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Akademische Vorreiter. Bereits ein Dutzend anderer Unis haben Interesse an dem Spiel der Uni Potsdam gezeigt. „FreshUP“ ist eine nicht kommerzielle, offen zugängliche Open-Source-Software, andere Hochschulen können sie für sich adaptieren.

© Andreas Klaer

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Das Spiel „FreshUP“ soll Erstsemestern der Uni Potsdam den Einstieg ins Campusleben erleichtern

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Wie schreibt man sich für ein Seminar ein? Wie leiht man ein Buch aus der Bibliothek aus? Und wo ist eigentlich die Mensa? Jahr für Jahr stellen sich Hunderte frisch immatrikulierte Studierende solche und ähnliche Fragen aufs Neue. Zwar gibt es eine Fülle an Einführungsveranstaltungen, Broschüren und Beratungsangeboten, doch: „Die Begrüßungsangebote scheinen nicht immer den Erfolg zu zeigen, den sie haben sollten“, sagt Ulrike Lucke, Professorin am Institut für Informatik der Universität Potsdam. „Denn es ist nicht nur wichtig, zu wissen, wie man studiert, sondern es auch zu tun.“

Um diesem Mangel zu begegnen, initiierte Lucke 2010 die Entwicklung eines Kennenlernspiels namens „FreshUP“, bei dem Erstsemester Teams von zwei bis drei Personen bilden und für die Erledigung typischer Uni-Alltagsabläufe Punkte erhalten können. Luckes Studierende entwickelten daraufhin die Software, die erstmals im Wintersemester 2011 zum Einsatz kam, damals noch mit einer kleinen Zahl von Test-Teilnehmern. 2012 beteiligten sich bereits über 100 Studierende, 2013 waren es schon 126, die insgesamt über 500 Aufgaben lösten.

Alle Fachrichtungen der Uni sind vertreten, man achte allerdings darauf, möglichst Studierende der gleichen Fachrichtung in ein Team zu stecken: „Die gleichen Fächer haben ja die gleichen Probleme“, so Ulrike Lucke.

Das „FreshUP“-Online-Portal, bei dem man sich zu Beginn des Wintersemesters anmelden muss (https://freshup.cs.uni-potsdam.de), ist hauptsächlich dazu da, neue Aufgaben zu empfangen oder als erledigt abzuhaken; für das richtige Spiel müssen die Erstsemester heraus auf den Campus. „Zeige auf der Karte des Campus, wo sich Notebook-Arbeitsplätze befinden!“ oder „Was kannst du mit unserer Online-Lernplattform tun?“ oder „Welche Raumnummer hat Professor XY?“ lauten einige der Aufträge.

Die Spielidee orientiert sich am Quartett: Sobald eine Gruppe eine Aufgabe gelöst hat, erhält sie eine Karte. Vier Karten eines Themas bilden ein Quartett, für das die Gruppe einen Punkt erhält. Jede der vier Aufgaben sind dabei nach vier Stufen des Wissens aufgebaut: „Faktenwissen“ heißt: Ich weiß, wenn ich ein Buch brauche, gehe ich in die Bibliothek. „Orientierungswissen“ heißt: Ich weiß, wie man die Bibliothek findet. „Anwendungswissen“ heißt: Ich weiß, wie man ein Buch ausleiht. Und „Handlungswissen“ heißt: Ich mache das alles wirklich einmal und zitiere zum Beweis für das Spiel eine Stelle aus dem gefragten Buch. Aufgaben können auch übersprungen oder getauscht werden: „Vor allem die Aufgaben in Golm werden gerne mal weggetauscht“, sagt Lucke. Doch wer wirklich gewinnen will, muss alle 16 Quartette einsammeln.

FreshUP schickt die Teams aber nicht nur an die Uni, sondern auch in die Stadt: „Finde den Luisenplatz!“ oder „Finde die Kneipe Hafthorn!“ lauten einige Aufträge. „Studierende sollten auch die Stadt kennen, in der sie studieren“, sagt Ulrike Lucke. Wer den gesuchten Ort gefunden hat, kann per Smartphone oder GPS-Gerät seine Geo-Koordinaten an „FreshUP“ senden. Für Erstsemester, die so etwas nicht besitzen, verleiht das FreshUP-Team auch GPS-Geräte. „Meist sind Smartphones bei den Geisteswissenschaftlern etwas weniger verbreitet“, sagt Lucke. „Bei Informatikern erstaunlicherweise aber auch.“

An sich ist die Idee eines Uni-Kennenlernspiels nichts Neues: Anfang der 2000er Jahre gab es zum Beispiel an einer irischen Uni ein ähnliches Angebot, das aber wesentlich einfacher aufgebaut war. Es hatte sich nicht durchsetzen können. Es gibt auch Uni-Apps für Smartphones, aber die richten sich meist nicht explizit an Erstsemester und deren Probleme. So steht „FreshUP“ bundesweit einzigartig da. Rund ein Dutzend anderer Unis hätten bereits Interesse an einer Übernahme des Spiels gezeigt, sagt Lucke. Da „FreshUP“ eine nichtkommerzielle, offen zugängliche Open-Source-Software ist, können andere Hochschulen problemlos das Programm übernehmen und einfach das Design und die Fragen austauschen.

Für die Teilnehmer hat sich der spielerische Einstieg ins Uni-Leben auf jeden Fall gelohnt, nicht nur wegen der Gutscheine für die ersten drei Siegerteams, die von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, dem Volkspark Potsdam und der Kneipe Hafthorn gesponsert wurden, sondern vor allem wegen der praktischen Erkenntnisse: Die Spieler wissen, welcher Bus zu welchem Uni-Standort fährt, kennen Namen und Gesicht ihrer künftigen Dozenten oder wissen, wo Schloss Sanssouci liegt. „Wir haben jedes Jahr Umfragen unter allen Studierenden gemacht“, sagt Lucke. „Dadurch konnten wir nachweisen, dass diejenigen, die beim Spiel mitgemacht hatten, sich viel besser am Campus zurechtfinden, als die, die nicht teilgenommen hatten.“

Grundsätzlich sei das Feedback auf „FreshUP“ positiv, so die Informatik-Professorin. Sie erinnert sich allerdings auch an eine Teilnehmerin, die nach dem Spiel sagte, dass sie sich Studieren ganz anders vorgestellt hätte und nun unsicher sei, ob sie wirklich weiter machen soll. Für Lucke ist das durchaus kein schlechtes Ergebnis: „Besser man merkt das jetzt, als erst nach Monaten oder gar Jahren.“

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