Foto-Ausstellung von Ilse Ruppert: Auf zehn Kippen mit Keith
Die Fotografin Ilse Ruppert porträtierte Stars wie Keith Richards oder Rio Reiser. Einige ihrer Arbeiten sind derzeit im Potsdamer Restaurant Babelfood zu sehen
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Sie fotografierte The Who, Bob Marley und die Ramones, rauchte Joints mit Jeff Bridges, besuchte Rio Reiser im Studio und lichtete die ersten Ostberliner Punks vor dem Lenin-Denkmal in Friedrichshain ab. Ilse Ruppert ist im Laufe ihres Lebens schon vielen Persönlichkeiten aus Musik, Film und Theater begegnet – und immer hatte sie eine Kamera dabei.
Zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften haben ihre Arbeiten veröffentlicht, ausgestellt wurden sie unter anderem in Paris, New York, Cannes – und in Potsdam: Seit Donnerstag hängt eine kleine Auswahl von Rupperts Fotos für zwei Wochen im afro-karibischen Restaurant Babelfood in der Hermann-Elflein-Straße.
Ein etwas ungewöhnlicher Ort für eine Fotoausstellung, doch Babelfood-Betreiberin Alida Babel hatte in ihren Räumlichkeiten bereits zuvor Kunstwerke ausgestellt, nämlich Gemälde der französischen Malerin Sabel Guissé, die Ruppert seit Langem kennt und schätzt. „Freunde hatten mich darauf aufmerksam gemacht, dass hier Bilder von ihr hängen“, so die Fotografin. Ruppert gefiel das Babelfood und so kam eines zum anderen. „Es ist ein Ort ganz nach meinem Geschmack.“
Die aus dem Spessart stammende Berlinerin begann ab 1978 als freie Fotografin zu arbeiten und lebte zwischenzeitlich in Paris und Los Angeles. Zu jedem Foto weiß sie eine Geschichte zu erzählen, etwa zu dem Schnappschuss von Rio Reiser, der fast wie in Trance auf dem Boden liegt, während eine Hand sein Kinn streichelt. „Das war 1978 in einem Tonstudio in München“, sagt Ruppert. „In diesem Moment hört er sich gerade seine eigenen Aufnahmen an, sein Kopf liegt auf dem Schoß seines damaligen Freundes.“
An der Wand gegenüber hängt ein nachdenklicher Keith Richards mit Totenkopf-Ring: Das war im Pariser Hotel Ritz während eines Film-Interviews. „Richards stellte eine Flasche Whiskey und zehn Zigaretten auf den Tisch – wenn beides alle war, war das Gespräch zu Ende“, erinnert sich Ruppert. Das Foto zeigt den Rolling-Stones-Gitarristen erstaunlich in sich gekehrt: „Es ist ein sehr intimer Moment, wie man ihn sonst nicht von Richards kennt“, findet Ruppert.
Ganz anders die drei Bandmitglieder von The Police, die die Fotografin für etwa zwei Minuten in einem Pariser Hotelflur zu fassen bekam: Stewart Copeland hält grinsend ein Stück Hasch hoch, Sting scheint das ganze eher peinlich zu sein.
Aber nicht nur Musiker, auch viele Hollywood-Größen hatte Ruppert vor der Linse, Dennis Hopper etwa, den sie 1982 mehrere Tage während des Drehs zu „White Star“ in Westberlin begleitete. Der Schauspieler erwies sich dabei als schwieriger Charakter: „Einmal haben wir uns sogar geprügelt“, sagt Ruppert. Entspannter ging es mit Jeff Bridges zu, den sie während einer Drehpause in München mit einem Joint im Mund fotografierte. „Ich würde sagen, auf etwa 60 Prozent meiner Bilder wird geraucht.“
Was vielen Fotos ebenfalls gemein ist: Man erkennt die Stars oft nicht sofort, weil sie erstaunlich natürlich abgelichtet wurden. Ruppert hat sie nicht in markanten Posen, sondern spontan, in alltäglichen Situationen festgehalten – nachdenklich oder genervt, entspannt oder albern.
Und so wirken die Berühmtheiten nicht weniger normal und allürenfrei als die Punks, die Ruppert Anfang der 80er-Jahre in Hamburg, Paris, London, New York und Berlin fotografiert hat. „Wir hatten damals die Erlaubnis bekommen, für eine Reportage über die Musik in der DDR Fotos in Ostberlin zu machen, hatten aber die ganze Zeit einen DDR-Beamten dabei.“ Straßenszenen mit abenteuerlich gekleideten Punkern, Poppern und New-Wave-Fans, Konzerte, Porträtaufnahmen – in Rupperts Bildern wird eine ganze Ära wieder lebendig. „Schieß doch, Bulle!“ steht auf der Kutte eines jungen Konzertbesuchers in der Markthalle Hamburg 1983.
Auch ihr Lieblingsfoto stammt aus dieser Zeit: Ein junger Ostberliner Punk mit kurz geschorenen Haaren, natürlich Zigarette in der Hand, schaut aus dem Fenster seiner Wohnung auf eine graue Hausfassade, unten parkt ein Trabbi. „Er hat ein Bauarbeiterhemd an, das er von oben bis unten bunt mit Farbe bekleckst hat“, sagt Ruppert. Eigentlich hätten die Ost-Punks kaum anders ausgesehen als die West-Punks, nur etwas reduzierter.
Viele deutsche Künstler hat Ruppert damals festgehalten: Rainer Werner Fassbinder, Christiane F., die Autorin von „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, bei einer Drehpause von „Decoder“, Nina Hagen vor der Mauer in Berlin, Blixa Bargeld in einer Bar. Schmunzelnd zeigt Ruppert ein Foto von Kraftwerk: Einer der Musiker ist darauf zu sehen, wie er gerade wie ein Instrument in einen Tour-Koffer gelegt wird.
Das Musikbusiness sei ihr immer lieber gewesen als die Filmbranche: „Musiker machen sich nicht so viele Gedanken um ihr Image, sie haben kein solches Problem damit, dass sie auf einem Foto fixiert werden, wie Schauspieler.“ Eine Weile hatte sie genug davon, Menschen zu fotografieren: „Ich wollte nur noch Blumen fotografieren: Die sind schön, sprechen nicht und brauchen kein Make-up.“
Dabei kann sie auf viele angenehme Begegnungen mit Stars zurückblicken. Einer der freundlichsten Menschen, dem sie im Laufe ihrer Karriere begegnet sei, war Frank Zappa: „Er war einfach toll. Er nannte mich immer ‚Little Red Riding Hood', also Rotkäppchen, weil ich immer eine rote Baskenmütze trug“, erinnert sich Ruppert.
Kennengelernt hatte sie ihn und seine Band 1978 bei einem Konzert: „Ich fragte einfach, ob ich fotografieren dürfte und er sagte Ja“, so Ruppert. Danach habe er tatsächlich einige ihrer Bilder gekauft – „das passiert äußerst selten!“ Wer die Bilder, die im Babelfood ausgestellt sind, ebenfalls käuflich erwerben will, kann dies tun: Die Preise liegen zwischen 60 und 260 Euro.
Ilse Rupperts Bilder sind im Restaurant Babelfood, Hermann-Elflein-Straße 10, zu sehen. Weitere Infos unter www.ilseruppert.de.
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