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Von Sabine Schicketanz: Biosphäre soll Krokodil-Farm werden

Französische Firmengruppe „Montparnasse 56“ hat Potsdam angeboten, die Tropenhalle zu kaufen

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Bornstedter Feld - Die seit Jahren defizitäre Potsdamer Tropenwelt Biosphäre soll Europas zweite Krokodil-Farm werden. Die französische Firmengruppe „Montparnasse 56“, die in Berlin seit 1993 den Fernsehturm betreibt, hat der Stadt Potsdam ein Angebot gemacht, die Tropenhalle zu übernehmen oder zu kaufen. Das bestätigte Christina Aue, Geschäftsführerin der TV Turm Alexanderplatz Gastronomiegesellschaft mbH und für Montparnasse 56 für die Expansion in Berlin und Umland verantwortlich. „Wir brennen für die Idee“, sagte Aue. Die Biosphäre biete bereits viele Voraussetzungen, um Krokodile dort unterzubringen.

Vorbild für die Kroko-Sphäre soll die „La Ferme aux Crocodiles“ im französischen Pierrelatte im Rhônetal sein. Montparnasse 56 hat den Kroko-Zoo nach eigenen Angaben 2007 von den Gründer-Brüdern Luc und Eric Fougeirol erworben. Sie hatten sie 1994 eröffnet und schnell Erfolg gehabt. Bereits im ersten Jahr seien 250 000 Besucher durch die 8000 Quadratmeter große Halle und das 4000 Quadratmeter große Außengelände geströmt. Gezeigt werden dort rund 400 Krokodile, aktuell kämen mehr als 320 000 Besucher jährlich, sagt Aue. Besonderheit der französischen Krokodilfarm: Die Halle wird mit dem Kühlwasser des Atomkraftwerks Eurodif Pierrelatte auf 30 Grad erwärmt.

Das ermöglicht einen kostengünstigen Betrieb, von dem die Biosphäre bisher nur träumen kann. Hier müssen die 23 bis 28 Grad Lufttemperatur in der 7000 Quadratmeter großen Tropenhalle teuer bezahlt werden. Dabei bleiben die Besucherzahlen seit Jahren hinter den Erwartungen zurück. Im Durchschnitt kamen seit Eröffnung im September 2002 nur rund 139 000 pro Jahr. Die Folge: Potsdam hat seit der Insolvenz des letzten Betreibers – einer Tochterfirma der Hamburger Flebbe Filmtheater GmbH, die einst die Cinemaxx-Kinos betrieb – im Sommer 2007 Millionen in die Biosphäre gesteckt. Pro Jahr kostet der Betrieb die Stadt 1,3 Millionen Euro, 2009 wurden mit Nebenkosten knapp drei Millionen Euro gezahlt.

Doch der Betrieb in der für die Bundesgartenschau 2001 als Blumenhalle errichteten Biosphäre muss um jeden Preis aufrecht erhalten werden. 24 der 31 Millionen Euro Baukosten waren Fördermittel; wird die Halle nicht bis 2016 ihrem Zweck entsprechend genutzt, müssen Gelder zurückgezahlt werden. Die Ausschreibung für die Privatisierung der Biosphäre startete bereits im April 2008 – bislang gab es jedoch nur einen Bewerber, ein Konsortium um die SMG Deutschland. Sie will die Tropenhalle nach eigenen Angaben erhalten, aber inhaltlich besser aufstellen. Angesichts der Aussichten auf die Kroko-Sphäre hat die Stadt Potsdam das laufende Vergabeverfahren allerdings aufgehoben und will so bald wie möglich ein neues starten, an dem sich Montparnasse 56 beteiligen werde, wie Geschäftsführerin Aue sagte. Während das SMG-Konsortium angekündigt hat, rechtliche Schritte gegen die Stadt zu prüfen, sieht Potsdam sich juristisch auf der sicheren Seite. Wie ein Gutachten besagt, sei die Stadt laut kommunalem Haushaltsrecht verpflichtet, die Zuschüsse für die Biosphäre zu senken. Allerdings könne bei der Bietergemeinschaft kein wirtschaftliches Ergebnis der Vergabe erwartet werden. Montparnasse 56 dagegen sage der Stadt vorbehaltlich einer umfassenden Wirtschaftsprüfung zu, das wirtschaftliche Risiko allein zu tragen, so Aue. Sie betonte, es sei Konzept der Firmengruppe, „ursprüngliche Werte zu erhalten und weiterzuentwickeln“. Die „ursprüngliche Bestimmung“ der Biosphäre, unterhaltsam Wissen zu vermitteln, würde mit der Kroko-Sphäre erhalten bleiben. „Es wäre gewinnbringend für die Stadt“, so Aue, die mit Potsdam vertraut ist. Die 45-Jährige leitete bis zu ihrem Wechsel zum Fernsehturm im Herbst 2007 fünf Jahre das Schlosshotel Cecilienhof. Die Firmengruppe Montparnasse mit 200 Mitarbeitern ist nach eigenen Angaben auf Expansionskurs. Nach drei Jahrzehnten als Entwickler und Betreiber von Tourismusattraktionen in Frankreich und Europa wolle man weltweit neue Ziele erwerben und entwickeln, heißt es.

Aue versicherte, dass die Krokodile in einer Potsdamer Kroko-Sphäre wie in Frankreich artgerecht gehalten würden. Dort arbeite man mit der internationalen Kommission für Artenschutz zusammen. Die Farm diene auch wissenschaftlichen Studien der „ältesten Überlebenden der Evolutionsgeschichte“.

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