Landeshauptstadt: Aus dem Grab einer Steinzeitfrau
Bernsteinkette aus dem Jahr 3000 vor Christus auf Schlossareal entdeckt: „Größter Fund des Landes“
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Innenstadt - Das sei der zahlenmäßig „größte Bernsteinfund aus der Frühsteinzeit im Land Brandenburg“, sagte Dr. Jonas Beran gestern den PNN. Der Leiter der Ausgrabungen auf dem Alten Markt und sein Team entdeckten vor wenigen Tagen in wenigen Metern Tiefe ein Gräberfeld und eine Kette aus 49 Bernsteinen. Die archäologischen Arbeiten in Potsdams alter Mitte sind die Vorbereitung für den Bau des Brandenburger Landtags auf der Fläche des ehemaligen Stadtschlosses.
Die Kette sei eine Grabbeilage, wie Grabungsleiter Beran sagt. Vermutlich hatte der Schmuck einer Frau gehört, so der Archäologe, der bereits auf viele Erfahrungswerte zurückgreifen kann. So habe er in Mecklenburg-Vorpommern die letzte Ruhestätte von einem Mann und einer Frau gefunden. Während dem Steinzeitmann Werkzeug, Waffen und eine Art Bernsteinmedaillon für seinen Weg ins Totenreich mitgegeben worden seien, habe man im Frauengrab neben Gefäßen Schmuckstücke aus mehreren Dutzend Bernsteinen gefunden.
Dass es sich auf dem Alten Markt um entdeckte Grabstätten handele, lesen Mitarbeiter der beauftragen Firma Archäologie Manufaktur GmbH aus den Verfärbungen in den Erdschichten. Was für das Laienauge aussieht wie dunkelgrauer Sand, wird von den Fachleuten als „verrottetes Holz“ identifiziert. In der frühen Steinzeit, so Beran, beerdigten die Menschen ihre Toten in mit Feuer und Steinwerkzeugen ausgehöhlten Baumstämmen. Um sich aber zusätzlich abzusichern, habe man jetzt Bodenproben zum Nachweis von erhöhtem Phosphatgehalt – ein Hauptbestandteil von Knochen – ins Labor geschickt. Anders als beim Grabfund in der Fischerstraße (PNN berichteten), habe man diesmal keine Knochenreste gefunden; allerdings neben der Bernsteinkette auch Speerspitzen aus Feuerstein, Scherben von Amphoren und ein Stück Zahn – alles rund 5000 Jahre alt. In mit Erde gefüllten Röhrchen werde der aktuelle Bernsteinfund derzeit in Wustermark, dem Stammhaus der Archäologie Manufaktur, aufbewahrt. Die stark korrodierten kugel- und röhrenförmigen Perlen müssten jetzt fachmännisch aufgearbeitet und haltbar gemacht werden. Dann könne man das ursprüngliche Aussehen der Kette womöglich aus modernem Material rekonstruieren und im Pauli-Kloster ausstellen. In der wieder hergestellten Klosteranlage in Brandenburg (Havel) sei eine archäologische Dauerausstellung in Vorbereitung, die am 1. Dezember eröffne, so der Grabungsleiter. Dann sei Brandenburgs größter Bernsteinfund allerdings noch nicht zu sehen. In der Landesausstellung gezeigt würden aber die ebenfalls in der Ausgrabungsstätte Alter Markt freigelegten Gefäßscherben aus dem 15. Jahrhundert, die Gesichter zeigten, so Beran. Auf der Fläche des ehemaligen Stadtschlosses haben die Fachleute Zeugnisse verschiedener Epochen der vergangenen fünf Jahrtausende freigelegt. Zu den sensationellen Funden gehörten Überreste eines Tongefässes aus der Bronzezeit sowie Porzellanteile aus dem 19. Jahrhundert.
Nicola Klusemann
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