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Evakuierung in Potsdam: Bombe im Schlamm

Verkehrschaos und Evakuierung: Am Dienstag sollen eine Fliegerbombe und eine Granate in Zentrum Ost entschärft werden

Stand:

Innenstadt/Zentrum Ost - Fast menschenleer sollen große Teile der Potsdamer Innenstadt am kommenden Dienstag sein. Der Grund dafür ist die geplante Entschärfung einer 250 Kilogramm schweren amerikanischen Fliegerbombe. Sie wurde am Mittwoch unweit der Brücke des Humboldtrings über die Nuthe in Zentrum Ost im Fluss entdeckt. Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes suchen dort derzeit planmäßig nach Sprengkörpern. Es ist die dritte Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die in diesem Jahr in Potsdam entdeckt worden ist.

Große Teile der Innenstadt, Zentrum Ost und das Gebiet um den Hauptbahnhof müssen ab 8 Uhr für die Dauer der Entschärfungsaktion geräumt werden. Betroffen sind nach Angaben der Stadtverwaltung etwa 9000 Bewohner. Es handelt sich um eine der größten Evakuierungsaktionen in Potsdam.

Wegen der Sperrung der Langen Brücke und des Hauptbahnhofs ist mit massiven Behinderungen auf den Straßen und im Schienenverkehr zu rechnen. Die Stadtverwaltung empfiehlt allen Autofahrern, das Gebiet weiträumig zu umfahren. Die Umleitung für Autos aus dem Süden der Stadt verläuft über die Heinrich-Mann-Allee und den Horstweg zur Nuthestraße. Zusätzlich problematisch ist dabei, dass die Humboldtbrücke wegen der laufenden Sanierung für Fahrzeuge mit mehr als 7,5 Tonnen Gewicht ohnehin gesperrt ist. Daher sei ab 8 Uhr die Innenstadt von Süden aus nicht mehr für Lkw erreichbar. Die nächsten für den Schwerverkehr befahrbaren Havelübergänge sind die Autobahnbrücke der A10 und die Brücken in Berlin-Spandau.

Die S-Bahn wird ab 8 Uhr bis voraussichtlich 18 Uhr in Babelsberg enden. Von dort soll im 10-Minuten-Takt Richtung Berlin gefahren werden. Die Züge des RE 1 fahren von 8 Uhr bis 10.30 Uhr ohne Halt im Potsdamer Hauptbahnhof durch und halten halbstündlich in Potsdam-Charlottenhof und Potsdam-Sanssouci. Von 10.30 Uhr bis etwa 18 Uhr fallen die Züge zwischen Griebnitzsee und Park Sanssouci aus und werden durch Busse ersetzt. Die Regionalbahn 20 nach Hennigsdorf fährt von Werder/Havel über Golm. Die Regionalbahnen 21 nach Wustermark und 22 zum Flughafen Schönefeld beginnen in Potsdam Park Sanssouci. Dort starten auch die Züge des RB 23 nach Michendorf. Fernzüge fahren über den Berliner Außenring und Spandau nach Berlin. Die Trams der Linien 94 und 99 sollen auch während der Evakuierung über die Humboldtbrücke fahren. Genauere Informationen waren vom Potsdamer Verkehrsbetrieb (Vip) am Donnerstag nicht zu erhalten.

Am Dienstag sollen alle Bewohner den Sperrkreis (siehe Grafik) bis 8 Uhr verlassen haben. Dieser umfasst das Gebiet zwischen Humboldtbrücke und Nuthestraße, Friedrich-Engels-Straße, Friedhofsgasse, Heinrich-Mann-Allee, Lange Brücke, Humboldtstraße, Am Alten Markt, Am Kanal und Türkstraße. Die Stadt Potsdam stellt für die betroffenen Anwohner Aufenthaltsmöglichkeiten im Waschhaus und auf dem Gelände der Jugenkulturzentrums „Freiland“ zur Verfügung und hat ein Bürgertelefon unter Tel.: (0331) 28 90 eingerichtet. Die Rosa-Luxemburg-Grundschule, die Lenné-Gesamtschule und die Grundschule Am Humboldtring liegen im Sperrkreis und bleiben während der Evakuierung und Entschärfung ebenso geschlossen wie vier Kitas in der Burgstraße, Am Kanal und im Zentrum-Ost. Drei Altenpflegeeinrichtungen gibt es in dem Gebiet. Außerdem leben dort nach Angaben der Stadtverwaltung etwa 3000 Menschen, die älter als 70 Jahre sind.

Erst wenn sich im Sperrkreis keine Menschen mehr aufhalten, kann Sprengmeister Mike Schwitzke vom Kampfmittelräumdienst die beiden mechanischen Zünder aus der Bombe entfernen. Vorher muss der 1,50 Meter lange Sprengkörper, in dem 120 Kilogramm TNT stecken, von einem Bagger ans Ufer gebracht werden. Eine Sprengung vor Ort komme nicht infrage. Nur 35 Meter vom Fundort entfernt steht ein 14-geschossiges Wohnhaus. Bei einer Detonation könnten Splitter bis zur Langen Brücke fliegen. Neben der Bombe wurde auch eine sowjetische Panzerabwehrhandgranate gefunden. Auch sie soll nach der Bombenentschärfung gesprengt werden.

HINTERGRUND

Die letzte Evakuierungsaktion in dieser Größenordnung gab es im vergangenen Jahr Am Stern. Dort hatte im Oktober 2012 ein Hausbesitzer auf seinem Grundstück eine Bombe vermutet – zu Recht. Für die Entschärfung mussten etwa 10 500 Menschen den Stadtteil verlassen. Nur bei zwei Bombenentschärfungen in der Lotte-Pulewka-Straße im Jahr 2006 mussten mehr Menschen das betroffene Gebiet verlassen. Damals wurden neben dem Zentrum-Ost auch Teile der Innenstadt einschließlich des Bergmann-Klinikums geräumt. Etwa 12 000 Menschen waren betroffen. In diesem Jahr sind bereits zwei Fliegerbomben entdeckt worden: Im April und im Mai wurde jeweils eine 250 Kilogramm schwere britische Fliegerbombe in der Nähe des Deutschen Wetterdienstes und in einem Waldgebiet am Sportplatz an der Templiner Straße gefunden. Mehrere Hundert Menschen mussten das Gebiet verlassen. Die Halbinsel Hermanswerder war abgeschnitten. (mar)

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