zum Hauptinhalt
Idylle am Wasser. In Potsdams Partnerstadt Luzern.

© Sigi Tischler/dpa

Potsdams Partnerstadt Luzern: Bürgerbegehren auf Schweizerisch

Auch in Potsdams Partnerstadt Luzern regt sich Widerstand gegen einen möglichen Ausverkauf städtischer Grundstücke. Dort wollen die Grünen den Bürgerentscheid – die erste Hürde ist genommen

Stand:

In Potsdam ist der Zulauf für das Bürgerbegehren „Kein Ausverkauf der Potsdamer Mitte“ groß – am Montag vermeldeten die Initiatoren 9000 Unterschriften, rund 14 000 sind nötig. Auch in Potsdams Partnerstadt Luzern in der Schweiz regt sich derzeit der Widerstand gegen den Verkauf von städtischen Grundstücken: Dort haben die Grünen eine sogenannte Bodeninitiative gestartet und wollen einen Bürgerentscheid. Ziel ist eine Regelung, bei der die 81 000-Einwohner-Stadt praktisch keine Grundstücke mehr verkaufen dürfte. Stattdessen soll für städtische Grundstücke nur noch das sogenannte Baurecht an Investoren vergeben werden – das Schweizer Pendant zum deutschen Erbbaurecht, bei dem das Grundstück beim Eigentümer verbleibt, Investoren aber gegen Zahlung eines Pachtzinses darauf bauen und es nutzen dürfen. „Die Bodeninitiative sichert der Stadt dauerhaft höhere Erträge, als dies mit der aktuellen Verkaufspolitik der Fall ist“, sagte der Luzerner Grünen-Stadtchef Marco Müller.

Die Luzerner Grünen fürchten um Verlust des "Tafelsilbers"

Die nötigen 800 Unterschriften habe man bereits zusammen, offiziell einreichen werde man sie am 13. Mai, sagte Andreas Kappeler, der politische Sekretär der Luzerner Grünen, den PNN am Montag. Das Thema sei momentan in verschiedenen Schweizer Städten aktuell: In der 175 000-Einwohner-Stadt Basel etwa haben im Februar 67 Prozent der Bürger für eine vergleichbare Initiative gestimmt, auch in der 30 000-Einwohner-Gemeinde Emmen im Kanton Luzern war eine Bodeninitiative erfolgreich.

Anders als in Potsdam geht es in Luzern nicht vorrangig um das Stadtbild oder die Zukunft speziell der Stadtmitte. Anlass für die Initiative sei die Sorge, dass die Stadt weiteres Land verkaufen könnte „und wir dann in Zukunft keine eigenen Grundstücke mehr haben für Schulhäuser, ein Spital oder Wohnraum“, erklärt Kappeler. Wegen der hohen Immobilienpreise sei in Luzern für Normalverdiener praktisch nur noch städtischer oder genossenschaftlicher Wohnraum bezahlbar. Ein generelles Verkaufsverbot sieht die Initiative dabei nicht vor: So soll die Stadt ein Grundstück verkaufen können, wenn sie dafür ein gleichwertiges Grundstücke kauft.

Luzerner Bürger haben Mitspracherecht beim Verkauf städtischer Grundstücke

Einen Ausverkauf städtischer Flächen sieht Friederike Pfromm, die Leiterin der Abteilung Immobilien in Luzern, nicht. „Das letzte Verkaufsgeschäft hatten wir 2013 und ein Vorkaufsrecht im Februar dieses Jahres“, sagte sie den PNN. Mögliche Chancen oder Risiken der Bodeninitiative für die Stadt will sie angesichts des laufenden Verfahrens nicht kommentieren.

Schon jetzt können die Luzerner deutlich mehr mitreden als die Potsdamer, wenn es um den Verkauf städtischer Grundstücke geht. So muss in Luzern jeder Grundstücksverkauf, der eine Summe von 15 Millionen Franken – rund 13,6 Millionen Euro – überschreitet, den Einwohnern zur Abstimmung vorgelegt werden. Auch bei kleineren Verkaufsvolumina besteht die Möglichkeit, eine solche Abstimmung durchzuführen. Jeder Verkauf, der 750 000 Franken überschreitet, muss vom Stadtparlament abgesegnet werden.

In Luzern hat die Stadt nach der Einreichung der Initiative ein Jahr Zeit, um sich mit der Forderung zu befassen und mögliche Alternativvorschläge zu machen, ehe es im Parlament zur Abstimmung kommt. Von da an läuft es ähnlich wie in Potsdam: Lehnt das Parlament die Initiative ab, kommt es zum Volksbegehren. Das Ergebnis wäre dann bindend.

Potsdam: Neuer Vorschlag der Linke-Landtagsabgeordneten Tack

In Potsdam hat sich unterdessen die Linke-Landtagsabgeordnete Anita Tack mit einem Vorschlag zum Bürgerbegehren zu Wort gemeldet: Statt wie geplant 4,5 Millionen Euro aus Mitteln der Städtebauförderung für den Abriss der Fachhochschule vorzusehen, könne man diese Summe in die Sanierung des maroden Gebäudes stecken. Beim kommunalen Sanierungsträger sorgte der Vorschlag nach PNN-Informationen für Kopfschütteln. „Wenn Sie Fördermittel erhalten, um einen städtebaulichen Missstand zu beseitigen, also für Abriss, ist es nicht gerade wahrscheinlich, dass der Fördermittelgeber diese Mittel für das genaue Gegenteil zur Verfügung stellen würde”, hieß es gegenüber den PNN hinter vorgehaltener Hand. Offiziell äußert sich das Unternehmen derzeit zu dieser Frage nicht – weil sie auch Teil einer großen Anfrage der Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW und Grünen sei, wie es hieß. Wie berichtet erbittet die Rathauskooperation mit der Anfrage von der Stadt unter anderem Auskunft dazu, welche mittelbaren und unmittelbaren Einnahmeverluste die Annahme des Bürgerbegehrens mit sich ziehen würde. Das Bündnis „Potsdamer Mitte neu denken“, das das Bürgerbegehren startete, spricht sich unter anderem gegen Abriss der FH und den Verkauf des Grundstücks aus. mit HK

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })