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Rauhe Liebeserklärung. Szene aus dem HFF-Film Weltstadt.

© promo

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HFF-Student Christian Klandt ist mit dem Drama „Weltstadt“ in den Kinos

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Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen: In einer Sommernacht des Jahres 2004 überfielen Jugendliche im brandenburgischen Beeskow einen Obdachlosen, prügelten auf ihn ein und zündeten ihn schließlich an. Christian Klandt hörte die Nachricht im Autoradio auf der Fahrt nach Potsdam, wo er an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ gerade mit seinem Regiestudium begonnen hatte. „Ich war geschockt“, erinnert sich der heute 31-Jährige. Nach der Gewalttat entstand sein Drama „Weltstadt“, das jetzt in den Kinos startete.

Der Film folgt fünf jungen Menschen einen Tag lang durch ihr Leben in einer brandenburgischen Kleinstadt – zwischen Langeweile, Ausweglosigkeit und Verzweiflung. Es ist der Tag vor der Schreckenstat und die Kamera schaut schmerzhaft genau hin in den brandenburgischen Provinzalltag. So genau, dass der Übergriff auf den Obdachlosen schließlich kaum noch überrascht.

„Die wahren Täter standen direkt daneben,“ sagt Christian Klandt: „Es waren die, die weggeschaut haben.“ Für den HFF-Studenten ist „Weltstadt“ ein sehr persönlicher Film: „Die Täter waren auf meiner Schule, ich kannte auch das Opfer“, sagt er . Als er 2004 mit dem Projekt begann, plante er noch einen Dokumentarfilm: „Ich wollte verstehen, was da schiefgelaufen ist“, erklärt der 31-Jährige. Einfach war die Arbeit allerdings nicht. Denn viele Beeskower wollten über die Tat nicht sprechen, auch beleidigende Sprüche hörte Klandt: „Ich war sauer, dass keiner reden wollte“, sagt er.

Statt dem ins Stocken geratenen Doku-Projekt machte der Regisseur aus dem Stoff schließlich einen Spielfilm, für sein erstes Langfilmseminar an der HFF.

Sechs Wochen lang drehte das Team im Spätherbst 2007 vor Ort in Beeskow. Und bereits da deutete sich an, dass der Film etwas bewegt. Unzählige Beeskower waren als Komparsen dabei, die Stadt vermittelte Wohnungen und ein Produktionsbüro am Marktplatz: „Da kamen Nachbarn mit Kaffee und Kuchen vorbei, jeder kannte uns, wir wurden gegrüßt auf der Straße“, berichtet Producer Martin Lischke, wie Klandt HFF-Student. „Beeskow ist der heimliche Hauptproduzent“, sagt Christian Klandt. Um eine Verurteilung des Geschehenen sei es ihm bei dem Film nie gegangen, betont er: „Im Gegenteil, es ist eine Liebeserklärung an meine Heimatstadt.“

Vor der Beeskow-Premiere im Oktober 2008 sei er dennoch nervös gewesen. „Die Gespräche nach dem Film dauerten am Ende länger als der Film“, berichtet Klandt: „Ob sich was verändert hat, weiß ich nicht, aber es ist eine Diskussion angestoßen worden“, ist er sich sicher.

Was ihn danach noch mehr verwunderte: Der Film funktioniert auch vor einem Publikum, das von Beeskow noch nie gehört hatte. „Weltstadt“ tourte ein Jahr lang über Festivals, war in Kanada, New York, Brasilien und zuletzt Kiew zu Gast. „Überall gab es jemanden, der gesagt hat: In meiner Stadt ist so etwas ähnliches passiert“, sagt Christian Klandt. Sein Beeskow erwies sich als eine Art „weltweit verständliche Kleinstadt“.

Nur ein Kinoverleih war trotzdem lange nicht in Sicht: Bis das Babelsberger X-Filme-Produzentenpaar Manuela Stehr und Stefan Arndt aufmerksam wurde. Der X Verleih hat „Weltstadt“ ins Kino gebracht. Und Christian Klandt tourt wieder: „Der Film lässt mich nicht los“, sagt er. Heute ist Klandt 20.30 Uhr im Berliner Kino Broadway, Tauentzienstraße 8, zu Gast, am Sonntag 17.15 Uhr im Kino Hackesche Höfe. Jana Haase

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