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Störanfällig. Tsunami-Messbojen.

© GFZ

Homepage: Bojen außer Kontrolle Tsunami-Messbojen vor Indonesien sind defekt

Enttäuschung am Potsdamer GeoForschungsZentrum (GFZ): Nach der offiziellen Übergabe des Tsunami-Frühwarnsystems an die Indonesische Regierung im März hat sich nun herausgestellt, dass von den vom GFZ gebauten Tsunami-Messbojen derzeit keine einzige in Betrieb ist. Ein ARD-Fernsehteam fand einige der Bojen nun im Hafen von Padang, verbeult und nicht einsatzfähig.

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Enttäuschung am Potsdamer GeoForschungsZentrum (GFZ): Nach der offiziellen Übergabe des Tsunami-Frühwarnsystems an die Indonesische Regierung im März hat sich nun herausgestellt, dass von den vom GFZ gebauten Tsunami-Messbojen derzeit keine einzige in Betrieb ist. Ein ARD-Fernsehteam fand einige der Bojen nun im Hafen von Padang, verbeult und nicht einsatzfähig. Die Messbojen sind beschädigt oder aus ihrer Verankerung gerissen, bestätigte auch das GFZ.

Insgesamt gibt es 16 Tsunami-Messbojen vor der indonesischen Küste, darunter auch solche indonesischer und amerikanischer Bauart. In Betrieb ist laut ARD-Weltspiegel derzeit nur eine. Die acht deutschen Bojen sind alle ausgefallen. Nach Angaben des GFZ sind dafür Einflüsse von außen verantwortlich. Bereits vor einem Jahr war bekannt geworden, dass eine Boje nach einer Schiffskollision verschwunden war, auch würden Fischerboote die Bojen zum Festmachen missbrauchen. Offensichtlich sei in Indonesien versäumt worden, die Bojen regelmäßig zu warten, so der Projektkoordinator des GFZ für das Tsunami-Frühwarnsystem im Indischen Ozean, Jörn Lauterjung.

Im November soll nun eine deutsche Delegation nach Asien reisen und die Geräte überprüfen. Das Warnsystem funktioniert den Wissenschaftlern zufolge aber auch ohne Bojen. Die eigentliche Tsunami-Warnung werde innerhalb von drei bis fünf Minuten aufgrund von seismischen Informationen von Land-basierten Instrumenten ausgesprochen, erklärt Lauterjung. Die entscheidende Information für die Tsunami-Modellierung und schnelle Warnung komme von den Seismometern und GPS-Stationen an Land, die nach einem Beben anzeigen, wie sich der Ozeanboden verformt hat. Weshalb das Warnsystem auch ohne die Bojen funktioniere, die die Veränderungen des Meeresspiegels messen sollen.

„Das Tsunami-Frühwarnsystem in Indonesien besteht aus mehr als 300 Mess-Systemen. Kernstück des Warnsystems ist die schnelle Bestimmung von Erdbebenparametern – Lage, Tiefe, Magnitude – mit 160 Seismometern an Land als schnellste und wichtigste Grundlage für die Tsunamimodellierung und -warnung“, so Projektchef Lauterjung. Diese Informationen würden dann durch Daten von GPS-Stationen, Küstenpegeln und Mess-Bojen weiter erhärtet. „Die Tsunami-Warnung erfolgt also, wie auch in allen anderen Tsunami-Warnsystemen weltweit, nicht auf Basis der Messbojen.“ Bojen seien allgemein als störanfällig bekannt. „Deshalb bilden sie auch im indonesischen System nicht das Herzstück.“

Das Warnsystem selbst ist nach Angaben des GFZ voll funktionsfähig. Das System habe dies mehrfach unter Beweis gestellt, zuletzt mit der Tsunami-Entwarnung nach dem Bali-Beben vom 13. Oktober. Zweifel an der Zweckmäßigkeit der von der GFZ entwickelten Bojen äußerte der Leiter der in Paris ansässigen zwischenstaatlichen Ozeanographischen Kommission, Ulrich Wolf. „In meinen Augen ist der Kosten-Nutzen-Faktor so schlecht, dass man von Offshore-Bojensystemen dort Abstand nehmen sollte“, sagte der deutsche Wissenschaftler. Die Wartung der Bojen sei sehr teuer. Und alle Versuche, die Fischer davon abzuhalten, die Bojen für ihre Zwecke, etwa zum Festmachen ihrer Boote, zu nutzen, seien fehlgeschlagen. Auch Wolf wies darauf hin, dass das Warnsystem auch ohne die Bojen funktioniere: „Die Bojen sind nur dazu da, diese Warnung zeitnah zu bestätigen oder zu falsifizieren.“

Das Frühwarnsystem war entwickelt worden, um die Bevölkerung rund um den Indischen Ozean vor Flutwellen wie jener vom Dezember 2004 zu warnen, die über 230 000 Menschen das Leben kostete. Erst im März dieses Jahres war das Tsunami-Warnsystem an Indonesien übergeben worden, womit die Verantwortung nun auch dort liegt. Das System kostete insgesamt rund 100 Millionen Euro, wovon 45 Millionen Euro aus Deutschland kamen. Die nun außer Kraft gesetzten Bojen hatten daran einen Anteil von rund drei Millionen Euro. (mit dpa)

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