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Homepage: Brandenburg nicht als Verlierer

Gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern im Hochschulwesen

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Gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern im Hochschulwesen Die deutsche Bildungs- und Wissenschaftslandschaft befindet sich mehr denn je im internationalen Wettbewerb. Nicht Niedriglöhne sondern kluge Köpfe mit guten Ideen werden darüber entscheiden, ob Deutschland auch zukünftig seinen Wohlstand erhalten kann. Deshalb ist es wichtig und notwendig, dass die Diskussion über die deutsche Bildungs- und Wissenschaftslandschaft in Bewegung geraten ist. Ob einheitliche Bildungsstandards oder Spitzenförderung an unseren Universitäten, Studiengebühren oder Grundsicherung – eins scheint in diesen Tagen klar zu sein: es bedarf einer gemeinsamen Kraftanstrengung, um Deutschland im europäischen Raum und darüber hinaus auf Spitzenposition zu bringen. Jedoch scheint dieses Ziel bei der aktuellen Diskussion um die Neuordnung der föderalen Strukturen, also dem Verhältnis von Bundes- und Landeskompetenzen, aus den Augen zu geraten. Auch der jüngste Streit um die angekündigte Initiative des Bundes zur Auslobung eines Wettbewerbs um Spitzenuniversitäten macht das Dilemma offensichtlich. Immerhin geht es um insgesamt 1,9 Milliarden Euro, die investiert werden sollen, um international herausragende Spitzenhochschulen und Exzellenznetzwerke zu fördern. Seit der Bekanntgabe dieses Vorhabens sind wertvolle Monate ins Land gegangen, weil die Länder den Ausgang der Föderalismusdebatte abwarten wollen. Nach dem Motto: ist der Bund überhaupt berechtigt, durch finanzielle Unterstützung in die Hochschulpolitik der Länder einzugreifen? Derselbe Kraftakt war beim Ganztagsschulprogramm der Bundesregierung zu verfolgen. Wie sträubten sich die CDU- geführten Bundesländer gegen die angebliche Einmischung des Bundes in Form von 4 Milliarden Euro! Inzwischen sprechen die Zahlen für sich. Mehr als 1000 Ganztagsschulen sind bundesweit entstanden und leisten einen Beitrag, soziale Unterschiede auszugleichen und Familie und Beruf besser in Übereinstimmung zu bringen. Hier profitieren alle Bundesländer von der Bundesförderung. Und der Bedarf liegt noch weit höher, als mit dem bereitgestellten Geld gedeckt werden könnte. Am 17. Dezember 2004 wird die Föderalismuskommission ihre verfassungsändernden Vorschläge präsentieren. Während 78 Prozent der Bevölkerung für mehr bundeseinheitliche Regelungen im Bildungsbereich plädieren, laufen die Vorschläge in eine andere Richtung. Beispiel Hochschulbauförderung: Der Bund beteiligt sich seit 1970 im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau am Aus- und Neubau von Hochschulen und Hochschulkliniken. Ob Grunderwerb, Baukosten, Ersteinrichtung oder Großgeräte – der Bund finanziert 50 Prozent der Kosten. Dass Bund und Länder solidarisch zusammen wirken, hat sich also auch im gesamtstaatlichen Interesse durchaus bewährt. Insbesondere die neuen Bundesländer haben davon in erheblichem Umfang profitiert. Rund 2,6 Milliarden Euro an Bundesmitteln flossen von 1991 bis 2002 in dringende Bau- und Sanierungsmaßnahmen, Bibliotheken und Computer. Ein Bund-Länder-Programm, das sich also gerade für die ostdeutschen Hochschulen auszahlt. Doch die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau, die im Grundgesetz in Artikel 91a festgeschrieben ist, soll beendet werden. Wie notwendige Investitionsmaßnahmen künftig aus eigener Kraft realisiert werden sollen, ist völlig unklar. Ohne Mitverantwortung des Bundes für den Hochschulbau würden Brandenburg und ebenso die anderen ostdeutschen Bundesländer zu den Verlierern zählen und im Wettbewerb um Spitzenleistungen abgehängt werden. Dabei sind gut ausgestattete Hochschulen die Voraussetzung dafür, den Studierenden erst ein hochwertiges Studium und später ein gutes Umfeld für Forschung und Karriere bieten zu können. Deshalb schauen sowohl ausländische als auch deutsche Nachwuchsforscher sehr genau darauf, welchen Weg wir mit unserem Bildungs- und Wissenschaftssystem einschlagen. Wer die Abwanderung von Spitzenforschern, den „Braindrain“, beklagt, der sollte alles dafür tun, dass ein echter Austausch von Erfahrungen und Kompetenz im Bereich der Forschung stattfindet, also deutsche Forscher nach einem Auslandsaufenthalt in ein forschungsfreundliches Deutschland gerne zurückkehren, wir auf der anderen Seite aber auch attraktiv für ausländisches Spitzenpersonal sind. Unsere Aufgabe muss deshalb sein, dass sich unsere Hochschulen zu europäischen Magneten entwickeln und dort europäische Forscherkarrieren gefördert werden. Wir sollten mutig all die Strukturen verändern, die sich nachteilig auf die Mobilität der europäischen Spitzenforscher auswirken. Unser Potenzial sind Ideen. Aber Ideen können nur da entstehen, wo die Rahmenbedingungen stimmen. Spiegelbild für die bereits gesteigerte Attraktivität sind die Studierendenzahlen, die sich in Deutschland nicht nur insgesamt sondern auch bei den ausländischen Studierenden erhöht haben. Waren es 1996 noch 150 000 ausländische Studenten, so verzeichneten wir 2002 bereits über 200 000. Auch insgesamt ist die Studierendenquote seit der BAföG-Reform im Jahr 1999 von 28,5 Prozent auf 35,6 Prozent kräftig gestiegen. Doch das ist nur ein Anfang. Als ostdeutsche Bundestagsabgeordnete bin ich deshalb der Überzeugung, dass es bei einer gemeinsamen Verantwortung von Bund und Ländern bleiben muss. Andrea Wicklein ist Potsdamer Bundestagsabgeordnete der SPD und stellvertretende forschungspolitische Sprecherin der SDD-Bundestagsfraktion.

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