ZUR PERSON: „Babelsberg hat mich einfach gefressen“
Friedhelm Schatz über das Filmpark-Jubiläum, „Star Trek“-Liebe und das Geheimnis seines Imperiums
Stand:
Herr Schatz, der Filmpark wird in diesem Jahr 20, Sie sind seit 18 Jahren dabei. Haben Sie sich 1993 ausmalen können, wie Babelsberg sich entwickeln würde?
Ehrlich gesagt: nein. Nach Babelsberg hat mich Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff geholt, der damals Studio-Chef war. Ich war schnell dolle infiziert. Mir war klar, dass es eine große Herausforderung wird, das wunderbare Film-Ensemble mit dem „Zirkus“ Filmpark zu ergänzen, der da noch Studiotour hieß.
Sie gingen voran und probierten es einfach aus?
Man muss den Kollegen, die 1991 den Vorläufer des Filmparks, das „Film- und TV-Erlebnis“ ins Leben gerufen haben, ein Kompliment machen. Sie haben den Grundstein gelegt, der wichtig war für den französischen Konzern Générales des Eaux – später Vivendi – , dem Babelsberg damals gehörte, um sich Mitte der 1990er Jahre zu entscheiden, den Filmpark zu etablieren. Zu diesem Zeitpunkt war ja klar, dass sich die großen Pläne für eine Medienstadt nicht umsetzen lassen würden. Vivendi hat also Ende der 1990er Jahre fast 30 Millionen D-Mark in den Filmpark investiert – der Vulkan, das Prinz Eisenherz-Restaurant und die Panama-Welt wurden gebaut. Diese große Investition war dafür verantwortlich, dass der Filmpark mit einem Mal 550 000 Besucher in einer Saison hatte. Allerdings war das Fundament immer noch bröselig, keiner wusste, wo mit den Franzosen die Reise hingeht.
Wie haben sich Ihre Visionen, Ihre Motivationen von damals bis heute gewandelt?
Das Grundkonzept hat sich nicht geändert. Es ging immer darum zu zeigen, was unser Geschäft ist. Das ist der rote Faden. Dazu gehört, sich konzeptionell von einem Freizeitpark zu unterscheiden. Wir sind mit dem Standort gewachsen, die gute Entwicklung kam uns zugute.
Sie stiegen aus, als Vivendi den Geldhahn zudrehte, und kauften dann 2003 den Filmpark samt Gelände. Eine Berg- und Talbahn?
Den Franzosen war unglaublich wichtig, dass der Filmpark in gute Hände kommt. Zuvor waren viele einsame Abende, an denen ich gedacht habe: Wo geht das hin? Ich betrachte den Filmpark schon als ein Stück Lebenswerk, wenn man solch dramatische Begriffe gebrauchen mag. Aber jeder weiß, ich bin hier angekommen. Dieses Babelsberg hat mich einfach gefressen.
Für die neue Saison investieren Sie drei Millionen Euro in den Filmpark.
Wir haben seit März 2003 insgesamt – mit dem Bau der Metropolishalle – fast 20 Millionen Euro in den Standort investiert. Der große französische Cash-Pool ist weg, man muss sich an der Entwicklung des Unternehmens orientieren. Da sind drei Millionen Euro viel, aber auch notwendig. Das meiste ist in den vergangenen Jahren ins Umfeld des Filmparks geflossen: Radio Teddy, Metropolishalle, Dekorationsstraße „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“.
Eine neue Attraktion ist die „Blaue Kugel“, die bisher am Kurfürstendamm in Berlin stand und jetzt als „Dome of Babelsberg“ zum 5-D-Kino werden soll. Sie haben das Kugel-Kino einst kreiert.
Ja, ich habe die „Blaue Kugel“ 1988/89 gebaut, daran haben sich die heutigen Eigentümer erinnert. Daher war es nicht so schwierig, sie hierher zu bekommen.
Wann wird der „Dome“ eröffnet?
Am 1. Juni. Ursprünglich sollte es schon zum Saisonstart am 15. April klappen, aber da muss ich meine eigene Unruhe ein bisschen zügeln. Vor allem ist das Winterwetter an der Verzögerung schuld.
Was wird der Besucher erleben, wenn er in die Kugel hineingeht?
Es ist Europas erstes 5-D-Interactive-Motion-Theatre: Große Leinwand, bewegliche Sitze, 3-D – und man spielt mit der Leinwand, interaktiv und in Echtzeit mit modernster Technik der Firma Trio Tech aus Kanada. Mehr verrate ich nicht.
750 000 Euro geben Sie für die „Star Trek“-Ausstellung aus, die am 1. Mai eröffnet wird. Ist sie das Geld wert?
Natürlich ist so etwas immer riskant. Fördergeld gibt es dafür nicht. Aber wir wollen dem Publikum etwas bieten und haben mit der „Herr der Ringe“-Ausstellung gute Erfahrungen gemacht.
Wo kommt die Ausstellung her?
Hinter „Star Trek“ stecken die US-Medienkonzerne Paramount und CBS. Eine von ihnen beauftragte Firma mit Sitz in New York designt die Ausstellung exklusiv für uns. Am 8. April kommen die Container.
Sind Sie persönlich „Star Trek“-Fan?
Es gibt drei Genres, die ich über alles liebe: Science-Fiction, Fantasy und Horror.
Die neue Filmpark-Tiershow soll vor der Kulisse des gerade im Studio abgedrehten 3-D-Films „Die drei Musketiere“ stattfinden. Der Film ist mit Orlando Bloom, Christoph Waltz und Milla Jovovich glänzend besetzt und hat ein Millionen-Budget. Wie sind Sie an diese Rechte gekommen?
Indem man miteinander redet, sich kennt und sich in die Augen schaut Es haben ja beide Seiten etwas davon.
Was wird der Filmpark-Besucher bei der Show erleben?
Wir übernehmen das Vorderteil eines riesigen Schiffes, dazu bauen wir ein Wasserbecken und einen Rund-Horizont. Die Show orientiert sich inhaltlich am Film, der ab 1. September in den Kinos läuft. Wir dürfen die Show sechs Wochen vorher starten. Wir werden etwas inszenieren, was Dreharbeiten nachstellt – auf eine komödiantische Art und Weise.
Weitere Kulissen aus Babelsberg-Produktionen, so das prachtvolle Shakespeare-Theater des Films „Anonymous“ von Roland Emmerich, bekommt der Filmpark nicht?
Nein, wir bekommen leider gar nichts.
Die Chemie zwischen Filmpark und Studio Babelsberg AG stimmt also immer noch nicht.
Ich bin über diese Entwicklung traurig und enttäuscht. Wir bieten unterschiedliche Plattformen an, wie man zusammenarbeiten kann. Dass daraus nichts erwächst, ist bedauerlich. Aber wir sind inhaltlich so gefestigt, dass die Entwicklung des Filmparks dadurch nicht grundsätzlich gehemmt wird. Ich vertraue darauf, dass sich die Situation einmal ändert – aber bisher gibt es dafür keine konkreten Anzeichen.
Der nach außen kleingeistig wirkende Streit darüber, ob die Medienstadt in 2011 nun 100 oder 99 Jahre alt wird, wie Studio Babelsberg es sieht, ist ein Auswuchs der Unstimmigkeiten?
Ich habe das nie so gesehen, ich war von den heftigen Reaktionen völlig überrascht. Historisch lässt sich das Jubiläum belegen, 1911 hat der Studio-Gründer Guido Seeber das Gelände gekauft – wir alle, die wir heute hier sind, sind Seebers Ur-Ur-Ur-Enkel. Damit hat der Standort eine Gesamtidentität; es gibt keinen Alleinvertretungsanspruch für Babelsberg. Die Medienstadt heute ist mehr als Film. Die größten Arbeitgeber sind der RBB, die Ufa, die Hochschule für Film und Fernsehen, der Filmpark und Studio Babelsberg. Da muss man gemeinsam feiern, das geschieht mit dem Bürgerfest am 26. September. Dann wird auch der Nachbau des historischen Glasateliers eröffnet, in dem die ersten Babelsberger Filme gedreht wurden. In dem Nachbau, der neben der Metropolishalle stehen soll, werden wohl später Veranstaltungen stattfinden. Dort lässt sich der Geist des Standortes erleben.
Filmpark Babelsberg, die Metropolishalle, Radio Teddy, Exploratorium Babelsberg, Entwickler einer Medienstadt mit 15 Hektar freiem Land, die Westernstadt El Dorado in Templin - die Unternehmungen im Schatz-Imperium sind nahezu ausnahmslos erfolgreich. Wie schaffen Sie das?
Mit guten und begeisterungsfähigen Mitarbeitern. Da lege ich viel Wert darauf und kümmere mich. Es sind jetzt ungefähr 350 feste Mitarbeiter, teilweise mit Programm-Verträgen. Außerdem ist es meine grenzenlose Neugierde, etwas auszuprobieren. Dazu kommt das Vertrauen, das ich genieße. Ich bin seit 1. März 1993 hier und am Standort mit großem Abstand der dienstälteste Geschäftsführer.
2010 haben Sie den Gewinn um zehn Prozent gesteigert, vermeldeten Sie.
Ich war immer stolz darauf, dass der Filmpark der einzige Themenpark Deutschlands ist, der keine Schulden hat. Ich stehe für eine kontinuierliche, aber auch behutsame Entwicklung. Ich kaufe mir nicht Besucherzahlen, die unglaubliche Belastungen für das Unternehmen bringen. Wir sind wirtschaftlich heute weitaus gesünder, als wir es 1998/99 waren.
Auf dem Filmpark-Gelände ist auch noch Platz für neue Visionen.
Das gesamte Gelände ist 24 Hektar groß, zwölf davon sind mit dem Filmpark belegt. Der neue Kindergarten ist schon gebaut, aber zehn Hektar sind frei.
Stehen die Pläne noch für einen Entertainment- und Medienkomplex?
Immer noch Thema sind der Bau eines Parkhauses, eines Boardinghauses oder Hotels. Platz wäre auch für die Kulissenstraße „Berliner Straße“. Möglicherweise könnten auch Ateliers gebaut werden, für eine Ufa-Stadt wäre Raum. Dass die Medienstadt keinen Platz mehr hat, ist eine Mär. Der Bebauungsplan lässt eine vielfältige Nutzung zu, man muss nur miteinander reden.
Das Mitmach-Museum für Kinder, das Exploratorium, sollte auch auf das Gelände ziehen.
Das hat jetzt absolute Priorität, wir sind in den finalen Diskussionen, wie das Gebäude aussehen soll. 2012 ist das Exploratorium da.
Wohnungen wollten Sie auch bauen.
Das läuft schon. Der Filmpark baut mit einer neuen Gesellschaft derzeit ein Musterhaus zwischen Hochschule für Film und Fernsehen und Sportplatz Sandscholle. Auf der 10 000 Quadratmeter großen Fläche sind sechs Häuser mit 50 Wohnungen geplant, die vorerst als Eigentumswohnungen verkauft werden. In etwa zwei Jahren sollen die Häuser am Heinz-Rühmann-Weg stehen. Für das Musterhaus ist in drei Monaten Richtfest.
In Brandenburg läuft Ihr Geschäft. Haben Sie je überlegt, nach Berlin zu expandieren?
Ich habe mich mit dem ehemaligen Vergnügungspark Plänterwald sehr intensiv beschäftigt, doch die Gemengelage ist dort sehr kompliziert. Außerdem ist die Westernstadt in Templin wirtschaftlich noch nicht da, wo ich sie haben möchte. Ich bleibe lieber in Brandenburg, und in Babelsberg gibt es noch viel zu tun.
Das Interview führte Sabine Schicketanz
Friedhelm Schatz (59) machte in den 1960er Jahren eine Fotografen-Lehre in Celle. 1973 begann er als Praktikant im Kopier-Werk der Bavaria-Studios in München. 14 Jahre später war er Herstellungsleiter mit einem Produktionsetat von 80 Millionen Euro. Er verließ die Bavaria und konzipierte 360-Grad-Kinos. 1993 gründete Schatz den „Filmerlebnispark Babelsberg Studiotour“. Als die französische Konzernmutter Vivendi die Investitionen stoppte, wechselte Schatz zum Krongut Bornstedt, das er zum Touristenmagneten entwickelte. 2003 kehrte er zurück, kaufte den Filmpark und baute für zehn Millionen Euro die Metropolishalle. Er gründete den Kindersender Radio Teddy, baute die Westernstadt El Dorado in Templin auf und wurde Mehrheitseigner des Exploratoriums.SCH
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