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Landeshauptstadt: Bundeswehr verzichtet auf Schießplatz

Anlage bei Krampnitz wird nicht gebaut. Politik und Stiftung fordern künftig bessere Kommunikation

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Groß Glienicke - Der wochenlange Protest hat Wirkung gezeigt. Die geplante Schießanlage bei Krampnitz wird nun doch nicht gebaut. Wie das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr am gestrigen Freitag mitteilte, soll der normale Übungsbetrieb auf dem Truppenübungsplatz zwar weiterlaufen. Man halte aber nicht mehr am Bau der Anlage auf dem Gelände fest.

Hintergrund der zu diesem Zeitpunkt überraschenden Absage sei, dass das Verteidigungsministerium bei einer „erneuten Gesamtbetrachtung aller Umstände in diesem besonderen Einzelfall“ zu dem Schluss gekommen sei, dass eine Umsetzung nicht angemessen wäre, hieß es in der Mitteilung. Man werde nun prüfen, ob die Schießanlagen im Großraum Berlin optimiert werden könnten. Dabei würden Länder und Kommunen „selbstverständlich frühzeitig eingebunden“.

Im Februar war bekannt geworden, dass die Bundeswehr bei Krampnitz und in direkter Nachbarschaft zur Naturlandschaft der Sielmann-Stiftung für 14 Millionen Euro einen Schießplatz errichten wollte. Er sollte ab 2017 auf dem Truppenübungsplatz in der Döberitzer Heide entstehen und über mehrere Kurz- und Langbahnen für Schießübungen mit Pistolen, Gewehren und auch Maschinengewehren verfügen. Die Überlegungen gibt es seit März 2013. Zu dieser Zeit – vor der Bundestagswahl im September vor zwei Jahren – war also noch der jetzige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für das Verteidigungsressort verantwortlich.

In den vergangenen Wochen gründete sich dann unter anderem eine Bürgerinitiative Groß Glienicker Heide – in Anlehnung an die BI Freie Heide gegen das Bombodrom in der Wittstock-Ruppiner Heide. Besonders kritisiert wurde insgesamt die Informationspolitik der Bundeswehr. Selbst die Stadt Potsdam hatte von den Plänen nach eigenen Angaben erst aus den Medien erfahren.

Potsdamer Bundestagsabgeordnete begrüßten die Absage. Die SPD-Bundespolitikerin Andrea Wicklein betonte, sie sei sehr froh, dass die Pläne vom Tisch seien. „Die Menschen können jetzt aufatmen.“ Wicklein hatte einen Brief an die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) geschrieben. Die Argumente gegen den Schießplatz seien bestechend gewesen, betonte sie mit Blick auf die zwei Kilometer entfernte frühere Militärkaserne Krampnitz, wo künftig ein Stadtviertel für rund 3800 Anwohner entstehen soll. „Der Einsatz hat sich gelohnt“, sagte auch Potsdams CDU-Chefin Katherina Reiche. Der Bundestagsabgeordnete Norbert Müller (Linke) sagte: „Das Engagement der Bürger hat sich gelohnt.“ Das intransparente Agieren der Bundeswehr sei durch Die Linke aufgedeckt worden: „Gemeinsam haben wir den unnötigen Schießplatz verhindert.“

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sagte, er habe sich persönlich an die Verteidigungsministerin gewandt, um Details zu erfahren. Es sei ein wichtiges Signal, wenn die Bundeswehr künftig Länder und Kommunen einbeziehen wolle. „Beteiligung ist unabdingbar. Nur so kann eine Akzeptanz erfolgen.“ Für den Grünen-Fraktionschef in Dallgow-Döberitz, Peter-Paul Weiler, bedeutet die Entscheidung „Ruhe für die Bürger in Seeburg, Krampnitz und Fahrland und die Tiere in der Döberitzer Heide“. Zugleich forderte er, künftig offener mit den Kommunen zu kommunizieren.

Freude löste die Nachricht auch bei der Heinz-Sielmann-Stiftung aus. „Ich bin sehr glücklich“, sagte Stiftungschef Michael Beier den PNN. „Das zivilgesellschaftliche Engagement hat hier enorm geholfen.“ Er habe erst nach dem Vorliegen der in Auftrag gegebenen Schall- und Umweltschutzgutachten mit einer Absage gerechnet. Beier begrüßte besonders „die Einsicht der Bundeswehr, dass Naturräume einen Wert haben und nicht zerstört werden dürfen“.

Wie es nun weitergeht, ist unklar. Die Bundeswehr betonte, dass der Bedarf einer „zeitgemäßen und den Anforderungen genügenden Schießausbildung in der Region bestehen bleibe“. Laut SPD-Politikerin Wicklein wird geprüft, die Schießübungen an mehreren Plätzen im Großraum Berlin und nicht nur an einem durchzuführen. „Das wäre vernünftig und könnte auch Geld sparen“, sagte sie. Beier von der Sielmann-Stiftung hatte hingegen den Standort Lehnin im Südwesten Potsdams als Alternative vorgeschlagen.

Stefan Engelbrecht

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