Landeshauptstadt: Bloß keinen Datenfriedhof
Sozialplanerin Juliane Nachtmann will Gesundheitsatlas für Potsdam erarbeiten
Stand:
Sind die Bewohner des Bornstedter Feldes gesünder als diejenigen, die am Schlaatz leben? Neigen Potsdamer in Waldstadt eher zu Übergewicht als die in Potsdam-West? Ist der Anteil von Kindern mit Sprachproblemen in allen Stadtteilen gleich hoch? Antworten auf diese Fragen sucht Juliane Nachtmann. Seit einem Jahr arbeitet die 33-Jährige als Gesundheits- und Sozialplanerin im Potsdamer Rathaus. Eines ihrer Projekte für 2012 ist der „Potsdamer Gesundheitsatlas“: Dafür will die Soziologin unter anderem die Daten aus Schuleingangs- und -abgangsuntersuchungen für die einzelnen Stadtteile auswerten, aber auch Zahlen aus anderen Statistiken, etwa zur Arbeitslosigkeit, einbeziehen.
Dass es einen Zusammenhang zwischen sozialer Stellung und Gesundheit gibt, ist in der Forschung längst bekannt, weiß Juliane Nachtmann: „Aber wie gestaltet sich das konkret in Potsdam? Je besser wir darüber Bescheid wissen, umso gezielter können wir Maßnahmen dagegen ergreifen.“ Denn das Bauchgefühl allein ist kein ausreichendes Argument für Entscheidungen der Verwaltung und Lokalpolitik: „Wir müssen das mit harten Zahlen unterfüttern“, sagt die Sozialplanerin.
Statistische Daten auswerten, Einschätzungen vornehmen, Prognosen abgeben, Rathausmitarbeiter beraten, aber auch in Netzwerken mit Sozialträgern oder Betroffenen zusammenkommen – das alles gehört zu Juliane Nachtmanns Aufgaben. „Es darf natürlich keinen Datenfriedhof geben“, betont sie: „Daten müssen in Taten münden.“
Zweites Schwerpunktthema für dieses Jahr neben dem Gesundheitsatlas ist ein Bericht zum Älterwerden für Menschen mit Behinderungen: Wie wollen diese Potsdamer leben, wenn sie nach einem Arbeitsleben in einer der Werkstätten in den Ruhestand gehen? Was passiert nach dem Tod der Eltern, die oft wichtige Bezugspersonen sind?
Mit Forschung zu älteren Menschen hat sich Juliane Nachtmann auch beschäftigt, bevor sie 2011 ins Potsdamer Rathaus wechselte. Nach dem Soziologiestudium in Leipzig und im neuseeländischen Christchurch arbeitete sie zunächst am Deutschen Zentrum für Altersfragen in Berlin, seit 2009 an der Universität Bremen am Institut für Public Health und Pflegeforschung. Ihre Doktorarbeit zur Gewalt in der Pflege älterer Menschen steht jetzt kurz vor dem Abschluss.
Auch für die im Landesvergleich junge Stadt Potsdam werden ältere und hochbetagte Menschen ein noch wichtigeres Thema als bislang werden, meint Juliane Nachtmann: Das werden etwa Arbeitgeber merken, wenn Mitarbeiter ihre Angehörigen pflegen wollen. Eine weitere Frage, die die Sozialplanerin umtreibt: Wie wirkt sich dabei der Trend zur Patchwork-Familie aus? Für wen fühlt man sich dann im Alter verantwortlich?
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: