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Ins Kino gehen, obwohl das Baby schreit? Viel Spaß hatten die Schüler bei den Rollenspielen, in denen es um den Alltag im Familienleben ging.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Auf Stärken-Suche

Berufswunsch und Lebensplanung: Oberschüler aus der Region Potsdam machen bei „Komm auf Tour“ mit

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Wer weiß schon in der achten Klasse, wohin es später mal gehen soll? Die Schüler, die am gestrigen Dienstag und in den kommenden beiden Wochen den in der Orangerie der Biosphäre aufgebauten Parcours mit mehreren Stationen durchlaufen, freuen sich erstmal über einen schönen schulfreien Tag. Das sei aber gar nicht so schlimm, sagt Peter Limpächer, Teamleiter der Agentur für Arbeit, die gemeinsam mit der Stadt Potsdam, dem Landkreis sowie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Initiative „Komm auf Tour“ organisiert.

Dabei sollen die Jugendlichen motiviert werden, sich für ihre Zukunft, sprich ihren Ausbildungsweg, zu interessieren. Und das möglichst ohne schulischen Druck: „Sie sollen nicht merken, dass sie arbeiten, sie sollen sich so geben, wie sie sind“, sagt Limpächer. Die Lehrer werden deshalb gleich beiseite genommen. Die Schüler bekommen neue Begleiter an die Seite gestellt, die sie anleiten und beobachten sollen. Und meistens gelingt es ihnen, auch die letzten Pappenheimer aus ihrer Lethargie zu locken. Das Konzept ist nämlich ganz auf „Jugend“ angelegt.

Das beginnt mit der Begrüßung, die lockere Anmoderation übernimmt eine junge Frau, genannt „Futuria“. Sie holt sich einige Schüler auf die Bühne, sorgt für gute Stimmung. Dann müssen die Achtklässler selbst aktiv werden, sich durch vier Stationen durcharbeiten mit dem Ziel, eigene Stärken zu finden.

Diese Frage sei immer der zentrale Punkt in einer Berufsberatung, wie sie Limpächer und seine Kollegen der Arbeitsagentur stellen: Was kannst du gut und was davon macht dir Spaß? Nicht in allen Familien lege man Wert auf frühzeitige Orientierung. Manche Eltern hätten dagegen zu starre Vorstellungen, was die Berufswahl des Kindes betrifft. Und manche kümmern sich überhaupt nicht, weiß Limpächer aus Erfahrung. Auch deshalb müsse Berufsberatung beziehungsweise Berufsorientierung heute viel früher als noch vor einiger Zeit beginnen“, sagt der Experte.

Es geht aber nicht nur um Beratung in Sachen Ausbildung, sondern um Lebensplanung im Allgemeinen. Wo siehst du dich in zehn, in 20 Jahren, wie wichtig sind Familie, Kinder, Job? Auf der „Bühne“, Lieblingsstation der Teilnehmer, versuchen sich die Achtklässler im Rollenspiel, in dem es um Familienalltag geht. Was tun, wenn das Baby weint, man den Abend aber im Kino verbringen wollte? Teamleiter beobachten, wie die Schüler reagieren und verteilen Punkte in verschiedenen Kategorien. Wer kann gut organisieren und reden, wer ist teamfähig, hilfsbereit, kann mit Zahlen umgehen, ist besonders geschickt oder kreativ? So sind im „Labyrinth“ Vertrauen und Hilfsbereitschaft gefragt, in der „sturmfreien Bude“ zeigt sich, wer fit ist für die erste Wohngemeinschaft oder gar eine eigenes Zuhause.

Anhand des Punktestands ordnen sich die Schüler zum Schluss selbst in eine Job-Kategorie ein, soziale Berufe, Naturwissenschaftliches oder Kreatives. Derart motiviert, ließen sich manchmal auch schulische Defizite kompensieren, so die Erfahrung der Ausbildungsexperten. Natürlich sei es mit so einer einmaligen Spaßaktion nicht getan. So ein Projekt lohne sich nur, wenn die Nachbereitung gewährleistet sei. Idealerweise nehmen die Schüler die hier erworbenen „Stärke- Karten“ mit und packen sie in den sogenannten Berufswahl-Ordner, der als Referenz und Hilfestellung für den Bewerbungsprozess gedacht ist. „Komm auf Tour“ bietet begleitend einen Lehrerworkshop an. Hier dürften es ruhig mehr Teilnehmer sein, sagt Limpächer. Oft seien es Lehrer für WAT (Wirtschaft, Arbeit Technik), die sich um solche Dinge kümmerten – dabei könnte das Thema fächerübergreifend in den Unterricht einbezogen werden.

Die Initiative „Komm auf Tour“, die auch in Berlin und NRW unterwegs ist, findet in der Region Potsdam bereits zum vierten Mal statt, 44 Oberschulklassen aus der Landeshauptstadt und dem Umland werden in diesem Jahr teilnehmen.

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