
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Buhrufe für Platzeck
3000 Brandenburger demonstrierten im Lustgarten für mehr Kita-Erzieher
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Innenstadt - Der Ministerpräsident erntet Buhrrufe. Geschätzt 3000 Erzieher, Eltern und ihre Kinder aus ganz Brandenburg stehen gegen 16 Uhr im Lustgarten. Sie fordern mehr Erzieher an märkischen Kindertagesstätten. Organisiert hat die Demonstration die Kampagne „Kita ist Bildung“, der die meisten brandenburgischen Kita-Betreiber und Wohlfahrtsverbände angehören. Es ist laut. Trillerpfeifen und Kindergeschrei stören immer wieder die Rede von Matthias Platzeck. Die meisten wirken unzufrieden mit dem, was er sagt. Dabei hat der SPD-Politiker ein Angebot: Zusätzlich 125 Millionen Euro will er in der nächsten Legislaturperiode für die 1700 Kitas des Landes ausgeben. Auch Kita-Bildung ist Ländersache, das Land zahlt die Gehälter der Erzieher.
Doch um die Forderungen der Kampagne zu realisieren, würden rund 300 Millionen Euro benötigt: Ein Erzieher sollte statt wie bisher sieben, nur noch höchstens vier Kinder unter drei Jahre betreuen; beziehungsweise acht Kinder über drei Jahre. Momentan liegt der offizielle Betreuungsschlüssel in dieser Altersgruppe bei eins zu 13. Doch den könnten sie und ihre Kolleginnen nur selten einhalten. Denn Urlaube, Fortbildungen und Krankheiten seien dabei nicht einkalkuliert, sagte die Kitaleiterin Ute Günzel aus Oberhavel. Sie hat die Kampagne initiiert.
„Wir vermissen die Wertschätzung“, sagte Gabriele Broda, die in Oranienburg eine Kita leitet. „Wir brauchen keine Reden, wie wichtig unser Beruf ist“, betonte sie. „Wir brauchen bessere Arbeitsbedingungen.“ Dazu gehörten eine fundiertere Ausbildung der Erzieher – sie sollten beispielsweise ein Instrument erlernen und mehr Zeit, zum Beispiel um die pädagogische Arbeit vor- und nachzubereiten. „Und wir benötigen kleinere Gruppen.“
Die Sprecherin der Babelsberger Eltern-Initiative, Sabine Nolting, fragte: „Wie sollen wir Eltern zur Arbeit gehen, wenn wir nicht wissen, ob unsere Kinder gut betreut sind. Was ist, wenn mein Kind weint und kein Erzieher Zeit hat, es zu trösten?“ Die zweifache Mutter betonte, dass nur mit vernünftigen Kitas Karriere und Beruf tatsächlich vereinbar seien: „Bildung ist kein Luxus, sie ist die Grundlage der Gesellschaft“, sagte sie. Es sei nicht nachvollziehbar, dass in anderen europäischen Ländern die Forderungen der Kampagne längst Standard seien und sie und in einem so reichen Land wie Deutschland als überzogen gelten. Doch Ministerpräsident Platzecks Antwort hieß: „Ich verspreche Ihnen hier heute nicht, dass für alles was sinnvoll ist, auch Geld da ist.“ Das Land könne für die Realisierung der Forderungen keine neuen Schulden aufnehmen, die den Rahmen sprengen. Das würde die Zukunft der Kinder zerstören. „Das werde ich nicht tun“, sagte Platzeck. Aber mit den versprochenen 125 Millionen Euro könnte zumindest der Betreuungsschlüssel für die unter Dreijährigen gesenkt werden. In Potsdam fordert die Fraktion die Linke mittlerweile, dass die Stadt einen Teil der Kosten für eine bessere Kita-Betreuung übernehme.
Die Demonstrationsteilnehmer hatten sich um 15 Uhr an sechs verschiedenen Standorten in Potsdam getroffen und waren dann in einem Sternenmarsch zur Kundgebung im Lustgarten gegangen. Schon seit November hatte die Kampagne Wunschzettel von brandenburgischen Kita-Kindern eingesammelt. Zehn Kartons mit 16 000 dieser Zettel übergab Initiatorin Günzel gestern dem Ministerpräsidenten. „Wir werden sie lesen“, versprach Platzeck. just
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