Links und rechts der Langen Brücke: Aufs falsche Pferd gesetzt
Henri Kramer erklärt, wer am Ende vom Zustand der Grünen profitiert
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Ende 2008 war bei den Potsdamer Bündnisgrünen noch alles eitel Sonnenschein. Mit ihrem Rekordergebnis bei der Kommunalwahl traten sie der Rathauskooperation bei, um zusammen mit SPD, CDU und FDP die Geschicke Potsdams zu bestimmen. Mit Matthias Klipp durften die Grünen sogar den Baubeigeordneten aussuchen, der viel frischen Wind für das Rathaus versprochen hatte. Ein Orkan kam – und er wirbelte ganz anders, als sich die Grünen das vorgestellt hatten.
Jetzt ist die Misere groß. Klipp und die Fraktion befinden sich im Dauerclinch und die Parteibasis ist unentschieden, wem sie folgen soll. Das liegt auch daran, dass die Grünen in Potsdam noch nie stringent für eine „grüne Politik“ standen – zwischen Bewahrern historischer Pflasterstraßen, bürgerlichen Vertretern und Bürgerbewegten, Energieeffizienz-Experten und Naturschutzfreaks gibt es in der Partei keinen wirklichen gemeinsamen Nenner; ein Phänomen, dass die Potsdamer Grünen seit zwei Jahrzehnten kennen und sich daran auch gewöhnt hatten. Doch um einen streitbaren Charakter wie Klipp zu disziplinieren, braucht es eine klare gemeinsame Linie sowie eine starke Führungsspitze – und keine, die Konflikte vor allem vertagen will. So kann Klipp ohne Widerspruch der Partei vor allem investorenfreundliche statt grüne Politik betreiben und sich mit der an schwierigen Charakteren auch nicht eben gering bestückten Fraktion bekriegen. Ein Ende der Querelen ist zweieinhalb Jahre vor der Kommunalwahl nicht in Sicht.
Freuen über diesen Zustand können sich vor allem die Sozialdemokraten. Denn sie können sich in der Rathauskoalition derzeit als einzige Partei voll auf die inhaltliche Arbeit in Sachen Kommunalpolitik konzentrieren: Bekanntermaßen neigt die CDU ebenfalls alle paar Monate einmal zur Selbstzerfleischung, und die FDP ist wegen des negativen Bundestrends auch in Potsdam geschwächt. Nun paralysieren sich auch die Grünen noch selbst. Partner, die so heftig in eigener Sache beschäftigt sind, kann die SPD einfach zähmen. Und am Ende damit auch beim Wähler punkten.
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