. Wäre da nicht die ernüchternde Realität: Zusammenbruch der LPGs nach der Wende, das Chaos der EU-subventionierten Landwirtschaft und die für die Mark prognostizierten Dürrejahre. Es heißt, dass die einzige Zukunftsperspektive des Landes die Wissenschaft und Forschung ist. Doch vielleicht lässt sich hier etwas verknüpfen. Mit Hilfe neuer Technologien könnte der Landwirt zum neuen Berufsfeld „Energiewirt“ finden. Aus Gülle und Mist, Pflanzenabfällen und Kulturpflanzen lässt sich nämlich Energie gewinnen – in Form von Biogas. Eine erneuerbare Energieressource, die die knapp werdenden fossilen Energievorräte unangetastet lässt und in die Atmosphäre keine zusätzlichen Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid einbringt. Mittlerweile stehen in Brandenburg schon rund 31 Biogasanlagen, das Landwirtschaftsministerium sieht das Land bereits auf bestem Wege, zum Bioenergieland zu werden. Eine Biogas-Tagung in Potsdam veranschaulichte Anfang dieser Woche das hohe Potenzial, das für Brandenburg in der Bioenergie liegt. Neben dem Biogas wird auch in sechs Anlagen Biodiesel produziert, eine Zweig der in naher Zukunft einmal 250 000 Hektar Raps benötigen könnte – bis zu 30 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Bis 2010 hat sich das Land das Ziel gesetzt, fünf Prozent der Energie, durch Bioenergie abzudecken. Wie ein Vertreter des Landwirtschaftsministeriums sagte, würde diese Messlatte voraussichtlich schon 2005 erreicht. Die Zahl der Biogasanlagen soll auf über 60 steigen, bis zu 25 Megawatt wären damit zu erreichen, die Rede ist von 120 Gigawattstunden im Jahr und 100 000 Tonnen weniger CO2-Ausstoß. Als Gesamtpotenzial gehen die Fachleute von 78 Megawatt elektrischer Leistung aus Biogas in Brandenburg aus. Schon im kommenden Jahr seien rund 30 Prozent des gesamten Biogas-Potenzials genutzt, 85 Prozent davon Biomasse aus der Tierwelt, zehn Prozent von Pflanzen und fünf Prozent aus Reststoffen. Das Investitionsvolumen beträgt 95 Millionen Euro, wovon 16 Millionen von der öffentlichen Hand kommen. Allerdings hat die Sache natürlich auch ihre Haken. Gerade Brandenburg hat im Vergleich zu Bioenergieriesen wie Baden-Württemberg und Niedersachsen mit hausgemachten Problemen zu kämpfen. An erster Stelle steht die Kapitalschwäche der Landwirte, einmal mehr nach dem diesjährigen Dürrejahr, Investitionen in neue Technologien sind – trotz Förderung – erschwert. Daher muss nach Ansicht der Experten die Förderung auch im kommenden Jahr erhalten bleiben. Eine anderer Punkt ist der geringe „Tierbesatz“ in Brandenburg, im Vergleich zu anderen Bundesländern müssten also die Tierbestände vergrößert werden, um ausreichend Gülle zu erhalten. Und schließlich muss sich die Forschung – das Potsdamer Agrarforschungsinstitut ATB gehört zu den Beteiligten – Gedanken darüber machen, was mit der überschüssigen Energie in den Sommermonaten passiert. Die Einspeisung des Biogases ins Gasnetz ist eine gute Idee, hier muss allerdings eine weit verbreitete Skepsis gegenüber dem neuen Gas abgebaut werden, und letztlich müssen die Anlagen auf den neuen Brennstoff eingestellt werden. Bundesweit sind seit dem Start des Förderprogramms 1999 insgesamt 781 Biogasanlagen mit verbilligten Krediten in Höhe von 239 Millionen Euro entstanden. Auf die Chancen der Biogasgewinnung wies auch Dr. Thorsten Kasper vom Bundesverband der Verbraucherzentralen hin. Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen mache einen nachhaltigen und umweltverträglichen Energiekonsum möglich. Die Emission von Treibhausgasen lasse sich so begrenzen und mit noch effizienterer Technik Energie einsparen. Zudem könnte sich Deutschland, dessen Importabhängigkeit bei der Energie auf 70 Prozent zu steigen droht, mit der Bioenergie eine autarke Versorgung aufbauen. Alles Augenmerk liegt derzeit auf der für das kommende Jahr vorgesehenen Novellierung des Gesetzes über erneuerbare Energien (EEG). Die grüne Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm wies in Potsdam allerdings auch darauf hin, dass die Novellierung nicht nur Hoffnung für die Bioenergie bedeute, sondern auch noch Nachbesserungenbedarf bestehe. Und auch die Schattenseiten der Erfolgsstory dürfen nicht unter den Tisch fallen. So muss darauf geachtet werden, dass bei einem gezielten Anbau von Pflanzen zur Biogasgewinnung nicht mehr Energie aufgebracht wird, als später hinauskommt. Auch muss man wissen, dass bei der Biogasgewinnung Stickstoff – ein noch gefährlicheres Treibhausgas als Kohlendioxid – entstehen kann, wie Dr. Thorsten Kasper schließlich zu bedenken gab.
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