Kolumne: Etwas HELLA: Aufpassen auf die Aufpasser
Die Zeiten, in denen man erklären musste, wo Potsdam liegt und dass es eine Landeshauptstadt ist, sind vorbei. Jetzt kennen sogar die Außenminister aus über 40 Ländern Potsdam und haben erfahren, wie schön es in der Havelstadt zu Wasser und zu Lande ist.
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Die Zeiten, in denen man erklären musste, wo Potsdam liegt und dass es eine Landeshauptstadt ist, sind vorbei. Jetzt kennen sogar die Außenminister aus über 40 Ländern Potsdam und haben erfahren, wie schön es in der Havelstadt zu Wasser und zu Lande ist. Vom deutschen Außenminister gab es sogar ein „Perfekt“ mit Küsschen und Schleife. Potsdam wird geliebt, die Einwohnerzahl wächst und der Tourismus boomt. Die Bettensteuer hat - ich kann es mir nicht verkneifen darauf hinzuweisen – niemanden von einem Potsdam-Besuch abgeschreckt und die Hoteliers auch nicht in den Ruin getrieben.
Damit es mit der Aufmerksamkeit für Potsdam aber so bleibt, geben sich einige Dezernate redlich Mühe, die Stadt auch weiterhin in den Schlagzeilen zu halten. Was nicht einfach ist, denn der Mensch ist vergesslich. Die Grasbüschel in der Pflasterung, die nicht ordnungsgemäß entfernt wurden, niemand redet mehr davon. Auch die Kritik Günther Jauchs an der Baubehörde, speziell der Denkmalpflege über Willkür-Entscheidungen und der Bericht des Rechtswissenschaftlers Ulrich Battis, der ihm Recht gab, sind längst Makulatur. Deshalb arbeitet unter anderem das Baudezernat verbissen an neuen Aufregern. Und das ohne einen Chef! Denn ein geeigneter Baudezernent fehlt Potsdam noch immer. Zum Beispiel hat es einen Holzstapel entdeckt, für den es keine Baugenehmigung gibt. Das war ein Knaller. Darüber wurde republikweit gelästert. Da in schwebenden Verfahren die Entscheidungen als streng geheim eingestuft werden und die Auskünfte aus dem Dezernat sehr mager ausfallen, muss ich erraten, wie bei den Bauleuten gearbeitet wird. Sie sitzen – nehme ich an – an ihren Schreibtischen und denken angestrengt über das Wohl der Stadt nach. Dringende Fälle einfach mal nur so abzuarbeiten bringt natürlich nichts. So etwas geht ungelobt im Alltag unter. Völlig überlastet springt deshalb plötzlich einer der Fachleute auf, erklärt, so könne es nicht weitergehen und hat plötzlich einen Geistesblitz, wie man wieder in die Schlagzeilen kommt. Er oder sie entdeckt Boote, die nicht auf dem Grundstück einer Bootswerft stehen dürfen. Außerdem soll ein Zaun mitten durchs Gelände gezogen werden, weil die Stadt dort Wegerecht hat. Bravo. Dass es sich um Schikanen gegen unliebsame Mitbürger handeln könnte, ist natürlich eine bösartige Auslegung der nervenaufreibenden Anstrengungen. Es geht um Potsdams Ansehen und nur darum.
Das macht mich übrigens total froh. Da die Stadt mit ihrer effektiven Verwaltung uns allen ein Vorbild ist, habe ich auch keine Angst mehr vor meiner Wohnungsgenossenschaft. Ich lege mich nämlich hin und wieder mit ihr wegen der Vorgartenpflege und Gehwegreinigung an und hatte schon Angst, dass ich angezählt werden könnte, weil ich völlig unautorisiert Blümchen vor die Haustür gepflanzt habe.
Unsere Autorin ist langjährige Redakteurin und jetzt freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Potsdam
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