
© Andreas Klaer
Schlössernacht: Bahn zieht Konsequenzen aus Zugchaos
Besucher der Schlössernacht berichten von chaotischen Zuständen auf dem Bahnhof Potsdam-Sanssouci in der Nacht zum Sonntag: Tausende Festbesucher wollten mit Sonderzügen abfahren doch die Bahn sei überfordert gewesen. Diese Vorfälle sollen nun ausgewertet werden.
Stand:
Die Deutsche Bahn will Konsequenzen aus dem Zugchaos im Anschluss an die Schlössernacht ziehen: Man werde die Ereignisse auf dem Bahnhof Park Sanssouci auswerten und prüfen, welche Maßnahmen künftig bei der Abfahrt der Besucher der Schlössernacht nötig werden. Das sagte eine Bahnsprecherin auf PNN-Anfrage. Bereits am Sonntag hatte ein Bahnsprecher den Bahnhof als ungeeignet für einen solchen Ansturm bezeichnet.
Zahlreiche Gäste der Schlössernacht hatten in der Nacht zum Sonntag bei ihrer Abreise chaotische Zustände erlebt. In E-Mails und Anrufen berichteten PNN-Leser von einer regelrechten Panik, die im Bahnhof ausgebrochen sei. Frauen und Kinder hätten geschrien, Menschen seien über Gleise gelaufen. Auch PNN-Leserin Antje Kern war geschockt: „Sie können sich nicht vorstellen, was dort los war“, sagte sie. Nach Abschluss des Feuerwerks hätten sich Tausende Menschen gegen 0.40 Uhr fast zeitgleich auf den Weg zum Bahnhof gemacht. Mit jedem Meter bis zur Bahnsteigkante sei es enger geworden, von hinten drückten die Massen. Als die Züge dann auf den falschen Gleisen einfuhren, sei Unruhe ausgebrochen. „Der ganze Pulk schoss die Treppen runter, andere versuchten nach oben zu kommen. Wäre ein einziger hingefallen, er wäre totgetrampelt worden. Uns allen standen die schrecklichen Erinnerungen an die Toten auf der Duisburger Loveparade ins Gesicht geschrieben“, sagte die 70-Jährige.
Die auf dem Bahngelände zuständige Bundespolizei bestätigte die Vorfälle. Gegen 1.30 Uhr habe die Bahn die Beamten informiert, sagte Sprecher Sven Drese. Ein Sonderzug habe den Bahnhof nicht verlassen können, weil er überfüllt gewesen sei. Deshalb hätten sich die Türen nicht schließen lassen, wodurch es immer enger wurde. Als die Polizisten eintrafen, hatte sich die Situation bereits entspannt. Der Zug habe den Bahnhof verlassen können. Verletzte habe es nicht gegeben. „Wenn nicht gleichzeitig so viele Menschen eingestiegen wären, hätte es die Überfüllung vielleicht nicht gegeben“, sagte Drese.
Unglücklich: Nach Auskunft der Bahn fuhren die Züge um 0.53 und 1.53 Uhr anders als die übrigen Sonderzüge von einem anderen Gleis. Das sorgte offenbar für Verwirrung. Lautsprecheransagen und auch Anzeigen hätten jedoch auf den Gleiswechsel hingewiesen, sagte die Bahnsprecherin. „In der Nacht waren von 23 Uhr bis etwa 3:10 Uhr eine Doppelstreife der DB Sicherheit vor Ort“, erklärte sie. „Aus den vergangenen Jahren sind keine derartige Probleme bekannt geworden.“ Grundsätzlich sei nach dem Ende der Schlössernacht das Aufkommen der Reisenden aber sehr groß. Mit insgesamt 27 Sonderzügen habe man aber für genügend Kapazitäten gesorgt.
Bei den Veranstaltern und der Stadt kam von den Ereignissen bis gestern wenig an. „Uns ist nichts bekannt“, hieß es kurz und knapp aus dem Rathaus. Weitere Fragen wurden nicht beantwortet. Roberto Rivera von der Arbeitsgemeinschaft Schlössernacht zeigte sich von den Schilderungen überrascht. „Wir haben dafür keine Anhaltspunkte, sonst könnten wir reagieren.“ Bis gestern hätten die Veranstalter lediglich Beschwerden über zu lange Schlangen an Toiletten oder Imbissen erreicht. „Die Sache muss selbstverständlich geklärt werden“, sagte er.
Im Vorfeld der Schlössernacht seien die Rückfahrmöglichkeiten mit der Bahn besprochen worden. „Damit war die Sache für uns erledigt“, so Rivera. Für die Sicherheit auf dem Bahnsteig seien Bahn und Bundespolizei zuständig. „Wir dürfen dort keine Ordner aufstellen.“ Im Park seien 400 Ordner im Einsatz gewesen. An jedem Eingang habe es zudem Informationsblätter zur Abreise gegeben.
Ein Chaos konnte das nicht verhindern. Viele Betroffene sehen die Arbeitsgemeinschaft Schlössernacht in der Pflicht und machten sich im Internet Luft: „Es wäre Aufgabe des Veranstalters gewesen, den reibungslosen Abtransport zu organisieren“, schreibt „Bahnbeobachter“ auf pnn.de. Und „Urlauber“ rät: „Das An- und Abreisekonzept sollte dringend verbessert werden.“ Die engen Bahnhofsunterführungen seien zum „Flaschenhals“ geworden. Hinweisschilder und Durchsagen habe es nicht gegeben. Die regulären Bus- und Straßenbahnlinien hatten ihren Dienst eingestellt. Einen Busshuttle gab es nicht. „Wenn man sich 33 000 Gäste einlädt, müssen die Kapazitäten erweitert werden, was man bei einem Ticketpreis von circa 50 Euro erwarten kann“, ist zu lesen. Andere Besucher hatten sich indes nach dem Feuerwerk in Geduld geübt: So seien spätere Sonderzüge fast leer gewesen, berichtet „Augenzeugin“ im Netz. Bewusst sei sie dem Chaos aus dem Weg gegangen, an dem auch einige Besucher ihren Anteil hätten: „Reinquetschen und rumpöbeln waren die einzigen Instinkte, die übrig waren. Mich hat das erschreckt.“
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