
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Banker spielen Weihnachtsmann
Jana Rauthenberg wollte helfen – und organisierte mit ihren Kollegen eine Weihnachtsbescherung für Kinder am Schlaatz
Stand:
Laila ist sechs Jahre alt und hat vorn eine große Zahnlücke. Auf die Frage, was sie auf ihren Wunschzettel geschrieben hat, kann sie vor lauter Aufregung nicht antworten. Denn am anderen Ende des Flurs steht schon der Weihnachtsmann, dem sie, Laila, gleich den Weg in den großen Versammlungsraum zeigen wird. Dort sind die etwa 30 Kinder mit ihren Eltern noch beim Singen, der Weihnachtsmann muss warten, und so fällt es Laila doch noch ein: „Eine Meerjungfrau-Barbie und ein Pferd mit Leuchtkette!“
Im Familienzentrum der Diakonie am Bisamkiez war für viele Kinder bereits am gestrigen Dienstag Bescherung. Initiiert hat diese verfrühte Geschenk-Aktion Jana Rauthenberg. Die 23-Jährige arbeitet als Sachbearbeiterin bei einer Bank – den Namen des Geldinstituts möchte sie nicht nennen – und suchte im Herbst nach einer Möglichkeit, sich ehrenamtlich zu engagieren. „Mir fehlte was Soziales, was mit Menschen“, sagt Rauthenberg. Dabei stieß sie auf die Einrichtungen der Diakonie und sprach Anfang November beim Familienzentrum im Schlaatz vor. Es dauerte nicht lange, da kamen dessen Leiterin Ramona Folgner und Rauthenberg auf die Idee mit den Wunschzetteln. „Kinder der benachbarten Kita Nuthespatzen, des Wohnheims für Asylbewerber und alle, die die Angebote im Familienzentrum nutzen, sollten Wünsche an den Weihnachtsmann aufschreiben, vorgegeben war ein finanzieller Rahmen bis 15 Euro“, sagt Folgner. 31 Kinder von drei Monaten bis 14 Jahren und eine schwangere Frau beteiligten sich an der Aktion, baten um Fußbälle und Autos, Barbies, Knete und Buntstifte. Auch Ausgefallenes war dabei, sagt Rauthenberg, um herausbekommen, was „Oktonauten“ sind, das bedurfte einiger Tüftelei.
Natürlich kamen die Geschenke nicht vom Weihnachtsmann – obwohl sie es in diesem Fall nun doch taten. Denn der war ein Kollege von Jana Rauthenberg, einer der vielen Kollegen und Bekannten, die die Wünsche der Kinder erfüllt hatten. Rauthenberg hatte diese im Internet gepostet, innerhalb eines Tages waren alle weg, sagt sie. Jeder besorgte sein Geschenk und packte es ein, gestern wurde es nun bei einer kleinen Feier übergeben. Das sei viel persönlicher, als anonym Geld für einen guten Zweck zu spenden. Von der Aktion waren alle so begeistert, es soll jetzt eine Tradition werden, sagt Rauthenberg.
Frank Münzner, Leiter der Kita Nuthespatzen, sieht in so einer Aktion weniger eine dringende Hilfe als eine symbolische Geste. „Das passt zum Advent, ein Zeichen setzen, ein Willkommen für alle“. Die meisten der hilfsbedürftigen Familien im Wohngebiet bekämen absolut gute finanzielle Unterstützung und Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, sagt Münzner.
Doch ob es hier nun um Geschenke außer der Reihe oder einen schönen Nachmittag geht: Die Anwesenheit eines Mannes in rotem Kaputzenmantel, der jetzt einen von bunten Paketen überquellenden Bollerwagen mitten im Raum abstellt, übt eine Faszination aus, der sich auch Vierzehnjährige nicht entziehen können.
Auch Ruza, acht Jahre alt und in der zweiten Klasse, hat sich eine Barbie gewünscht. Und ein Topmodel-Buch. „Die Barbie krieg ich bestimmt“, sagt sie. Auf ihrem Schoß hält sie den kleinen Bruder, vier Monate alt. Der habe sich ein Spielzeug gewünscht, sagt Ruza. Sie ist oft hier, mit ihrer Mutter. „Die übt hier schreiben“, sagt das Mädchen.
Dann singt sie weiter, Daniela Bohnenkamp von Kirche im Kiez begleitet die Kinder auf der Gitarre, nach dem Ohrwurm der „Weihnachtsbäckerei“ kommen amerikanische Lieder, es wird ein wenig international. Und dann werden Geschenke ausgepackt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: