zum Hauptinhalt
Der „Waisenvater“: Jürgen Pankonin geht in den Ruhestand.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Aufbau unter der Caritas

Jürgen Pankonin, Chef der Waisenhaus-Stiftung, geht Ende August in den Ruhestand

Stand:

Sie ist eine der schönsten Frauen Potsdams. Bewundernde Blicke fliegen ihr täglich zu. Sie sonnt sich oft in ihrem eigenen Glanze und steht gern im Licht der Öffentlichkeit. Er hingegen liebt es dezent und ruhig. Von sich selbst mag er nicht viel reden. Und doch hat er, Jürgen Pankonin, seinen Anteil daran, dass sie, die Caritas auf der Kuppel des Großen Waisenhauses, heute in schwindelerregender Höhe über Potsdams Dächern erstrahlt wie einst vor dem Krieg.

Pankonin ist Geschäftsführer der Stiftung „Großes Waisenhaus zu Potsdam“. Von Anfang an war er beim Wiederaufbau der Stiftung dabei. Damals, zu Beginn der 90er Jahre, als am Waisenhaus- Gebäude in der Lindenstraße links und rechts des Dreieckgiebels Birken aus der Wand wuchsen und der Zahn der DDR- Zeit auch im Übrigen kräftig an dem Gebäude genagt hatte, da beschloss Brandenburgs Landesregierung, die Waisenhaus-Stiftung wiederzubeleben. Die Stiftung, die sich in preußischen Zeiten der Erziehung von Soldatenkindern aus armen Familien verschrieben hatte, sollte sich nun der ganz zivilen Kinder- und Jugendarbeit widmen.

Zu dieser Zeit arbeitete der studierte Verwaltungswirt Pankonin gerade im Landesbildungsministerium. In das noch junge Ressort war er kurz zuvor gekommen, weil ihn die Aufbauarbeit reizte, wie der heute 62-Jährige erzählt. So hatte Pankonin zu Beginn der 90er Jahre seinen Arbeitsplatz am Bundesinstitut für Arzneimittel im alten Westberlin gegen den Aufbaujob im jungen Brandenburg eingetauscht.

„Aufbauarbeit hat mich immer interessiert“, sagt Pankonin. Und da war es wohl auch nur folgerichtig, dass er als Abgesandter des Bildungsministeriums im Aufbauvorstand und später im Stiftungsrat der Waisenhaus-Stiftung mitarbeitete. Angefangen habe man damals „mit nichts“. Allein die Anträge auf Rückübertragung der alten Stiftungs-Liegenschaften versprachen eine materielle Grundlage für die künftige Arbeit. Bis zur Rückübertragung war es aber noch ein weiter Weg. Pankonin führte viele Verhandlungen. Mitte der 90er Jahre übernahm die Stiftung zudem einige ehemalige Jugendwerkhöfe und Kinderheime. Eine eigene Betreibergesellschaft für diese Einrichtungen wurde gegründet.

Als 1998 der Geschäftsführerposten der Waisenhaus-Stiftung zu besetzen war, bewarb sich Pankonin. Er betont, dass es damals „ein ganz normales Auswahlverfahren“ gegeben habe, er also nicht quasi mit dem Stiftungsrats-Sessel an den Geschäftsführer-Tisch gerollt sei. Was ihn zu seinem Entschluss bewogen hat, dem Bildungsministerium den Rücken zu kehren und fortan dem Waisenhaus seine ganze Arbeitskraft zu widmen? Na klar, die Aufbauarbeit! Als die Zeichnungsleisten in den ministeriellen Schreiben immer länger wurden, da sei ihm bewusst geworden, dass die Aufbauzeit im Ministerium vorbei war. In der Waisenhaus-Stiftung herrschte hingegen noch immer Aufbruchstimmung. Gebäude waren zu sanieren und die Kinder- und Jugendarbeit in den über das Land verteilten Jugendsozialeinrichtungen musste weiterentwickelt werden.

Der Clou an der Stiftung: Die meisten Stiftungsgebäude im Komplex zwischen Schopenhauerstraße und Dortustraße sind vermietet. Mit einem kleinen Teil der Mieteinnahmen unterstützt die Stiftung ihre Kinder- und Jugendeinrichtungen, sodass dort über das „Regelangebot“ hinaus Offerten für die Kinder und Jugendlichen gemacht werden können.

Pankonin freut sich über diese Verzahnung von Immobilienverwaltung und sozialem Engagement: „Man arbeitet nicht für den Aktieninhaber.“ Das, was nach der nötigen Rücklagenbildung übrigbleibt, komme den Kindern und Jugendlichen in den stiftungseigenen Einrichtungen sowie weiteren Kinder- und Jugenprojekten zugute. Bilder in Pankonins Arbeitszimmer zeugen vom Engagement der Stiftung: Zu sehen ist eine begehbare Plastik, die Jugendliche im Jugendheim Gerswalde gebaut haben.

Die Eröffnung des stiftungseigenen Hotels in der Lindenstraße war das letzte große Projekt, das Pankonin als Geschäftsführer vorangetrieben hat. Auf eigenen Wunsch will er Ende August in den Ruhestand gehen – und zwar als Beamter. Nach seiner Zeit als Regierungsdirektor im Bildungsministerium hatte er sich nämlich im Beamtenstatus nur beurlauben lassen. Aber warum gerade jetzt der Abschied? „Einen schöneren Zeitpunkt gibt es nicht – es kann nur schlechter werden“, meint der Berliner Pankonin preußisch knapp. Nun müsse „auch mal frisches Blut“ ran. Er habe zwar noch Ideen für die Stiftung, aber vielleicht seien die ja gar nicht alle so gut. „Man sollte sich nicht überschätzen“, gibt Pankonin zu bedenken. Außerdem sei der Geschäftsführerposten „nicht nur ein Job“. Viele der Probleme nehme er abends mit nach Hause. Private Umstände seien hingegen nicht der Hauptgrund für seinen Rückzugs-Entschluss gewesen. Ja, was macht überhaupt der Privatmann Pankonin als Pensionär? Nun, bei dieser Antwort ist er wieder ganz Jürgen Pankonin und so gar nicht Caritas: Kein Betrachten von allen Seiten, stattdessen das Schweigen im Walde.Holger Catenhusen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })