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Der Biochemiker Robert Seckler will nach 13 Jahren als Uni-Professor Präsident der Universität Potsdam werden
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Die Raumnummer könne man sich leicht merken. B wie Bond, die Nummer sei 007, sagt Robert Seckler. Der Mann hat Humor. An Geheimagenten erinnert in seinem Golmer Büro dann aber doch gar nichts. Vielmehr finden sich einige von Kindern gemalte Bilder an den Wänden, neben einer großen, abstrahierten Abbildung einer DNS. Seit 13 Jahren ist Seckler Professor für Physikalische Biochemie an der Universität Potsdam. Nun will er den Sprung zum Präsidenten der Hochschule schaffen.
In einem schlichten, karierten Kurzarmhemd begrüßt der Biochemiker seinen Gast, mit einem festen, herzlichen Händedruck. Seckler wirkt glaubhaft, keine übertriebenen Attitüden, kein unnötiger Schick haften ihm an. Man nimmt es ihm sofort ab, wenn er sagt, dass er der Wahl gelassen entgegen sieht. Er müsse nicht unbedingt Präsident werden. „Sollte ich es nicht werden, habe ich viel mehr Zeit für Forschung und Lehre.“ Und das habe ihm immer viel Spaß bereitet. Seckler ist nur der Meinung, dass es für die Universität gut wäre, wenn er gewählt würde. Als er das sagt, huscht kurz ein verschmitztes Lächeln über sein Gesicht.
Wenn einer die Uni im vergangenen Jahrzehnt gut kennengelernt hat, dann er. Von 2002 bis 2006 war er Dekan der größten Uni-Fakultät, der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, seit 2004 sitzt er im Senat, von 2008 bis 2011 als dessen Vorsitzender. „Insofern kenne ich die Uni ganz gut.“ Und er glaubt, es täte der Universität nun ganz gut, jemanden als Präsident zu bekommen, der in der Hochschule verwurzelt ist. Dass sein Mitbewerber, der HU-Dekan Oliver Günther, von außen kommt, könnte Seckler als Heimvorteil für sich selbst werten. Doch der Wissenschaftler weiß auch: „Es gibt zwei sehr profilierte und ausgewiesene Kandidaten.“
Seckler ist nun 57 Jahre alt. Ihm geht es um die Führung der Universität. Er will das Präsidentenamt nicht als Sprungbrett für die Wissenschaftskarriere nutzen oder gar in die Politik gehen. Er will die Uni voranbringen. Und dabei sei es eben nicht unwichtig, dass er die Hochschule bereits jahrelang als Insider kennt. „Ich glaube, dass ich in der Hochschule mittlerweile ein so breites Ansehen gesammelt habe, dass die Präsidentschaft gut gehen wird“, sagt er selbstsicher. Und für ihn persönlich sei es gerade der richtige Zeitpunkt noch einmal etwas anderes zu machen. An der Position reize ihn, dass die Hochschule gut dasteht. „Frau Kunst hat einiges in Bewegung gesetzt, da würde ich gerne dran anknüpfen und die Hochschule ein Stück weiter bringen.“ Dafür will er die Stärken nutzen.
Fragt man Robert Seckler nach Stärken und Schwächen der Universität, sagt er, dass ihm die Stärken lieber sind. Eine Stärke der Uni sei ganz eindeutig die Einbindung in die Potsdamer Wissenschaftslandschaft. „Deren Fülle und Breite ist in Deutschland einmalig.“ Mit der pearls-Stiftung sei ein guter Anfang gemacht zur Institutionalisierung: „Das muss nun mit Leben gefüllt werden, mit gemeinsamen Graduierten-Studiengängen, gemeinsamen Doktorandenprogrammen, etwa Fast-Track-Promotionsprogrammen.“ Man müsse etwas tun, um gute Studenten anzuziehen. Die Uni habe sehr viel für Qualität in der Lehre getan. „Das müssen wir weitermachen und natürlich brauchen wir dazu die Systemakkreditierung.“ Qualitativ gute Lehre müsse eine Selbstverständlichkeit werden, für die man ebenso viel Ansehen erhalte wie für das Einwerben von Drittmitteln. „In der Forschung brauchen wir uns nicht verstecken, nun muss die Verbesserung der Lehre noch sichtbarer werden.“
Eine weitere Stärke sei die Lehrerausbildung. „Da haben wir eine große Verantwortung, dem Land die Lehrer zu liefern, die es braucht“, sagt der Potsdamer Präsidentschafts-Kandidat. Hier könne man allerdings noch mehr tun, was die Abstimmung mit dem Land bezüglich des Lehrerbedarfs anbelangt. Seckler ist sich zwar auch im Klaren darüber, dass die Lehrerbildung auch eine Einschränkung des Fächerkanons der Universität bedeutet. Das enge den Spielraum zur Entwicklung der Hochschule ein. „Aber wir haben Spielraum“, sagt er zuversichtlich. Letztlich gehe es darum, die Stärken zu stärken.
Wer so viele Stärken sieht, weiß auch um die Schwächen. Eine Schwäche sei die dezentrale Ausrichtung der Uni über drei Standorte um die Stadt herum. „Das ist sicher auch ein Grund dafür, dass die Fakultäten nicht so gut miteinander vernetzt sind“, schätzt Seckler. Das müsse in Forschung und Lehre besser werden. Als Beispiel nennt er den Bereich Bioethik, zwischen Biologie und Philosophie, was stark nachgefragt werde. „Da steckt noch ein großes Potenzial drin.“
Seckler macht kein großes Aufhebens um sich und seine Arbeit. In seinem Büro herrscht kreative Arbeitsatmosphäre, Papierstapel, offene Aktenordner, Merkzettel hängen am Bildschirm, das Blackberry schlummert in der Ladestation. Immer wieder gehen neue Nachrichten ein. Seckler wurde im baden-württembergischen Baden-Baden geboren, hat in Tübingen studiert und promoviert. Bevor er nach Potsdam kam, hat er in den USA und Regensburg geforscht. Der Biochemiker wohnt in Falkensee, eine Wohnung für eine Familie mit fünf Kindern sei in Potsdam auch für einen Professor nicht erschwinglich gewesen. Zwei Söhne von ihm studieren bereits – natürlich an der Universität Potsdam. Seckler ist in der Region angekommen und will auch hier bleiben. Auch wenn er kein Preuße ist, wie er mit einem Lachen sagt.
Auf die Frage, ob er als möglicher Uni-Präsident mehr für Umbau oder eher für Kontinuität stehen wird, sagt der Kandidat, dass ihm das zu plakativ sei. Er sucht einen differenzierten Blick. Alle würden sich viele Sonderforschungsbereiche und Schwerpunktprogramme wünschen. „Aber der Spielraum für einen grundlegenden Umbau ist nicht gegeben.“ Andererseits könne man auch nicht alles so lassen, wie es ist: „So gesehen brauchen wir Umbau und Kontinuität.“
Dass er aus den Naturwissenschaften kommt, sieht er für seine Kanditatur nicht als Problem. „Ich will nicht Präsident werden, um etwas für die Naturwissenschaften auszurichten“, sagt er. Er sehe auch keine Bevorzugung der Naturwissenschaften an der Uni, wie sie immer wieder bemängelt wird. Mittlerweile hätten sich auch die anderen Fakultäten so gut entwickelt, dass sie selbstbewusst sein könnten. Auch auf diese ausgleichende Haltung baut Seckler seinen starken Rückhalt, den er vom Kollegium erwartet. Wenn er von der Uni spricht, sagt er „wir“.
Den möglichen Sparvorgaben, die zurzeit von der Landesregierung für die Hochschulen erwogen werden, steht Seckler ungläubig gegenüber. „Da bin ich zunächst nicht bereit, das zu akzeptieren“, sagt er. Bei steigenden Bewerberzahlen sparen zu wollen, sei vollkommen unverständlich. „Die Landesregierung kann sich nicht einerseits beklagen, dass viele junge Menschen das Land verlassen und andererseits sagen, die Hochschulen sollen weniger Studierende ausbilden, von denen ja viele hier bleiben würden.“
Secklers Vision von der Potsdamer Uni ist die einer forschungsstarke Hochschule, in der Spitzenforschung die Grundlage ist. „Lehre und Forschung müssen wirklich eine Einheit sein“, sagt er. Dann würde die Uni auch für Studierende von außen attraktiv sein. „Es wäre ein Fehler, die Hochschule nur als Ausbildungsstätte für Landeskinder zu sehen“, meint Seckler. Potsdam sei ein attraktiver Studienstandort. „Wenn man das mit einem entsprechenden Anspruch für international orientierte, forschungsnahe Studiengänge untersetzt, dann ist mir um die Universität Potsdam nicht bange“.
Robert Seckler tritt am 28. September gegen seinen Mitbewerber Oliver Günther von der Berliner Humboldt Uni zur Wahl zum Präsidenten der Universität Potsdam an. Seckler ist seit 1998 Professor für Physikalische Biochemie an der Universität Potsdam.
Der Biochemiker war von 2008 bis 2011 Vorsitzender des Senats der Universität Potsdam. Der 1954 in Baden-Baden geborene Wissenschaftler hat nach Studium und Promotion an der Universität Tübingen in den USA und Regensburg geforscht.
Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählt die Erkennung komplexer Kohlenhydratstrukturen durch Proteine sowie die Proteinfaltung. Seckler lebt mit Frau und Kindern in Falkensee. PNN
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