
© Lutz Hannemann
Landeshauptstadt: Breite Kritik an der Mietenbremse
Die Pläne von Union und SPD im Bund gehen dem Mieterverein nicht weit genug. Die Vermieter hingegen rechnen mit Klagen
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Die Einigung von Union und SPD bei den Berliner Koalitionsverhandlungen über eine sogenannte Mietpreisbremse stößt in Potsdam auf wenig Begeisterung. Mietervertreter und Teile der Wohnungswirtschaft kritisierten gegenüber den PNN die Pläne. Maßnahmen wie die Begrenzung von Mieterhöhungen bei Neuvermietungen und für Bestandsmieter seien unausgereift und teilweise schädlich, hieß es. Die Stadtverwaltung wies hingegen darauf hin, dass für den kommunalen Wohnungsbestand in Potsdam bereits ähnliche Regelungen getroffen worden seien (siehe Kasten). Man hoffe, dass eine bundesweite Mietenbremse dann allen Mietern zugutekommen werde, so Stadtsprecher Markus Klier.
Bei den Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregegierung war in der Nacht zum Dienstag über Mittel gegen die steigenden Mieten in den Ballungsräumen Deutschlands gesprochen worden. Nach Angaben der Unterhändler der Parteien soll eine Mietpreisbremse im Koalitionsvertrag vereinbart werden: Bei Neuvermietungen darf die Miete nicht um mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Bestandsmieten dürfen nur noch um höchstens 15 Prozent binnen vier Jahren angehoben werden – bisher ist diese Steigerung in nur drei Jahren erlaubt. Die Länder sollen aber im Einzelfall entscheiden dürfen, wo und wie die Schutzmaßnahmen für Mieter gelten sollen.
Der Potsdamer Mieterverein kritisierte die Pläne. Die Regelungen seien nicht ausreichend, um den Anstieg der Mieten zu bremsen, so Vorstandsvorsitzender Volker Punzel. Es sei unnötig, die Länder entscheiden zu lassen. Wo der Wohnungsmarkt entspannt sei, würden die Mieten ohnehin nicht deutlich ansteigen. In Potsdam allerdings schon. Punzel forderte von der Landesregierung, Maßnahmen zur Begrenzung des Mietanstiegs auch umzusetzen. „Potsdam ist ein Gebiet mit gefährdeter Wohnungsversorgung“, sagte er. Nun wolle er abwarten, inwieweit die versprochenen Maßnahmen auch umgesetzt werden.
Aus der Wohnungswirtschaft kommen überwiegend kritische Stimmen: Die Regelungen seien ein Placebo, so Wolfhard Kirsch. Der Stadtverordnete des Bürgerbündnisses ist selbst Bauträger und verwaltet etwa 800 Wohnungen in Potsdam. Die Mietpreisbremse träfe nur Vermieter, die die Miete in den letzten Jahren nicht erhöht haben. Für den Potsdamer Markt sei die Kopplung an die ortsübliche Vergleichsmiete problematisch, weil es keinen qualifizierten Mietspiegel gebe. Ein Durchschnittswert sei etwa für Wohnungen in der Berliner Vorstadt zu niedrig. Mieter am Schlaatz bringe eine Orientierung an einem stadtweiten Durchschnitt hingegen in Bedrängnis, so Kirsch. Er rechne mit Klagen, wenn die Regelung umgesetzt werde. Potsdams größter privater Vermieter, Semmelhaack, sah sich noch nicht zu einer Einschätzung der Vorschläge in der Lage.
Der Verband der Wohnungsunternehmen in Berlin und Brandenburg (BBU) sprach von einem Bärendienst: Die vorgeschlagenen Eingriffe in das Mietrecht passten nicht zu der gleichzeitig vom Bund praktizierten stetigen Anhebung von Baustandards: „Man kann nicht die Anforderungen und Kosten ständig erhöhen, gleichzeitig aber die Refinanzierungsmöglichkeiten kappen“, so BBU-Vorstand Maren Kern. Die Regelungen würden in ihrer Kombination zu einer empfindlichen Schwächung der Investitionskraft der Wohnungsunternehmen führen. Die Folgen wären weniger Neubau und Modernisierungen.
Der Potsdamer Arbeitskreis Stadtspuren, in dem kommunale Wohnungsunternehmen und Genossenschaften vernetzt sind, sieht sich hingegen bestätigt. Ohnehin hätten in den letzten Jahren fast alle Mitgliedsunternehmen des Arbeitskreises darauf verzichtet, die gesetzlich zulässigen Mieterhöhungsspielräume auszureizen, hieß es.
Brandenburgs zuständiger Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) befürwortet die Vorschläge: „Wir werden das ernsthaft prüfen“, sagte er. „Wir haben vor allem eine schwierige Situation in Potsdam und rund um den BER, etwa in Königs Wusterhausen“, so Vogelsänger. Es werde zwar viel investiert, aber nicht in den Bereichen, die sich die meisten leisten können. Deshalb gebe das Land im kommenden Jahr 40 Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau aus – davon 30 Millionen Euro Entflechtungsmittel und zehn Millionen Euro aus dem Landeswohnungsbauvermögen. Damit könne der Bau von bis zu 1435 Wohnungen gefördert werden. Ab 2015 stünden mit Sicherheit 30 Millionen Euro zur Verfügung, hieß es.
Kritik an der Wohnungsbauförderung des Landes hatte zuletzt die Potsdamer CDU-Chefin Katherina Reiche geübt. In Brandenburg seien die Bundesgelder zur sozialen Wohnraumförderung „zu 90 Prozent falsch verwendet worden“. 16,28 Millionen Euro habe Brandenburg im Jahr 2011 bekommen, davon aber nur eine knappe Million Euro in den Wohnungsneubau investiert.
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