Von Sabine Schicketanz: Bürger-Allianz fordert freien Uferweg
500 Menschen bei Kundgebung von sechs Vereinen / Stadt wegen Verhandlungsführung in der Kritik
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Groß Glienicke - Eine Bürger-Allianz hat im eskalierten Konflikt um den gesperrten Uferweg am Groß Glienicker See an die Potsdamer Stadtspitze und die Anrainer appelliert, wieder miteinander zu verhandeln. Es sollten Kompromisse gefunden werden, eine Konfliktstrategie mit Enteignungen lehne man ab, sagte Moderator Dieter Dargies vom Heimatverein „Groß Glienicker Kreis“. Zur Kundgebung, zu der sechs Groß Glienicker Vereine eingeladen hatten, waren am späten Sonntagnachmittag nach Schätzung der Veranstalter rund 500 Menschen auf die Badewiese am Seeufer gekommen. Sie forderten die Anrainer auf, den Uferweg im ehemaligen Grenzgebiet freiwillig wieder zu öffnen. Gleichzeitig kritisierte die Bürger-Allianz die Verhandlungsführung der Stadtverwaltung als kaum verlässlich und zu langsam. Nachdem es am Ostermontag bei Protesten zu Handgreiflichkeiten gekommen war, blieb es gestern friedlich.
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) versprach den Groß Glienickern in einer emotionalen und kämpferischen Rede, der Uferweg werde wieder offen sein: „Es geht nicht darum, ob es einen öffentlichen Weg gibt, sondern wie und wann.“ Für die Sperrungen der vier Anrainer gebe es „keine Rechtfertigung“, sagte der Oberbürgermeister unter viel Applaus. Jeder, der ein Grundstück am See gekauft habe, „wusste, worauf er sich einlässt“. Den Begriff „Enteignung“ vermied Jakobs, der im Herbst zur Wiederwahl antreten will. Wenn Anrainer sich weigerten zu verhandeln, werde die Stadt „den rechtlichen Weg Schritt für Schritt gehen“. Vor allem aber sei Potsdam zu Kompromissen bereit. Bei der Genehmigung von Stegen und Zäunen könne allerdings das Naturschutzrecht nicht verletzt werden. Auch einen „Kuhhandel“ nach dem Motto „gibst Du mir Steg, gebe ich Dir Weg“ dürfe und könne es nicht geben.
Unklar ist, wann die am Dienstag vor Ostern an vier Stellen des Uferwegs aufgebauten Sperren beseitigt werden. Die Stadt werde räumen lassen, wenn die Anrainer der mit einem Zwangsgeld versehenen Beseitigungsanordnung nicht nachkämen, versicherte Jakobs. Wann die Frist abläuft, wollte er nicht sagen. Unerwartet ist, dass die Sperr-Anrainer offenbar doch nicht juristisch gegen die Anordnungen der Stadt vorgegangen sind. Es lägen nur Widersprüche gegen die Behörde vor, so Jakobs.
Der 2,5 Kilometer lange Uferweg verläuft auf dem ehemaligen Postenweg der DDR-Grenzer. Für das Ufer existiert seit 1999 ein gültiger Bebauungsplan, der den Weg vorsieht. Die ehemals zuständige Gemeinde Fahrland hat es jedoch Anfang der 1990er Jahre versäumt, den Weg öffentlich widmen zu lassen. Dies will Potsdam nun nachholen, doch mit der Widmung muss sich jeder einzelne der rund 40 Eigentümer einverstanden erklären und der Stadt ein Wegerecht einräumen. Darüber wird seit November 2009 verhandelt. Vergangene Woche hat Potsdam an acht Anrainer, mit denen die Verhandlungen gescheitert seien – darunter auch die Sperrer – Kaufangebote für den Uferstreifen verschickt. Den Kaufpreis werde ein externer Gutachter noch ermitteln, so der Oberbürgermeister. Mit den Kaufangeboten hat die Stadt den formell ersten Schritt für mögliche Enteignungen getan. Dass ein solches Verfahren Jahre dauere, wies Jakobs als Spekulation zurück.
Er verteidigte außerdem die Verhandlungsführung der Stadt: Es sei ein „mühseliger Weg“ mit schwierigen Abwägungen. Olaf Bartel, der als einer von zwei Anrainern auf der Badewiese ans Mikrofon trat, hatte zuvor beklagt, Jakobs habe Zusagen nicht eingehalten. Er habe Zaun und Steg versprochen, was die Naturschutzbehörde dann abgelehnt habe. „Die Behörden schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu“, so Bartel. Seine Familie habe Mitte der Woche einen weiteren Gesprächstermin. Sei dieser nicht erfolgreich, erwäge man, ebenfalls den Weg zu sperren. Der Sprecher der Bürger-Allianz aus Karnevalsclub, Gewerbegemeinschaft, Heimatverein, Anglerverein und zwei Sportclubs, Dieter Dargies, forderte die Stadt auf, einen offiziellen Verhandlungsführer einzusetzen.
Noch am Abend wollte sich in Groß Glienicke eine zweite Bürgerinitiative für ein freies Ufer gründen. Die erste unter Führung des Grünen-Stadtverordneten Andreas Menzel ruft für heute um 19 Uhr zur Protest-Montagsdemonstration an der Dorfstraße auf.
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