Landeshauptstadt: Ausgezeichneter Rettungsschwimmmer Hans-Jürgen Vogel bekam den Landesverdienstorden. Dabei war Schwimmen nur seine zweite Wahl.
Von Nicola Klusemann „Für das Rudern war ich zu klein“, sagt Hans-Jürgen Vogel und wartet ab, wie sein Gegenüber seine 192 Zentimeter Körperlänge abschätzt. „Der Wachstumsschub kam zu spät“, erklärt er nach einer Kunstpause.
Stand:
Von Nicola Klusemann „Für das Rudern war ich zu klein“, sagt Hans-Jürgen Vogel und wartet ab, wie sein Gegenüber seine 192 Zentimeter Körperlänge abschätzt. „Der Wachstumsschub kam zu spät“, erklärt er nach einer Kunstpause. Als Kind reichte seine Größe nicht aus, um an Ruderwettkämpfen teilzunehmen. Vielleicht zum Glück vieler Geretteter, Rettungsschwimmer und Ausbilder von Rettern. Denn Hans-Jürgen Vogel sattelte um vom Rudern aufs Schwimmen, wurde Rettungsschwimmer und schließlich ein wichtiger Mann beim Wasserrettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) der DDR. Für sein nunmehr über 50 Jahre währendes Engagement wurde Vogel erst vor wenigen Wochen mit dem Verdienstorden des Landes Brandenburg ausgezeichnet. Im Alter von zehn Jahren lernte Hans-Jürgen Vogel schwimmen – in der Havel. Der gebürtige Harzer lebt seit 1944 in Potsdam und fühlt sich nach so vielen Jahrzehnten als echter Potsdamer. Wasser ist sein Element. Mit seiner Frau wohnt der habilitierte Mathematiker in der Berliner Vorstadt, unweit vom Ufer des Tiefen Sees. Ob er auch in den Bergen leben könnte? „Da gibt es ja auch Seen“, lautet die überraschende Antwort. Als Hans-Jürgen Vogel ein sicherer Schwimmer war, ließ er sich zum Retter ausbilden und bekleidete schnell wichtige Funktionen im Wasserrettungsdienst. 1956 übernahm er den Vorsitz in Potsdam. Gleich nach der Wende bemühte er sich um den Aufbau von Beziehungen zu DRK-Wasserwachten im Westteil Berlins. Seit März 1995 vertritt er die Wasserwacht des DRK-Landesverbandes Brandenburg im Bundesausschuss der Wasserwacht und ist seit Oktober 1997 stellvertretender Vorsitzender dieses Bundesausschusses. Seine aktive Rettungsschwimmerzeit endete nach fast 20 Jahren Mitte der 70er Jahre. In dieser Zeit rettete er einen Kollegen vor dem Ertrinken, der bei einem Wettbewerb im Schwimmen und Tauchen seine Kräfte überschätzt hatte. „Ich sah, dass er unter Wasser untypische Bewegungen machte. Da bin ich reingesprungen und hab ihn rausgeholt“, schildert Hans-Jürgen Vogel den Vorgang mit sachlicher Distanz. Bei einem anderen Einsatz auf der Insel Rügen seien er und sein Kamerad zu spät gekommen. Das ertrinkende Kind, ein etwa zehn Jahre alter Jung, war von Fischern aus dem Wasser gezogen und die Retter zu spät benachrichtigt worden. Sie hätten eine Wiederbelebung versucht, das Kind aber nicht mehr retten können. Das seien die einzigen beiden Situationen, in denen es „ernst geworden“ sei. Ansonsten habe seine Aufgabe immer darin bestanden, Unfälle solcher Art zu vermeiden. „Ich habe als Betreuer viele Ferienlager an die Ostsee begleitet. Die Kinder hatten ihren Spaß an und im Meer. Es ist aber nie etwas passiert.“ Und das sei auch sein Verdienst, sagt der Vater von zwei Töchtern nicht ohne Stolz. Die meiste seiner Wasserrettungsdienstzeit verbrachte Hans-Jürgen Vogel mit der Ausbildung von Rettungsschwimmern. Dazu gehöre das Streckenschwimmen, Strecken- und Tieftauchen, Befreiungsgriffe, Abschleppen und an Land bringen eines Geretteten, Erste Hilfe, Herz-Lungen-Wiederbelebung sowie ein bisschen Theorie. Das Ganze solle in gut einem Dutzend Unterrichtsstunden erlernbar sein. „Danach ist man aber noch lange kein einsatzfähiger Rettungsschwimmer“, erklärt der Fachmann. Erst die Erfahrungen in der Praxis schafften die notwendige Routine. Das sei ähnlich wie beim Autofahren. Wie vielen Rettern und inzwischen auch Ausbildern von Rettungsschwimmern er das nötige Handwerkszeug beigebracht hat, zählt er nicht. Das und seine Vorsitze in den verschiedenen Gremien bescheren dem engagierten Mann einen vollen Terminkalender. In der Zeit, die bleibt, geht er mit seiner Frau auf Reisen. Sie hätten schon viel von der Welt gesehen und die Reiseziele führten nicht immer nur ans Wasser. „Ein klassischer Strandurlaub ist nichts für mich.“ Dazu ist der ausgezeichnete Rettungsschwimmer viel zu umtriebig. Und mit dem Rudern hat er auch wieder angefangen und trifft sich einmal pro Woche mit seiner alten Mannschaft am „Seekrug“.
Nicola Klusemann
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: