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Bestens ausgestattet. 2010 wurde die neue HNO-Klinik in Asmara eröffnet.

© privat

Landeshauptstadt: Biblische Verhältnisse

Wie HNO-Spezialist Jungehülsing in Eritrea hilft

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Die Zustände sind kaum vorstellbar: Patienten kommen zu Fuß in das Krankenhaus in Asmara, haben dafür im Extremfall einen Marsch von 500 Kilometern zurückgelegt. Denn es ist die einzige Spezialklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenleiden in ganz Eritrea. Die HNO-Versorgung der gut fünf Millionen Einwohner des afrikanischen Staates am Roten Meer wird momentan durch drei Ärzte gewährleistet. „Die Verhältnisse sind teilweise wirklich biblisch – wenn man es euphemistisch ausdrücken will“, sagt Markus Jungehülsing. Der Chefarzt der HNO-Klinik am Ernst-von-Bergmann-Klinikum engagiert sich seit mehr als fünf Jahren für die medizinische Versorgung in Eritrea. Als Gründungsmitglied der Hilfsorganisation Medcare for People in Eritrea e.V. war er auch mitbeteiligt am Aufbau einer hochmodernen HNO-Ambulanz in Eritreas Hauptstadt Asmara, die vor einem Jahr eröffnet wurde.

„Man muss daran Spaß haben“, sagt Jungehülsing, der 2001 aus Köln nach Potsdam kam. Zweimal bereits opferte er seinen Urlaub für einen – aus eigener Tasche finanzierten – Aufenthalt in Asmara. Dort operierte er dann gemeinsam mit anderen Medcare-Aktivisten besonders komplizierte Fälle: Kinder, die an einer chronischen Knocheneiterung im Ohr leiden, Krebspatienten oder Menschen, deren Gesicht durch die Infektionskrankheit Noma regelrecht zerfressen ist. „Die drei Doktoren sammeln Patienten mit komplexen Krankheitsbildern für uns“, erklärt Jungehülsing: „Wir sind zwar nicht ganzjährig da, aber regelmäßig.“

Mehr als zehn Ärzte aus Deutschland und Österreich engagieren sich wie Jungehülsing für Medcare: „Die Organisation wächst“, freut sich der Potsdamer. Der Austausch funktioniert auch in entgegengesetzte Richtung: Alle drei HNO-Spezialisten aus Eritrea waren bereits am Bergmann-Klinikum zu Gast, zuletzt Neguse Ogbe im Frühjahr dieses Jahres.

Treibende Kraft und Initiator des Projektes ist der Kölner Mediziner Eberhard Stennert, sein früherer Chef, erzählt Markus Jungehülsing. Etwa 400 000 Euro und Sachspenden in Höhe von einer halben Million Euro habe der mittlerweile pensionierte Mediziner allein für die neue HNO-Ambulanz eingeworben. „Die Ausstattung ist sogar besser als hier“, sagt Jungehülsing. Der Neubau ersetzte eine alte Klinik, die der Potsdamer als „grottigen und schrottigen Baucontainer“ beschreibt: „Da gab es nichts.“

Langfristiges Ziel ist es, die Ausbildung von medizinischem Nachwuchs vor Ort in Eritrea zu sichern: „Die Ambulanz soll sich irgendwann selbst erhalten.“ Denn noch gibt es in dem Land, das nach einem dreißigjährigem Krieg erst im Jahr 1993 seine Unabhängigkeit von Äthiopien erlangte, keine Universität. Mediziner wie Neguse Ogbe müssen deshalb im Ausland studieren. „Aber die meisten, die gehen, kommen nicht zurück“, beschreibt Jungehülsing das Problem.

Im April 2012 plant der 50-Jährige seine nächste Reise nach Eritrea. Dann will ihn erstmals auch seine Frau begleiten. Denn das Land im Nordosten Afrikas hat auch seinen touristischen Reiz, wie Jungehülsing weiß.

www.medcare-eritrea.org

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