Von Guido Berg: Blicke nach Jerusalem
Ein Bethaus für alle Völker – Architekt Jost Haberland stellt seinen erneuerten Entwurf für Potsdams Synagoge vor
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Innenstadt - Mit einem zehn Meter hohen und etwa 50 Zentimeter breiten Lichtschlitz in Richtung Jerusalem präsentiert sich der überarbeitete Entwurf für die neue Potsdamer Synagoge. Der Berliner Architekt Jost Haberland wird die aktuellen grafischen Visualisierungen am Sonntag in Potsdam ab 11 Uhr in der Galerie der Fachhochschule Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 4, der Öffentlichkeit vorstellen.
Der erneuerte Entwurf ist gegenüber seinem Wettbewerbsbeitrag um ein Geschoss reduziert und nach hinten erweitert, erklärte Haberland gestern den PNN. Zudem wird die Dachterrasse für das Laubhüttenfest von einem Geländer eingefasst. Völlig neu konstruiert wurde der Innenraum des großen Gebetssaales. Im ursprünglichen Vorschlag waren die Sitzbänke kreisrund angeordnet. Auf Wunsch des Berliner Rabbiners Yitzhak Ehrenberg sind die festinstallierten Sitzreihen nun direkt in Richtung der Stadt Jerusalem ausgerichtet. Der bislang lediglich nach oben geöffnete große Gebetsraum erhält einen Sichtschlitz, der virtuell die Blickrichtung nach Jerusalem erlaubt und konkret die Sicht auf den neuen Landtag frei gibt. Haberland zufolge ist der große Gebetssaal 9,50 Meter hoch und bietet 112 Personen Platz. Hinzu kommen 52 Plätze auf der Frauen-Loge. Weitere 49 Plätze können „zugeschaltet“ werden durch Öffnung des kleinen Gebetsraumes. Der große Saal werde eine „sehr gute Akustik“ aufgrund einer Holzverkleidung als Schallabsorbtionsfläche im hinteren Bereich haben.
Wesentliche Änderungen nahm Haberland auch an der Fassade vor: Neben dem drei Meter breiten und sieben Meter hohen Eingangsportal werde mit hebräischen Schriftzeichen ein horizontal angebrachtes Tora-Zitat stehen. Ausgewählt wurde der Spruch durch den Rabbiner Ehrenberg; er lautet: „Denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden – für alle Völker.“ Der Tora-Spruch soll laut Haberland in eine senkrechte Steinplatte eingemeißelt werden. Sein Wunsch ist, die Buchstaben zu vergolden, doch das sei noch nicht geklärt. Das Portal selbst ist aus Bronze – „das altert sehr schön“, erklärt der Wettbewerbssieger.
Als eine „Verfeinerung der ursprünglichen Idee“ bezeichnet Haberland die Entscheidung, die aus gelblichen Ziegeln gefertigte Fassade mit einer dünnen aufgeschlemmten Putzschicht zu überziehen. Putz sei ortstypisch; gleichzeitig werde durch das Durchschimmern der Ziegelstruktur „der Autonomieanspruch der Synagoge gegenüber den Bürgerhäusern“ gewahrt. Es entstehe eine Harmonie mit dem benachbarten Kabinetthaus, ohne das die besondere Ausstrahlung, die ein Gotteshaus benötige, verloren geht.
Haberland zufolge habe es einen sehr anstrengenden und fruchtbaren Dialog mit der jüdischen Gemeinde gegeben, der zu einem Kompromiss geführt habe. Die Ergebnisse eines am Donnerstagabend stattgefundenen Gespräches zwischen dem Synagogenbau-Verein und dem Kritiker des Haberland-Entwurfes, Ud Joffe, seien „unbestimmt“, sagte Haberland. Der Bauvereinsvorsitzende Horst Mentrup sprach von einer intensiven Runde, bei der Positionen ausgetauscht wurden. Joffe hatte eine repräsentativere Synagoge angemahnt, die nicht nur den Bedürfnissen der jüdischen Gemeinde entsprechen, sondern attraktiv sein müsse für alle Potsdamer Bürger jüdischen Glaubens. Nur durch eine attraktive Synagoge habe das Judentum in Potsdam eine Zukunftschance.
Für weitere Diskussionen steckte Mentrup gestern gegenüber den PNN einen engen Rahmen ab. Das Projekt sei gebunden an das Grundstück in der Schloßstraße 1 und an die von Land vorfinanzierte Bausumme von fünf Millionen Euro. „Dadurch ist eine bestimmte Größe vorgegeben.“ Es gebe ferner religiöse Eckwerte, das Ergebnis eines Wettbewerbs mit Haberland als Sieger sowie einen Zeitplan. Der Baubeginn ist Mentrup zufolge im Frühjahr 2011 vorgesehen, die Fertigstellung ein Jahr darauf. Der Plattenbau in der Schloßstraße sowie das komplette Gebäude der Wasserwirtschaft werde im August dieses Jahres abgerissen.
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