Landeshauptstadt: Bahnfahrt auf Umwegen
Die Umleitung der Regionalzüge macht es den Fahrgästen nicht leicht, an das gewünschte Ziel zu kommen
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Es rattert ziemlich laut. Deshalb ist die Durchsage des nächsten Halts kaum zu verstehen. Der Wagon hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Wer von Berlin nach Potsdam fahren und dabei die S-Bahn nicht benutzen will, dem bleiben die umgeleiteten Regionalzüge der Deutschen Bahn.
Der Grund: Die Regionalbahnstrecke zwischen Wannsee und Charlottenburg wird saniert und ist für gut ein Jahr komplett gesperrt. In 26 Minuten von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof – seit knapp zwei Wochen fällt diese schnelle Verbindung beider Städte aus.
„Bis Wustermark und dort umsteigen“, empfiehlt der freundliche Bahnmitarbeiter am Infostand im Berliner Hauptbahnhof. In insgesamt 56 Minuten soll Potsdam so erreicht werden. Eine schnellere Alternative wäre der RB 21, der vormittags und nachmittags dreimal über Spandau und Golm nach Potsdam fährt. Er braucht dafür 39 Minuten.
Der Zug ist nur spärlich besetzt. Kein Wunder: Er startet im Berliner Hauptbahnhof auf der tiefen Ebene und umfährt gut angebundene Bahnhöfe wie Friedrichstraße und Zoologischer Garten über die Ringbahnstrecke. Dafür hält er in Jungfernheide. Da steigt an diesem Tag niemand ein. Auch auf dem Bahnsteig in Wustermark versperren kaum Mitreisende den Blick in den havelländischen Nebel. Drei Mitarbeiter des Bahnsicherheitsdienstes rauchen ihre Zigaretten. Unterstellen können sich die Fahrgäste in einem etwa vier Quadratmeter großen Wartehäuschen aus Blech. Hier möchte man bei Minusgraden nicht umsteigen. Der Anschlusszug in Richtung Griebnitzsee kommt pünktlich und braucht 14 Minuten bis Golm.
Hier nutzen vor allem Studenten der Potsdamer Universität die Regionalzüge. Viele von ihnen pendeln so wie Hannes Faruhn nach Berlin. Der 27-Jährige Geowissenschaftsstudent will zum Berliner Ostbahnhof fahren. Er ist mit den Umleitungen weitgehend zufrieden. „Eigentlich gehts jetzt schneller“, sagt er. Jedenfalls mit dem RE 1, der einmal in der Stunde aus Magdeburg über Golm fährt und bei Charlottenburg auf die Stadtbahnstrecke einbiegt. Damit sind auch Zoo, Friedrichstraße und Alexanderplatz erreichbar.
Diesen Zug will auch Anna Smorodchenko erreichen. Sie rennt noch die Treppen zum Bahnsteig hinauf als der Zug losfährt. „Schade, so wäre ich schnell zum Alex gekommen“, sagt sie. Leider passt der Fahrplan nicht zu den Vorlesungszeiten der Uni: Entweder wird es knapp oder die Studenten müssen lange auf den Zug warten. Anna nimmt lieber den Bus zum Potsdamer Hauptbahnhof. „Der braucht eine halbe Stunde“, sagt die 23-Jährige. Dort will sie in die S-Bahn umsteigen: „Hoffentlich fährt die auch.“
Am 15. Dezember erst kam es bei der S-Bahn zu einem bisher einmaligen Blackout. Ein Stromausfall im elektronischen Stellwerk legte nahezu das gesamte S-Bahnnetz für Stunden lahm. Potsdam war nicht mehr mit Berlin verbunden. „Unglaublich“, sagt Ulrike Behrens. Die Potsdamerin fährt täglich zum Bahnhof Zoo. Noch eine Woche nach dem S-Bahn-Chaos schüttelt sie den Kopf: „Wenn die S-Bahn nicht fährt, bin ich aufgeschmissen.“ Die umgeleiteten Regionalzüge seien für sie keine Alternative.
Ausfälle bei der S-Bahn seien die Ausnahme, so ein Bahnsprecher. Abgesehen von der großen Störung verkehre die S7 nach Potsdam stabil. Mit ihrem Umleitungskonzept der Regionalzüge sei die Bahn zufrieden.
Eine Änderung soll es noch bei der Linie RB 21 geben: Die Züge Richtung Berlin sollen ab dem 2. Januar in Griebnitzsee und Park Sanssouci bis zu vier Minuten früher abfahren.
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