Landeshauptstadt: Bollhagen: Forschungsauftrag ans ZZF Jakobs und Bollhagen-Erben für Beteiligung von Wissenschaftlern am Hedwig-Bollhagen-Museum
Das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) soll sich an der Konzeption für das geplante Hedwig-Bollhagen-Museum in Potsdam beteiligen. Darauf haben sich die Erbin der Keramikerin Hedwig Bollhagen, Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Bollhagen-Anwalt Lothar de Maiziére verständigt, wie die Stadt gestern mitteilte.
Stand:
Das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) soll sich an der Konzeption für das geplante Hedwig-Bollhagen-Museum in Potsdam beteiligen. Darauf haben sich die Erbin der Keramikerin Hedwig Bollhagen, Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Bollhagen-Anwalt Lothar de Maiziére verständigt, wie die Stadt gestern mitteilte. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung sollen in die geplante Dauerausstellung, die im Sommer 2008 im Barockhaus „Im Güldenen Arm“ in der Elfleinstraße eröffnen soll, einfließen, heißt es weiter. ZZF-Direktor Martin Sabrow verbindet mit dem Forschungsauftrag die Hoffnung, „das Wissen um die Geschichte Potsdams, Brandenburgs und Berlins in der NS-Zeit weiter zu vertiefen“, wie er gestern den PNN sagte: „Das muss unser aller Interesse sein.“
Das Museumskonzept war unlängst in die Kritik geraten (PNN berichteten): Nach neueren Archivfunden – darunter ein Auftrag des SS-Reichsführers an die HB-Keramik-Werkstätten – hatten Rüdiger Hachtmann vom ZZF sowie die Kulturwissenschaftlerin Ursula Hudson-Wiedenmann die systematische Aufarbeitung der Geschichte der Keramik-Werkstätten in Marwitz gefordert. Denn ungeklärt sind bisher die genauen Hintergründe der Übernahme des Betriebes von dessen jüdischer Vorbesitzerin und Gründerin Margarete Heymann-Loebenstein sowie die Verkaufspolitik der Werkstätten im Dritten Reich. Baubeigeordnete Elke von Kuick-Frenz (SPD), die in der Verwaltung für das geplante Museum verantwortlich war, hatte in einem TV-Interview die geschichtliche Auseinandersetzung mit den Anfängen der HB-Werkstätten zunächst allerdings abgelehnt.
Bollhagen hatte die Werkstätten 1934 von Margarete Heymann-Loebenstein übernommen. Noch im Katalog zur Bollhagen-Ausstellung anlässlich ihres 100. Geburtstages im Jahr 2007 im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) heißt es dazu, „dass die Liquidation nachweisbar wirtschaftlich bedingt und nicht unter dem Druck rassischer Verfolgung erfolgt ist“. Autor war Bollhagen-Anwalt De Maiziére. Unter welchen Vorzeichen der „Verkauf“ stattfand, lässt sich in den Akten des Brandenburgischen Landeshauptarchivs nachlesen: Demnach hatte Heymann-Loebenstein den Betrieb im Sommer 1933 geschlossen und war geflohen, da sie nach der Denunzierung „wegen Verächtlichmachung und Herabsetzung der Deutschen Staatsautorität“ ihre Inhaftierung befürchten musste. Die Kaufverhandlungen führte ein Vertreter der Keramikerin. Am 26. April 1934 kaufte Heinrich Schild, NSDAP-Mitglied, Generalsekretär des Reichsstandes des deutschen Handwerks und Freund Bollhagens, den Betrieb zum Spottpreis. Am 1. Mai 1934 ging er wieder in Produktion – unter künstlerischer Leitung von Bollhagen. Beim Vergleich des ersten HB-Katalogs mit dem letzten Haël-Katalog stellte die Kulturwissenschaftlerin Ursula Hudson-Wiedenmann eine Übereinstimmung der Formen zu „50 Prozent plus“ fest. Das Verschweigen von Heymann-Loebensteins Anteil am Erfolg von Bollhagen bezeichnet sie als „zweiten Mord am Ruf dieser Person“.
Gudrun Gorka-Reimus, die Kuratorin der Bollhagen-Ausstellung HBPG, und HBPG-Chef Gert Streidt betonten gestern gegenüber den PNN, dass die Recherchen für die Ausstellung im HBPG erst Anstöße für die Diskussion um HB gegeben haben. Gleichzeitig stellten sie klar, dass Heymann-Loebenstein bis zu ihrer endgültigen Ausreise 1936 an den Erlösen der HB-Werkstätten beteiligt worden sei. Gorka-Reimus und Streidt halten es zudem für „verfehlt, von einem Großauftrag des ,Reichsführers SS“ auf eine Systemnähe Hedwig Bollhagens zu schließen“. Sie verweisen unter anderem darauf, dass Bollhagen Künstler beschäftigte, „die von den Nationalsozialisten verfemt waren“. Sie betonen auch, dass eine „wirtschaftshistorische Analyse“ noch ausstehe: „Zu den Einzelheiten des Verkaufs sind weitere Forschungen und Bewertungen des vorliegenden Quellenmaterials dringend notwendig.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: