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Landeshauptstadt: Bedenken gegen die Bettensteuer

Potsdamer Verwaltungswissenschaftler sieht juristische Probleme bei geplanter Zwangsabgabe – die Stadt teilt diese Auffassung nicht

Stand:

Zweifel an der geplanten Bettensteuer: Der Verwaltungswissenschaftler Thorsten Ingo Schmidt von der Universität Potsdam hat für die PNN exklusiv den Entwurf für die Satzung der neuen Zwangsabgabe studiert – und findet gleich mehrere Punkte, die vor Gericht dazu führen könnten, dass die Steuer wieder kippt. Schon am Mittwoch sollen die Stadtverordneten entscheiden, ob die Übernachtungssteuer kommt (siehe Kasten) – Klagen von Hoteliers sind bereits angekündigt.

Wie Verwaltungsrechtler Schmidt den PNN sagte, könnten sich bei der Potsdamer Bettensteuer unter anderem die Erklärungs- und Nachweispflichten der Gäste sowie der Hotels vor Gericht als unverhältnismäßig erweisen. Ebenso erhebe die Potsdamer Steuer in gleicher Weise wie die Umsatzsteuer einen bestimmten Prozentsatz des Übernachtungspreises. „Das hat das Bundesverwaltungsgericht bislang kritisch gesehen.“

Der Sprecher der Stadtverwaltung, Jan Brunzlow, teilte zur Expertise von Schmidt mit, diese Bedenken seien bekannt, geteilt würden diese aber nicht. Die Stadt habe die aktuelle Rechtssprechung beobachtet und ihre Schlüsse gezogen, so der Sprecher. Allerdings betritt die Stadt auch juristisches Neuland: Da die Bettensteuer erstmals in Brandenburg eingeführt werde, seien in dieser Frage noch keine Erfahrungswerte mit der grundsätzlichen Position der hiesigen Verwaltungsgerichte vorhanden.

Verwaltungsrechtler Schmidt erklärte auch, Richter könnten die Potsdamer Bettensteuersatzung auch wegen der Bestimmung der Hoteliers als Steuerschuldner für rechtswidrig halten. Es geht dabei um die Tatsache, dass die Hoteliers die Steuer ans Amt entrichten müssen und nicht die Gäste – verweigern sich die Unternehmer, handeln sie ordnungswidrig und müssen mit bis zu 5000 Euro Geldstrafe rechnen.

Ähnlich war bis vor Kurzem die Stadt Dortmund vorgegangen – deswegen hatte das Oberverwaltungsgericht Münster vor wenigen Tagen die in der Ruhrpott-Metropole geltende Bettensteuer für unzulässig erklärt. Schmidt sagte, dieses Urteil habe Bedeutung für die Potsdamer Steuerpläne. Stadtsprecher Brunzlow sagte dazu, nach Absprache mit der Kommunalaufsicht und Gemeinden anderer Bundesländer, die die Steuerpflicht wie in Dortmund geregelt hätten, wolle man es bei der jetzigen Regelung belassen. Ebenso könnte ein Detail wie die Steuerschuld durch eine möglicherweise auch rückwirkend geltende Änderungssatzung später neu justiert werden, so Brunzlow.

Sollte eine vom Gericht gekippte Satzung nicht mehr gelten dürfen, müsste die Stadt aber nicht unbedingt die Rückzahlung der eingenommenen Gelder fürchten. Denn die Steuer wird von Gästen gezahlt, es handelt sich um geringe Euro-Beträge. Brunzlow: „Ein möglicher rechtswidriger Bescheid, der nicht durch Klage angefochten wird, bleibt bestandskräftig.“ Auch bei laufenden juristischen Klagen könnte die Steuer weiter erhoben werden, sagte Brunzlow auf PNN-Nachfrage.

Seit Monaten wird in Potsdam über das Für und Wider von Tourismusabgabe – bei deren Erhebung auch Klagen drohen – und Bettensteuer gestritten. Aus den Einnahmen beider Zwangsabgaben soll fünf Jahre lang jeweils eine Million Euro für die Schlösserstiftung gezahlt werden, um einen Pflichteintritt für den Park Sanssouci zu verhindern. Die Stiftung benötigt das Geld für die Pflege ihrer Welterbe-Parks – daher hatten die Mitglieder des Stiftungsrats, die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund, die Stadt Potsdam vor die Wahl zwischen Parkeintritt und Millionen-Zahlung gestellt. Die Stadtverordneten hatten sich im Juni für die Zahlungen entschieden – aber sich damals nicht auf eine von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) favorisierte Tourismusabgabe einigen können. Die SPD hatte damals eine Bettensteuer als Kompromiss vorgeschlagen. Sollte es keine Mehrheit für eine der beiden Varianten geben, droht eine Haushaltssperre. In der vergangenen Woche war eine leicht modifizierte Variante der Tourismusabgabe im Hauptausschuss klar gescheitert. Für die Bettensteuer reichte es – mit einer Stimme Mehrheit.

Auch das benachbarte Berlin will Anfang 2014 eine sogenannte Citytax einführen. Danach sollen von Privatreisenden künftig fünf Prozent ihres Übernachtungspreises an das Land abgeführt werden.

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