Landeshauptstadt: Bier mit Wodka und umgekehrt
Europawoche an Brandenburger Schulen eröffnet, russischer Botschafter besuchte Leibniz-Gymnasium
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Am Stern - Alexej Altmann hatte es gestern leichter als manche seiner Mitschüler. Er erklärte dem russischen Botschafter Wladimir Kotenjew auf Russisch, was das Leibniz-Gymnasium alles bietet. Altmann lebt seit neun Jahren in Potsdam, seine Heimat war Moldawien. Er ist einer von sechs Schülern des Leistungskurses Russisch der zwölften Klasse, deren Muttersprache Russisch ist und die gestern mit Kotenjew und Ministerpräsident Matthias Platzeck zum Auftakt der Europawoche über Russland und seine Beziehungen zu Deutschland diskutierten.
„Russland ist ein Land von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung“, sagte Platzeck bei der Gesprächsrunde im sanierten Leibniz-Gymnasium. „Es hat, etwas flapsig gesagt, Öl und Gas bis zum Abwinken.“ Er forderte die Schüler außerdem dazu auf, dem Land offen gegenüberzustehen, die Sprache zu erlernen und es zu bereisen. Er selbst war vor 30 Jahren eine Zeit lang in der Sowjetunion, so Platzeck. Doch eine Sprache die man nicht pflegt, verschwinde hinter den Kalkschichten, entschuldigte sich der Ministerpräsident für seine Russischkenntnisse. Für ihn sei schwer zu verstehen, dass das Erlernen die Sprache des größten Landes der Welt so schwer an Schüler zu vermitteln sei. Denn die Zahlen der Schüler, die an Brandenburgs Schulen Russisch lernen, sinkt von Jahr zu Jahr. Dabei „konnte selbst der FC Bayern München jetzt sehen, welch Potenzial in Russland steckt“, sagte Platzeck mit Blick auf ein verlorenes Fußballspiel (0:4) des Deutschen Meisters gegen St. Petersburg.
Im Mittelpunkt der Diskussion standen auch die Unterschiede zwischen Russland und Deutschland. „Es gibt einen feinen Unterschied: Die Deutschen trinken Bier mit Wodka, die Russen umgekehrt“, scherzte Kotenjew. Platzeck betonte, „die Deutschen sind nüchterner als die Russen“, ohne damit den Bezug zum Alkohol zu meinen. Vielmehr würden die Russen alles „mit einem Stück mehr Seele angehen“, die Deutschen sind aus seiner Sicht dagegen pragmatischer. Kotenjew, der 1977 eine Zeit lang in Babelsberg gewohnt hat, betonte, dass rund 4,5 Millionen Menschen in Russland Deutsch lernen und rund sechs Millionen Deutsche Russisch sprechen. Beide lobten die Beziehung zwischen Russland und Deutschland als „verlässliche und stabile Partnerschaft“. Auf kritisches Nachfragen einiger Schüler zur Wirtschaft und Politik Russlands betonte Kotenjew, seine Heimat setze auf eine soziale Marktwirtschaft. Mit Blick auf die Vormachtstellung der USA und deren Beziehung zu Russland sagte der Botschafter: „Wir wollen nicht geführt werden, wir sind unabhängig. Vor dem Schulbesuch hatten Schüler im Beisein von Platzeck und Kotenjew am sowjetischen Ehrenmal am Bassinplatz einen Kranz niedergelegt.
Noch bis zum 11. Mai sind in Brandenburg im Rahmen der Europawoche mehr als 100 Veranstaltungen geplant. Rund 100 Schulen beteiligen sich in diesem Jahr an der Europawoche. Weitere prominente Gäste sind dort Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) sowie zahlreiche Botschafter. pst
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