Von Jana Haase: Authentisch und gelassen bleiben
Marketing-Tag an der HFF: Seit einem Jahr gibt es dort das Existenzgründerprogramm für Medienleute
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Christian Simon sieht nicht mehr durch. In einem Jahr will der 32-Jährige mit seinem Tonmeister-Studium an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Babelsberg (HFF) fertig sein. Schon jetzt verdient er sich sein Geld mit verschiedenen Projekten. Genau beim Geld aber wird es kompliziert in seinem Bereich: Arbeitet er als Sounddesigner, gilt er als Freiberufler, macht er den Ton für einen Film, muss er dagegen eine Lohnsteuerkarte vorlegen. Auch die Künstlersozialkasse ist sich nicht sicher, ob er nun handwerklich oder künstlerisch tätig ist, davon hängt jedoch ab, zu welchem Tarif er sich krankenversichern kann. „Um da durchzusteigen, muss man ja fast schon ein eigenes Studium haben“, sagt Simon.
So wie ihm geht es vielen Absolventen im Medienbereich. Die Zahl der Berufstätigen in den Künstler-Berufen habe in den vergangenen Jahren um 30 Prozent zugenommen, sagte Dieter Wiedemann, der Präsident der HFF, gestern zur Eröffnung des Marketing-Tags für Existenzgründer an der HFF. Das Hauptproblem dabei: Ihr Jahreseinkommen betrage im Durchschnitt 11 000 Euro. Ein Zustand, der nach Ansicht der Enquete-Komission des Bundestages mit Seminaren zur Existenzgründung und zum Selbstmanagement geändert werden kann.
HFF-Professor Klaus-Dieter Müller hat deshalb vor einem Jahr das Existenzgründer-Projekt „Media Exist“ ins Leben gerufen – finanziell getragen von der EU und dem Bundeswirtschaftsministerium. Müllers Team berät Existenzgründer und vermittelt Gründerstipendien in Höhe von bis zu 40 000 Euro. 75 Gründungswillige habe er im vergangenen Jahr beraten. Sie kamen allerdings nicht nur aus Potsdam, sondern auch aus München oder Ludwigsburg. Denn „Media Exist“ sei deutschlandweit das einzige Existenzgründerprojekt für Kunst- und Filmhochschulen, erklärte Müller. Von den etwa 100 HFF-Absolventen pro Jahr mache sich jedoch nur ein Dutzend selbstständig.
So wie Christian Simon. „In dem Beruf gibt es keine große Wahl“, sagt er. Er will mit einer Kommilitonin eine Firma starten. Seit einem Jahr ist er dafür bei Müllers Team in Beratung, plant momentan er den Antrag auf das Gründerstipendium. „Wir wollen eine gründliche Vorbereitung unserer Selbstständigkeit“, sagt Simon. Die Unterstützung habe ihm sehr geholfen, erzählt er: „Wir haben mit unserem sehr kompakten Stundenplan ja schon genug zu tun mit der Berufsbildung.“
Auch Julia Danckwerth will sich nach ihrem Studium selbstständig machen. Die 21-Jährige studiert Modedesign an der Kunsthochschule Weißensee. Schon jetzt näht sich unter dem Namen „artischoki“ Kleider, die sie auf Kommissionsbasis in Läden verkauft. „Das will ich aber nicht ewig so machen“, erklärt sie. Vom Existenzgründertag erhoffte sie sich Informationen darüber, wie sie „den Sprung weg vom Nebenherarbeiten zur Professionalität“ am besten schafft.
Tipps bekam sie von den Teilnehmern der Podiumsdiskussion: „Bleiben Sie authentisch“, riet Helmut Lehnert, Leiter Film und Unterhaltung bei RBB, der unter anderem Radio Fritz ins Leben gerufen hat. Die Vernetzung mit anderen Gründern empfahl Werbestratege Andreas Baetzgen von der Meta Design AG aus Berlin. Tom Zickler, der mit Til Schweiger die Produktionsfirma „Barefoot Film“ gründete, riet zu Gelassenheit im Existenzgründerstress: „Man muss loslassen können. Und wenn man drei Tage lang nichts isst, ist es auch OK.“
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