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Eine Tagung zum katholischen Eherecht beleuchtete auch den orthodoxen und jüdischen Standpunkt
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Der orthodoxe Erzbischof von Prag, Dr. Krystof, nutzte die Gelegenheit, um eine grundlegendes Problem anzusprechen. Auf einer Tagung zum katholischen Eherecht vergangenen Freitag an der Universität Potsdam erinnerte er daran, dass heute in Ost- wie in Mitteleuropa viele Paare unverheiratet bleiben, die Zahl der Kinder weitgehend rückläufig ist. Die Schuld daran dürfe nicht nur in egoistischem Verhalten der jungen Generation gesucht werden. „Wir haben es mit einer komplizierten sozialen Situation zu tun, junge Familien leben heute in Angst vor Arbeitsplatzverlust und finden nur schwer entsprechenden Wohnraum“, so der Erzbischof. Hier könne die kirchliche Gemeinschaft eine wichtige Rolle spielen: „Es bedarf der Unterstützung der jungen Familien nicht nur geistlich sondern auch materieller Natur.“
Die Tagung zum Eherecht war vom Kanonistischen Instituts an der Universität Potsdam (ehemals Institut für Kirchenrecht) ausgerichtet worden. Um den Blick auch über den eigenen Horizont schweifen zu lassen, wurde das Treffen von einem Vertreter der orthodoxen Kirche sowie einem Rabbiner eröffnet. Ähnlich wie in der katholischen Kirche ist auch in der orthodoxen Glaubensrichtung die Ehe ein Sakrament, ein monogames Bündnis, das in seiner Nähe zu Gott als heilig gelte. Die orthodoxe Kirche verstehe die Ehe nicht als rechtlichen Bund: „Die Ehe ist ein ständiges Bündnis der Liebe“, so der Erzbischof. Was die Scheidung anbelangt, verweist der Geistliche darauf, dass dieser Bund auch aufhören könne zu existieren: „Es wäre falsch, wenn die Kirche das nicht akzeptiert.“ Eine zweite Ehe wird von den Orthodoxen nach einer Übergangszeit in der Regel akzeptiert, etwa wenn eine Scheidung wegen Unzucht und Verwitwung vorliegt.
Zum Thema der Kinderlosigkeit ergänzte Erzbischof Krystof, dass seine Kirche Familie und Nachkommen als einen Segen sehe, der aber nicht alleiniges Ziel der Ehe sei. Der Geistliche betonte jedoch, dass es eine schwere Sünde sei, ein Kind aus Bequemlichkeit oder Gewinnstreben abzulehnen; Abtreibung betrachte die orthodoxe Kirche als Mord.
Rabbiner Walter Homolka vom Potsdamer Abraham Geiger Kolleg arbeitete einige markante Unterschiede zwischen jüdischem und christlichem Eherecht heraus. Grundlegend kenne das Judentum keine Sakramente, bei der Ehe stehe der rechtliche Charakter stark im Vordergrund. Ein Recht allerdings, das Gott geschaffen habe. Gott ordne die Welt nach seinem Willen. „Wenn Gott dir Recht verschafft, was besseres kann dir passieren?“, heiße es bei den Juden. Die einzelnen Regeln und Schritte der Eheschließung seinen nicht so sakral wie bei den Christen, sie würden auf zahlreichen Fragen fußen, die das Leben aufwirft.
Die Eheschließung findet nach dem Verlöbnis und der Antrauung statt. Früher vergingen zwischen Antrauung und Eheschließung zwölf Monate, als Antrauung galt der Vollzug des Geschlechtsverkehrs in einem geschlossenen Raum im Beisein zweier männlicher Zeugen. Diese etwas exotisch anmutenden Regelung sei sogar bis heute gültig, wenn auch „eher selten“ praktiziert. Heute werde an ihrer Stelle eine gemeinsame Mahlzeit eingenommen, als Symbol der Vereinigung. Zwei weitere Wege der Antrauung seien die Übergabe eines Ringes oder eines Wertgegenstandes durch den Mann. Der Ring müsse in jedem Fall im Besitz des Mannes sein, sonst sei die Ehe ungültig.
Mit der Ehe sind eine ganze Reihe von Pflichten, nicht nur die Unterhaltspflicht, geregelt. Die Scheidung wiederum ist im Judentum durch eine sehr lange Zeremonie gekennzeichnet. „Hier soll noch einmal die Möglichkeit der Versöhnung gegeben werden“, so Homolka. Auch gelte es, Formfehler mit weit reichenden Konsequenzen zu vermeiden. Im Unterschied zur orthodoxen Praxis kann die Scheidung auch möglich werden, wenn die Ehepartner keine Schuld auf sich geladen haben. Was in den Ausführungen von Homolka deutlich wird, ist eine bevorzugte Stellung des Mannes im Judentum. So könne eine Frau zwar nicht zur Heirat gezwungen werden, sehr wohl aber zur Scheidung. Auch muss eine Ehe geschieden werden, wenn die Frau ihren Mann betrogen hat. Für Männer gelte dies – mit der Ausnahme von Vergewaltigung – allerdings nicht.
Am Rande der Tagung war zu erfahren, dass die Beschäftigung mit kirchenrechtlichen Fragen an der Universität Potsdam in Zukunft ausgebaut wird. In Kooperation mit dem Abraham Geiger Kolleg soll eine Stiftungsprofessur für Jüdisches Recht eingerichtet werden. So entsteht neben den Instituten für katholisches und evangelisches Kirchenrecht in Potsdam ein weiteres Standbein der krichenrechtlichen Disziplin. Jan Kixmüller
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