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In Potsdam gingen gestern rund 600 Studierende und Schüler gegen Studiengebühren auf die Straße
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In Potsdam gingen gestern rund 600 Studierende und Schüler gegen Studiengebühren auf die Straße Von Jan Kixmüller Am Anfang sind es nur einige Grüppchen. Rund um das FH-Gebäude am Alten Markt sammelt sich der Potsdamer Protest gegen Studiengebühren. „Wir zahlen nicht“, ruft ein Student in die Runde. „Ich auch nicht“, kommt das Echo von hinten. Von einer wirklichen Bewegung ist aber noch wenig zu spüren. Bei fast 20 000 Studierenden in der Stadt sind kurz nach drei Uhr gestern rund 200 zusammen gekommen – ein Prozent der Studierendenschaft. Die Fahrrad-Eskorte der Polizei steht gelangweilt unter einem Baum, die Sonnenbrillen werden nicht abgenommen, auch als der Nieselregen einsetzt. Eine Großdemo war angekündigt, die Gewerkschaften und die Schulen waren mit aufgerufen, die Kommilitonen aus dem ganzen Land Brandenburg und aus Berlin eingeladen. Um halb vier kommen dann noch ein paar Studierende aus Cottbus, die PDS ist mittlerweile auch da. Man steht unter dem Dach der FH und sucht seine Freunde. Ihre Dozentin habe es den Teilnehmern des Politikseminars frei gestellt, zur Demo zu gehen, erzählt eine Studentin der Potsdamer Uni. Aber von 30 Studierenden hätten sich gerade mal zwei für die Demonstration entschieden. Sie bekomme kein Bafög und arbeiten nebenher, Gebühren für ein Studium könne sie sich da keinesfalls erlauben, sagt sie. Über alternative Wege zur Bildungsfinanzierung hat die Studentin allerdings noch nicht nachgedacht. „Darüber müsste man mal diskutieren.“ Mittlerweile setzt sich der Demonstrationszug in Bewegung. Der Regen hat wieder nachgelassen. Und ganz plötzlich wächst die Menschenmenge an. Mittlerweile sind es an die 600, die sich gegen bezahlte Studienplätze Luft machen. Die Trillerpfeifen tönen über den Platz der Einheit. Auf Transparenten liest man „Demokratie braucht freie Bildung“ und „Staatsausgaben für die Bildung sind Staatseinnahmen“. Die Studierenden und Schüler fordern, dass der Staat das Bildungssystem auch weiterhin finanziert. Bildungskosten dürften nicht mittels Kitagebühren, Schulgeld und Studiengebühren auf die Bürger umgelegt werden. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Bildung klaut“, rufen die jungen Menschen. Der Protestzug stand in Verbindung mit dem bundesweiten „Summer of Resistance“ gegen die Einführung von Studiengebühren. Gestern wurde auch in Dresden, Hannover, Frankfurt am Main und in Halle demonstriert, insgesamt sollen rund 10 000 Menschen gegen Studiengebühren auf die Straße gegangen sein. Die Demo ist mittlerweile am Nauener Tor angelangt. Eine Mädchen verteilt Flugblätter. Sie hat in diesem Jahr am Helmholtz-Gymnasium ihr Abitur gemacht. Für das Studium will sie später nichts bezahlen müssen. Das Geld für die Bildung könne man an anderer Stelle sparen, etwa beim Stadtschloss, sagt sie. Was auf den Flugblättern steht, die sie verteilt, weiß sie allerdings nicht. Am Luisenplatz ist dann Kundgebung im Regen bevor es zum Pfeifkonzert zur Staatskanzlei weiter geht. Hier ist zu erfahren, dass der Kampf gegen Studiengebühren in erster Linie ein Kampf gegen den Neoliberalismus ist. „Wachstum muss den Menschen dienen und nicht umgekehrt“, ruft ein Redner. Die Plakate der Schüler sind da etwas unpolitischer „Mit leerem Kopf nickt sich“s leichter“, steht auf einem.
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