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Wir essen alle die gleiche Suppe. Sanaz Mahdavi und Asma Sakravi (l.) beim Baustellen-Brunch in Potsdams neuem Flüchtlingswohnprojekt im Staudenhof.

© Julius Frick

Landeshauptstadt: Begegnung beim Baustellen-Brunch

Im Staudenhof wohnen Flüchtlinge und Potsdamer künftig Tür an Tür, die ersten lernten sich schon kennen

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Endlich in Sicherheit: Adham Alhamda gehört zu den rund 2,6 Millionen Menschen, die bislang vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen sind. Nach einer Odyssee durch Kriegsgebiet und desolate Flüchtlingslager lebt er nun seit einem Monat zusammen mit seiner Mutter in einer Flüchtlingswohnung im Hochhaus am Staudenhof. Es gefällt ihm hier: „Ich bin glücklich, dass die Potsdamer uns aufgenommen haben. Wir wissen sehr zu schätzen, was man uns hier zur Verfügung stellt.“

Der 22-jährige Syrer gehört zu den zehn Flüchtlingen, die seit dem ersten Juni im Staudenhof wohnen. Fünf Wohnungen im Staudenhof sind bislang von Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan, dem Iran und Kamerun bewohnt. Laut Anke Latazc-Blume, Leiterin des Fachbereichs Soziales der Stadt Potsdam, sollen insgesamt 25 Wohnungen im Staudenhof sukzessive für Flüchtlinge bereitgestellt werden. Träger des Wohnverbundes ist der Verein Soziale Stadt Potsdam e.V., Eigentümerin und Vermieterin des Wohnblocks ist die kommunale Wohnungsbaugesellschaft Pro Potsdam.

Zusammen mit dem Verein Soziale Stadt luden die Flüchtlinge am Mittwoch ins westliche Erdgeschoss des Staudenhofs zum „Baustellen-Brunch“ mit vielen afrikanischen, russischen und persischen Spezialitäten ein. Über 100 Besucher – darunter Bewohner, Stadtverordnete und Vertreter sozialer Vereine – besichtigten die derzeit noch leeren Räume, in denen sich früher das Café Staudenhof befand.

Auf knapp 400 Quadratmetern sollen hier künftig Büroräume, ein Internet-Café, eine Gemeinschaftsküche und eine Spielecke entstehen: „Es soll ein Treffpunkt und eine Möglichkeit zur Begegnung werden, in den Büros wollen wir Beratung und Hilfe bei der Kommunikation mit den Behörden anbieten“, sagt Gabriele Röder vom Verein Soziale Stadt. Noch befinde man sich allerdings in der Planungsphase, so Röder; Kosten und Starttermin der Bauarbeiten könne man noch nicht nennen.

Auch Sanaz Mahdavi gehört zu den neuen Bewohnern: Die Iranerin lebt seit drei Monaten in Deutschland. Mahdavi ist Christin und gehört damit in ihrer Heimat zu einer benachteiligten Minderheit. In ihrer neuen Bleibe in Potsdam sei sie sehr zufrieden: „Die Nachbarn sind alle nett.“ Es gebe allerdings einen, der hin und wieder feindselige Äußerungen ihr gegenüber gemacht und verbal Streit gesucht habe.

Es gebe einige wenige Bewohner, die den Flüchtlingen gegenüber sehr kritisch eingestellt seien, räumt Röder ein. Vor Kurzem sei an eine Wand im Hausflur eine rechte Parole geschmiert worden, die Pro Potsdam entfernte sie umgehend . Dies sei aber bislang der einzige derartige Übergriff in diesem Ausmaß gewesen, so Röder, insgesamt seien die meisten Bewohner nach anfänglicher Skepsis mittlerweile neugierig und aufgeschlossen: „Es ist alles eine Frage der Aufklärung.“

So sieht es auch Adham Alhamda: „Mit den Nachbarn gibt es keine Probleme, alle sind sehr freundlich und respektvoll.“ Für Bewohner wie Rosemarie Preuß ist dies eine Selbstverständlichkeit, sie hat die letzten Monate des Zweiten Weltkriegs selbst als Flüchtling erlebt. „Ich bin damals nicht gut aufgenommen worden“, sagt die 78-Jährige. Deshalb findet sie: „Alle Flüchtlinge hier sollen die Hilfe bekommen, die sie brauchen.“ Für alle Eventualitäten gibt es einen Wachdienst im Staudenhof, der sowohl für Flüchtlinge als auch für Anwohner ansprechbar ist.

Noch in diesem Jahr will sich auch die benachbarte Fachhochschule Potsdam für die Bewohnern des Staudenhofs engagieren, so Peter Knösel, Professor im Fachbereich Sozialwesen der FH. Geplant sei unter anderem, auf einer Brache der Staudenhof-Terrasse einen Gemeinschaftsgarten anzulegen, so Knösel. Wenn das realisiert würde und die geplanten Gemeinschaftsräume fertig sind, könnte sich der Staudenhof zu einem neuen sozialen Treffpunkt im Zentrum der Stadt entwickeln.

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