Homepage: „Berlin hat einen klaren Vorteil“
Uni-Präsident Oliver Günther über Änderung am Landeshochschulgesetzes, die der Uni wichtig wären
Stand:
Herr Günther, die Universität Potsdam hatte Vorschläge zur bevorstehenden Novelle des Landeshochschulgesetzes gemacht. Nicht alle wurden bislang vom Ministerium aufgenommen.
Uns geht es zum Beispiel um ein Tenure-Track-Modell. Das bedeutet, dass wir als Hochschule die Möglichkeit haben wollen, Professoren hausintern von der Besoldungsstufe W1 auf W2 und später auf W3 zu befördern. Das entspräche einer durchgängigen Laufbahn vom Juniorprofessor bis zur vollen Professur wie in den USA. Das ist uns sehr wichtig. Die Idee ist, zunehmend Professuren als Juniorprofessuren nachzubesetzen. So könnten wir, trotz unserer schwierigen Finanzlage, gute Nachwuchswissenschaftler an die Uni holen, die dann auch hier bleiben. Die hätten dann eine Lebensperspektive im Haus. Das ist momentan nicht so einfach, vor allem weil sie ohne externen Ruf nicht von der W2- auf die W3-Professur kommen. Unsere Idee wäre für Deutschland ein innovativer Schritt.
Sie hatten sich auch für die Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen mit Berlin stark gemacht.
Dabei geht es um die vorläufige Zulassung zum Masterstudium. Viele Studierende haben zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung ihren Bachelorabschluss noch nicht, obwohl klar ist, dass sie ihn in den nächsten Wochen erhalten. Es geht um eine vorläufige Immatrikulation, die auch im internationalen Bereich völlig selbstverständlich ist. Das ist in Brandenburg leider sehr restriktiv geregelt. Daher haben wir hier einen Nachteil im Wettbewerb um die guten Köpfe. Hier wäre eine flexiblere Regelung wünschenswert. Wir wollen die Betroffenen immatrikulieren und ihnen bis zum Ende des ersten Semesters Zeit geben, das Bachelorzeugnis dann nachzureichen.
In Berlin geht das leichter?
Dort ist diese Regelung flexibler. Damit haben wir einen Nachteil, denn gute Masterbewerber kommen bei uns ohne Zeugnis nicht ins Studium. Ein klarer Vorteil für Berlin. Das sollte auch im hiesigen Hochschulgesetz geändert werden.
Sie wünschen sich auch, dass Eignungsprüfungen für das gesamte Studienangebot möglich werden. Warum das?
Dabei geht es um die Vermeidung hoher Abbrecherquoten. Die Öffnung der Hochschulen für Schulabgänger ohne Abitur oder Bewerber aus der Praxis begrüßen wir ausdrücklich. Aber die Politik macht es sich etwas leicht, wenn sie sagt, man soll erst einmal alle zulassen. Wer dann mit dem Studium überfordert ist, bricht es wieder ab. Nicht jeder kann alles. Da wollen wir vorbauen. So würden auch Enttäuschungen vermieden.
Diese Öffnung der Hochschulen wird auch einen zusätzlichen Finanzbedarf nach sich ziehen.
Die von der Kultusministerkonferenz beschlossene weitgehende Öffnung des Hochschulzugangs wird einen erheblichen Zustrom an Studierenden bewirken, deren Kompetenzen für die Aufnahme eines universitären Studiums erst noch auszubilden sind. Dafür werden Zentren zur Vorbereitung der Studierenden notwendig. Das ist bislang allein für die BTU Cottbus-Senftenberg vorgesehen. Doch auch an den anderen beiden Universitäten wird dazu der Bedarf entstehen. Das ist ein zusätzlicher Aufwand, der finanziert werden muss. Das lässt sich nicht aus Bordmitteln einfach draufsetzen.
Wie viele neue Studierende kann die Potsdamer Uni noch vertragen?
Beim aktuellen Ausfinanzierungsgrad ist nicht mehr als die derzeit über 20 000 möglich. Wenn wir mehr Geld pro Studierenden brauchen, aber nicht mehr erhalten, müssen wir letztlich die Zahl der Studierenden absenken, auch wenn die Politik und auch ich selbst das nicht wünschen. Am Ende muss in der Hochschulausbildung Qualität vor Quantität gehen. Die derzeitige Größenordnung von 50 000 Studierenden im Land Brandenburg halte ich für eine angemessene Obergrenze, die Frage ist nur, wie diese Plätze ausfinanziert werden. Derzeit ist dies nicht der Fall.
Es gab auch Vorschläge der Uni, die in die Gesetzesnovelle aufgenommen werden sollen.
Zum Beispiel das neue Findungsverfahren bei der Präsidentenwahl an den Hochschulen. Hier wird es nach der Gesetzesnovelle so sein, dass der Wahlvorschlag nicht mehr vom Landeshochschulrat, sondern von einer Findungskommission kommt. Die wird breiter besetzt sein, als der Hochschulrat, neben zwei Mitgliedern des Landeshochschulrates wird es in Zukunft auch ein Mitglied des Senates der Hochschule geben. Es ist sehr wichtig, dass die Hochschulen in dieser Phase bereits beteiligt werden. Das war ein zentraler Kritikpunkt der Hochschulen. Hinzu kommt ein Mitglied aus dem Ministerium. Eine wichtige Änderung ist auch, dass mindestens drei Personen zur Wahl vorgeschlagen werden. Dadurch erhält der jeweilige Hochschulsenat eine größere Wahlfreiheit.
Das Interview führte Jan Kixmüller
Oliver Günther ist seit 2012 Präsident der Universität Potsdam. Der Wirtschaftsinformatiker setzt sich vehement für eine bessere Ausfinanzierung der Hochschulen des Landes ein.
HINTERGRUND
92 Vorschläge von Bürgern
Zur Neufassung des Landeshochschulgesetzes waren die Hochschulen bis Juni aufgefordert, ihre Vorschläge einzubringen. Derzeit ist das Wissenschaftsministerium bei deren Auswertung. Auch Brandenburger Bürger konnten sich an der Überarbeitung des Hochschulgesetzes im Internet beteiligen. Bis 21. Juni gingen nach Angaben eines Sprechers des Wissenschaftsministeriums 92 Beiträge ein, die jetzt ausgewertet würden. Natürlich würden auch davon nicht alle Vorschläge in die Gesetzesvorlage eingehen, inhaltlich würden sie beispielsweise von der Erweiterung des Hochschulzugangs bis zur Reglementierung reichen. Als nächstes geht der Gesetzesentwurf ins Kabinett und soll bis Ende 2013 in den Landtag eingebracht werden. Die Studierendevertreter des Landes erarbeiten derzeit ebenfalls Änderungsvorschläge. Sie wollen das Gesetz unter den Gesichtspunkten „Wissenschaftliche Zukunft sichern“, „Demokratie stärken“ und „Soziale Hürden abbauen“ überarbeitet sehen. Kix
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