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Aus Südafrika nach Potsdam. Natalie du Toit (oben) trainiert derzeit im Luftschiffhafen für die Freiwasser-WM, wo sie sich trotz ihrer Behinderung für Olympia 2012 in London qualifizieren will. London ist auch das Ziel von Yannick Lebherz (r. oben) und Felix Wolf (r. unten). Trainiert wird die internationale Truppe in Potsdam von Dirk Lange, Jörg Hoffmann und Arnd Ginter (r. Mitte/von rechts).

© Manfred Thomas

Von Michael Meyer: Aus Johannesburg erneut in Potsdam

Die Südafrikanerin Natalie du Toit bereitet sich im Luftschiffhafen in einem internationalen Schwimm-Trainingslager auf Olympia 2012 vor

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Ihre Beinprotese stand einsam am Beckenrand, als Natalie du Toit am Mittwochnachmittag in der Schwimmhalle des Potsdamer Luftschiffhafens zwei Stunden lang fast nonstop sechs Trainingskilometer schwamm. Einsam und doch auch ganz selbstverständlich, denn die Südafrikanerin du Toit ist nicht nur eine erfolgreiche Behindertensportlerin, die bei den Paralympics 2004 und 2008 insgesamt zehnmal Gold gewann. Sie mischt auch unter den nicht-behinderten Langstrecken-Schwimmern beachtlich mit und qualifizierte sich 2008 als Weltmeisterschafts-Vierte über die 10 Kilometer als erste Sportlerin mit einer Amputation für die Olympischen Spiele in Peking, wo sie Fahnenträgerin der südafrikanischen Mannschaft bei der Eröffnung war und 16. ihrer Disziplin wurde.

„Ich will jetzt auch zu den Olympischen Spielen in London und trainiere hart dafür“, erzählte die 26-Jährige aus Johannesburg gestern in Potsdam, wo sie wie schon im Vorjahr an einem internationalen Langstrecken-Trainingslager des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) teilnimmt. „Ich liebe das Training hier“, schwärmt Du Toit, die als 16-Jährige bereits zur internationalen Spitze zählte und nur knapp das Ticket zu Olympia in Sydney verpass- te, ehe sie kurz nach ihrem 17. Geburtstag durch einen Verkehrsunfall den linken Unterschenkel verlor, sich davon aber nicht unterkriegen ließ und ein halbes Jahr nach der Amputation wieder trainierte. „Hier in Potsdam haben wir beste Bedingungen und eine tolle Atmosphäre. Draußen ist es zwar viel kälter als zu Hause, aber wir schwimmen ja drinnen.“ Bei den Freiwasser-Weltmeisterschaften im Juli in Shanghai „muss ich unter die Top-10 kommen, um mich für London zu qualifizieren“, so die Schwimmerin. „Gelingt das nicht, habe ich später aber nochmal eine Chance dazu – und ich hoffe, das klappt auch wirklich.“ Die Paralympics 2012 in London sind bereits fest eingeplant.

Bei der Saisonvorbereitung in Potsdam wird Natalie du Toit vom deutschen Nationaltcoach Dirk Lange – der auch schon in Südafrika als Trainer tätig war –, dem Potsdamer Jörg Hoffmann und dem seit langem in Italien lebenden Deutschen Arnd Ginter betreut. Das Trio lässt im Luftschiffhafen seit Montag zwei Dutzend Frauen und Männer aus Deutschland, Italien, den Farörer Inseln und Südafrika bis Samstag nächster Woche ein hartes Programm absolvieren. Gestern standen zwei Trainingseinheiten á sechs Kilometer auf dem Programm, heute kommt – wie an jedem zweiten Tag – eine dritte über nochmal vier Kilometer dazu. Am Ende dieser Woche sollen die Aktiven rund 90 Kilometer in den Muskeln haben. „Von den Athleten her findet man Besseres als hier in Potsdam momentan nirgends in Europa“, erklärt Nationaltrainer Lange. Der DSV habe sein Konditionstrainingslager in diesem Winter geteilt. „Die Sprinter und ein Teil der Mittelstreckler“, so Lange, „sind gegenwärtig auf Teneriffa, während weitere Mittelstreckler und die Langstreckler hier trainieren. Nach Potsdam sind wir wieder gekommen, weil Jörg Hoffmann eine excellente Arbeit macht und unser hiesiger Stützpunkt Lange Strecke zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Deshalb bin ich auch die längste Zeit in Potsdam und nur in der nächsten Woche einige Tage auf Teneriffa.“ Dort übt derzeit auch 200-Meter-Freistil-Weltrekordler Paul Biedermann aus Halle (Saale), der 2010 in Potsdam dabei war.

„Wir haben diesmal zwar ein paar Schwimmer weniger als im vergangenen Jahr hier, dafür ist aber die Dynamik im Training größer“, so Jörg Hoffmann, der mit Yannick Lebherz, Felix Wolf und Freiwasserspezialist Jörn Malich derzeit drei Schützlinge seiner eigenen Trainingsgruppe in Potsdam dabei hat. Christian Diener und der von Essen an die Havel gekommene Robert Flader kehren heute aus dem Ski-Trainingslager des DSV aus Innsbruck heim und steigen morgen mit in die Schwimm-Einheiten ein. „Ich hoffe, dass ich diesmal durchhalte“, meint Wolf, „denn ich bin wie im vergangenen Jahr mit einer Erkältung in dieses Trainingslager gestartet, will aber diesmal nicht vorzeitig aussteigen, weil ich noch Trainingsrückstände, die ich durch meinen Bundeswehr-Lehrgang hatte, aufholen muss.“

Auch Yannick Lebherz, der in Potsdam innerhalb eines Jahres zum Kurzbahn-Europameister reifte, spürt schon ersten Muskelkater. Über Natalie du Toit, die 2010 einen Laureus World Sports Award – der als Sport-Oscar gilt – gewann und sich gestern eine Trainingsbahn mit ihm teilte, sagt er: „Respekt, sie zieht alles eisern mit durch. Aber sie wird hier auch als ganz normales Mannschaftsmitglied angesehen.“

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