Landeshauptstadt: Bis 2011 soll Potsdams neue Synagoge stehen
Land entwickelt Areal an der Schlossstraße selbst / Neubauten nach historischem Vorbild geplant
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Innenstadt - Läuft alles nach dem Plan von Brandenburgs Finanzminister Rainer Speer (SPD), steht im Jahr 2011 an der Schlossstraße 1 in Potsdams Mitte eine neue Synagoge. Umgeben sein soll sie von Gebäuden, in denen ein Hotel, Geschäfte und Gastronomie untergebracht werden könnten. Die ersten Vorbereitungen für den Abriss des jetzigen Plattenbaus der ehemaligen DDR-Wasserwirtschaft und die Neubauten laufen bereits: Speer hat den Landesbetrieb für Liegenschaften und Bauen (BLB) beauftragt, das rund 2000 Quadratmeter große landeseigene Grundstück zu entwickeln. Dafür werde zunächst eine Marktanalyse erstellt, um herauszufinden, wie die Neubauten genutzt werden können. Mit den Erlösen aus künftigen Miet- oder Pachteinnahmen will das Land laut Speer den Bau der Synagoge unterstützen. Sie soll zwischen vier und fünf Millionen Euro kosten.
„Das ist eine gute, sehr nützliche Hilfestellung für uns“, sagte gestern Horst Mentrup, Vorsitzender des Bauvereins Neue Synagoge Potsdam e.V., zu den neuen Plänen für die Schlossstraße 1. Der Bauverein hatte seit mehreren Jahren versucht, den Synagogenneubau voranzubringen. Die Spenden flossen jedoch nicht wie erhofft; zudem hatte sich der Zentralrat der Juden in Deutschland zeitweise gegen das Vorhaben ausgesprochen. Dass jetzt das Land die Entwicklung des Areals samt Synagoge übernehme, „wird uns wahrscheinlich einen großen Schritt nach vorne bringen“, sagte Mentrup. Nun sei ein Architekturwettbewerb für die neue Synagoge möglich, mit dem Landesbetrieb Bauen werde bereits am Raumprogramm gearbeitet. Nötig seien beispielsweise Räume für das jüdische Ritualbad Mikwe, eine Bibliothek, ein Versammlungsraum und Platz für Sozialarbeit.
Sei klar, wie die neue Synagoge aussehen werde, ließen sich Spender leichter werben, so der Chef der Bauvereins: „Dann haben wir etwas zum Vorzeigen.“ Speer sagte, die Synagoge müsse „repräsentativ“ wirken, ein „eigenes Gesicht haben“ und dürfe trotz der nötigen Sparsamkeit bei den Betriebskosten „nicht profan und eingeengt“ erscheinen. Klar sei aber auch, dass es „eine enge Kostenkalkulation“ gebe, so der Minister: „Je größer, desto teurer im Unterhalt.“ Die weiteren Neubauten sollen sich an der historischen Bebauung entlang der Schloss- und Friedrich-Ebert-Straße orientieren.
Noch nicht genau definiert ist, wie das Land den Synagogenbau und auch den späteren Betrieb weiter unterstützen kann. Varianten sind ein Erbbauvertrag oder die Gründung einer Stiftung „Jüdisches Leben in Brandenburg“, sagte Mentrup. Das Land könnte beispielsweise der Stiftung später das gesamte Grundstück an der Schloss- und Friedrich-Ebert-Straße übertragen, womit die Mieter an sie ein Erbbauzins zahlen würden. Mit diesen Einnahmen könnte dann der Synagogen-Betrieb finanziert werden. Der Jüdischen Gemeinde Potsdam wäre dies laut Mentrup derzeit kaum möglich. Sie bekommt vom Land einen Zuschuss von 1300 Euro monatlich. Eine Erhöhung ist laut Finanzminister Speer frühestens 2010 möglich. Er betonte, die Entwicklung des Schlossstraße-Grundstücks sei ein wichtiger Beitrag für den Synagogenbau. „Normalerweise hätte ich das Grundstück verkauft.“ Dann jedoch wäre unsicher gewesen, ob der Käufer den Synagogenbau ebenfalls unterstützt hätte – und eine vertragliche Vereinbarung darüber sei sehr kompliziert.
Der schwierigste Part seines Plans ist für Speer jedoch nicht der Bau der Synagoge, sondern die Beilegung des Konflikts zwischen der Jüdischen Landesgemeinde und der Gesetzestreuen Jüdischen Landesgemeinde. Die Gesetzestreuen werfen dem Land vor, sie bei der staatlichen Förderung zu benachteiligen. Dagegen hat die Gemeinde kürzlich Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt und wartet derzeit auf eine Stellungnahme des Gerichts.
Finanzminister Speer möchte, dass beide jüdische Gemeinden die neue Synagoge gemeinsam nutzen. Dem erteilte der Vorsitzende der Gesetzestreuen Landesgemeinde, Shimon Nebrat, gestern jedoch eine Absage: Dies sei „absolut unmöglich“. Es handle sich um zwei verschiedene Religionsgemeinschaften. Das sei vergleichbar mit der evangelischen und katholischen Glaubensrichtung im Christentum, so Nebrat. Zur Gleichbehandlung gehöre, dass jede jüdische Gemeinde ihre eigene Synagoge bekomme.
Bauvereins-Chef Mentrup dagegen stellte klar, dass der Bauverein eine gemeinsame Synagoge mit der Gesetzestreuen Gemeinde wolle: „Wir sind gesprächsbereit.“ Auch bei der Jüdischen Gemeinde Potsdam mit ihren knapp 400 Mitgliedern gebe es laut Mentrup die Bereitschaft für Verhandlungen. Wie Minister Speer sagte, habe der Zentralrat der Juden in Deutschland signalisiert, sich für eine Lösung des Streits einzusetzen; darüber habe er vor der Entscheidung für die verstärkte Unterstützung des Synagogenneubaus mit der Zentralrats-Vorsitzenden Charlotte Knobloch und Generalsekretär Stephan J. Kramer gesprochen.
Ungeachtet der Auseinandersetzung will der Bauverein Anfang Dezember seine nächste Spendenaktion starten: Es würden „Bausteine“ für je 20 Euro angeboten, sagte Mentrup. S. Schicketanz
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