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Landeshauptstadt: Bis 2008 Aktionsplan gegen Lärm

Landesamt untersuchte Geräuschpegel an Potsdams Straßen / Abhilfe durch „Stadt der kurzen Wege“

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An Potsdams Hauptverkehrsstraßen ist es laut – wie laut genau, hat jetzt das Landesumweltamt gemäß der EU-Umgebungslärmrichtlinie ermittelt. So leben 5546 Potsdamer in Gegenden, in denen tagsüber ein Lärm von über 55 bis 60 Dezibel (dB) gemessen wird. Genau 238 Landeshauptstädter müssen am Tage sogar einen Schalldruck von über 75 Dezibel ertragen. Experten zufolge beginnen die gesundheitlichen Schädigungen bei Erwachsenen schon bei 60 dB bis 65 dB. 7179 Potsdamer sind der Studie des Landesumweltamtes zufolge selbst in der Nacht einem Geräuschpegel von über 45 bis 50 dB ausgesetzt. Und 17 Potsdamer wohnen demnach dort, wo es in der Nacht nicht leiser als 70 dB wird – das ist zum Vergleich der Schalldruck eines lauten Gesprächs oder eines vorbeifahrenden Autos. Ferner befinden sich laut Studie 37 Schul- und 20 Krankenhausgebäude in einem Lärmumfeld von über 65 dB.

Die Ergebnisse der durch das Landesumweltamt vorgenommen Lärmkartierung sind den Gemeinden des Landes zur Verfügung gestellt worden, auch Potsdam hat die Werte erhalten. Wie Hartmut Jonas, Referent für Lärmschutz bei Landesumweltamt, gestern den PNN erklärte, müssen die Gemeinden nun bis zum 18. Juli 2008 Aktionspläne gegen den übermäßigen Lärm erarbeiten. Für Potsdam werde die Erarbeitung eines solchen Aktionsplanes derzeit ausgeschrieben und Mitte 2008 vorliegen, teilte Stadtsprecherin Regina Haack gestern mit. Der Lärmaktionsplan werde sich am Luftreinhalteplan orientieren, so Regina Haack. Auch Lärmschutzreferent Jonas sieht einen engen Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und Lärm – Hauptursache beider Phänomene sei insbesondere in Potsdam der motorisierte Straßenverkehr.

Wie kaum in einer anderen märkischen Stadt führen in Potsdam Hauptverkehrsstraßen durch bewohnte Stadtgebiete. Extrem sei die Situation insbesondere in der Zeppelinstraße und der Behlertstraße, wo Wohnen und Durchgangsverkehr unmittelbar nebeneinander stattfindet. Der Lärmkarte zufolge wurden auch an der Breiten Straße, der Bundesstraße B 273 in Bornim, in der Kurfürstenstraße und der Hegelallee Werte von permanent über 60 bis 65 dB gemessen.

Jonas verdeutlicht Unterschiede zu anderen Städten Brandenburgs: In Cottbus gibt es einen Innenstadtring, in Brandenburg (Havel) immerhin einen halben, in Frankfurt (Oder) eine Ortsumgehung, wenn auch weit weg vom Zentrum. Am besten habe er die Situation in Nauen vorgefunden, wo eine neue Ortsumgehung der Bundesstraße 5 fast den gesamten Durchgangsverkehr aus der Stadt holte.

In Potsdam sei eine solche Umgehung mittels eines dritten Havelüberganges stark umstritten. Jonas erwähnt eine Studie, derzufolge ein dritter Havelübergang nicht zu einer starken innerstädtischen Verkehrsentlastung führen würde. Mögliche Abhilfe für Potsdam sei daher eher die Vermeidung von motorisierten Individualverkehr etwa durch Ausbau des Radwegenetzes. Hilfreich sei auch die Umsetzung der Idee „Stadt der kurzen Wege“ – beispielsweise durch Einkaufsmöglichkeiten in Wohnortnähe. Zur Lärmvermeidung hilfreich wäre ferner ein Lkw-Führungskonzept.

Lärm schadet nicht nur dem Gehör, sondern auch dem Herz-Kreislauf-System. Einer Studie des Umweltministeriums von Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2003 zufolge sterben im Jahr an den Folgeerscheinungen von zu viel Lärm statistisch 2,9 Menschen pro 10 000 Einwohner. Vier Menschen pro 10000 Einwohner sterben zudem jährlich an zu hoher Staubbelastung der Atemluft. Zum Vergleich: Durch Verkehrsunfälle sterben statistisch betrachtet nur 0,84 Menschen pro 10 000 Einwohner.

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