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Landeshauptstadt: Aufbruch in den Trott

Eine Ausstellung im Stadthaus informiert über die erste Stadtverordnetenversammlung vor 15 Jahren

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Eine Ausstellung im Stadthaus informiert über die erste Stadtverordnetenversammlung vor 15 Jahren Von Henri Kramer Die Worte von Potsdams erstem Nach-Wende-Bürgermeister Horst Gramlich zur Sitzung der ersten Stadtverordnetenversammlung vor 15 Jahren und einem Tag klingen aktuell: „Niemand soll die Frage stellen: Wer kann sich Potsdam leisten?“ Diese und andere Zitate sind in einer Ausstellung in den Amtszimmern Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung Birgit Müller zu finden. Bei der gestrigen Eröffnung der Schau trafen sich einige der elf Stadtverordneten von damals, die heute noch im Stadtparlament sitzen. Eine ganz besondere Erinnerung an den 30. Mai 1990 besitzt Helmut Przybilski von der SPD, der damals nach der Gemeindeordnung der noch existierenden DDR zum Stadtverordnetenvorsteher gewählt wurde – also zum heutigen Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung. „Es herrschte eine große Aufbruchstimmung“, erinnert sich Przybilski an die Zeit Anfangszeit des Kommunalparlaments. Die meisten der Abgeordneten hätten noch keine klaren Vorstellungen über kommunale Strukturen besessen. So hätte er bei einer Erfahrungsreise nach Bonn – schon damals eine der Partnerstädte Potsdams – viel über die in der Bundesrepublik geltende Finanzierung von Fraktionen lernen können. „Dieses Wissen konnte ich in Potsdam nutzen.“ Freilich wird wegen der wenigen Zeitungsausschnitte, die in der Ausstellung im Stadthaus hängen, wenig deutlich von der damaligen Atmosphäre des Aufbruchs. Eine kleine Meldung vom 29. Mai verweist auf die Sitzung des nächsten Tages, größere Texte zum Ereignis kommen dazu. Nirgendwo ist jedoch von einer Stimmung die Rede, die Alexander Steinicke von der PDS als „ziemlich gereizt gegen uns“ bezeichnet. „Wir waren als Nachfolger der SED natürlich an allen Übeln schuld, dass haben wir mit Blicken und Bemerkungen zu spüren bekommen.“ Überhaupt sei vieles anders gewesen. „Es gab viel mehr Gedränge, da im selben Saal wie heute 115 statt 50 Abgeordnete Platz finden mussten“, erzählt Steinicke. Initiiert wurde die Ausstellung von der heutigen Stadtverordnetenvorsitzenden Birgit Müller, die dass Amt 1994 von ihrem Vorgänger Przybilski übernahm und ebenfalls 1990 als Abgeordnete der PDS dabei war. Die Idee zur der Schau trug sie schon lange mit sich herum, „so ein Tag darf nicht unbeachtet bleiben“. Im Potsdam Museum fand sie einen Partner, der bei der Beschaffung der Ausstellungsstücke half, etwa einer goldenen Amtskette für Stadtverordnete aus der Zeit um 1840, half. Bis in den Herbst hinein will Müller nun nach Fotos suchen und die Ausstellung größer werden lassen. An den Tag der ersten Versammlung erinnert sie sich gern. „Ich wartete gespannt auf meine Arbeit, da ich das erste Mal überhaupt in einem Parlament tätig sein sollte“, so Birgit Müller. Reden die Abgeordneten von 1990 über ihre Sicht auf die Zeit, ist oft auch ein wenig Wehmut mit dabei. „Am Anfang ging es Schlag auf Schlag – wir konnten noch viel bewegen, die Verwaltung befand sich noch nicht in ihrem heutigen Trott“, sagt Grünen-Abgeordnete Brigitte Lotz, die damals für das Neue Forum in der Stadtverordnetenversammlung saß. Auch Initiatorin Birgit Müller denkt in dieser Weise an die Vergangenheit vor 15 Jahren: „Heute hindern oft eingefahrene Strukturen, damals herrschte dagegen so eine lockere Aufbruchstimmung.“

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