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Von Susann Fischer: Brandenburgs berühmtestes Viertel

Die „Berliner Straße“ in den Filmstudios ist Kulisse für große Filme von Spacey, Polanski und Schlöndorff

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Babelsberg - „Neulich war Krieg“, sagt Robert Krüger. Überall Einschusslöcher und Glassplitter. Aber zum Glück war alles nur Kulisse. Krüger ist Kunstmaler und einer von 30 festen Mitarbeitern bei der Art Department Studio Babelsberg GmbH in Potsdam. Die Maler, Tischler, Stuckateure und Schlosser bauen die Dekorationen für die Filmproduktionen bei der Studio Babelsberg AG. Sie schaffen täuschend echte Umgebungen.

Vor zehn Jahren bildeten die Dekorationsbauer einen ganzen Straßenzug aus Metall, Holz und Gips nach. Leander Haußmann wollte damals den Film „Sonnenallee“ drehen. Nur sechs Wochen hatten die Handwerker von Art Department Zeit, die Kulisse zu errichten. Sie ließen 20 Meter hohe Stahlträger sechs bis sieben Meter tief in die Erde rammen und bauten eine typische Berliner Straßenszene nach.

Deshalb trägt die Straße bei den Studios auch den Namen „Berliner Straße“. Das Budget für den Haußmann-Film sei eher klein gewesen, erinnert sich der Chef von Art Department, Michael Düwel. Das Geld reichte nur für 60 Prozent der Fassaden. Der Rest wurde vorgetäuscht.

In den Folgejahren wurde die „Berliner Straße“ für verschiedenste Filmprojekte weiter ausgebaut. Inzwischen ist sie weltberühmt. Kevin Spacey drehte dort „Beyond the Sea“. Volker Schlöndorff ließ Szenen für „Die Stille nach dem Schuss“ filmen, Roman Polanski nutzte die Kulisse für seinen Film „Der Pianist“ und bei Margarethe von Trotta wurde die Kulisse zur „Rosenstraße“. Mehr als 50 Projekte wurden in der „Berliner Straße“ realisiert, darunter auch Foto-Aufnahmen oder Werbefilme.

Für jedes Projekt denkt sich Robert Krüger nach Vorgaben seiner Kunden etwas Neues aus. Der Leiter der Malerei von Art Department gestaltet die Fassaden ständig um. „Das macht Riesenspaß“, sagt der 50-Jährige Babelsberger. Vor jedem neuen Projekt liest Krüger zunächst das Drehbuch, um sich einzuarbeiten. Dann kommen die Filmarchitekten und Einrichter, um ihre Pläne vorzustellen.

Das Team von Art Department macht sich an die Arbeit. Für „Der Pianist„ wurde die Straße ergänzt. Ebenfalls für den Polanski-Film wurden Straßenbahngleise verlegt. Während der Dreharbeiten fuhr darauf eine alte Tram aus einem polnischen Museum. Die Batterien für den Antrieb der nicht mehr fahrtüchtigen Tram lagen auf einem für den Zuschauer unsichtbaren Geländewagen.

Als kürzlich Kriegsszenen gedreht wurden, musste Art Department nicht nur Einschusslöcher imitieren. Auch 200 Kubikmeter Schutt mussten angekarrt und drapiert werden. Die Fenster, die normalerweise aus Sicherheitsglas bestehen, wurden ausgetauscht. Schließlich sollten sie bei den Kriegsaufnahmen zerbersten. Gedreht wurde “Hilde„, ein Film über die Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef. Die Hauptrolle in dem Werk von Regisseur Kai Wessel spielt Heike Makatsch.

In der „Berliner Straße“ könnten die Filmcrews in aller Ruhe ungestört arbeiten, nennt Düwel einen der wichtigsten Vorteile des Studios. Anders als in realen Straßen müssten keine Autos umgeparkt oder Anwohner belästigt werden. Außerdem gebe es kaum noch Straßenzüge, in denen nur unsanierte Häuser stünden. Frisch sanierte Häuser für Filmarbeiten mit einer Patina zu versehen, sei sehr aufwendig. Die Fassaden in der „Berliner Straße“ entsprechend dem gefragten Filmzeitalter zu gestalten, ist aus Sicht von Krüger „nicht direkt Kunst“. Aber eine Art und Weise, die Wirklichkeit künstlich zu interpretieren. In Hochzeiten bereitet Art Department die Dreharbeiten für große Produktionen mit bis zu 250 Leuten aus allen handwerklichen Bereichen vor.

Auf dem Studiogelände in Babelsberg wurden beispielsweise Baracken eines Konzentrationslagers für den Oscar-gekrönten Film „Die Fälscher“ von Regisseur Stefan Ruzowitzky nachgebaut. Für die „Berliner Straße“ laufen auch schon wieder die nächsten Projektvorbereitungen. Die Straße soll bald im 30er-Jahre-Look erscheinen soll. Ab Mitte September soll gedreht werden. Was dieses Mal gespielt wird, ist noch geheim.

Susann Fischer

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