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Landeshauptstadt: Caruso sang, nörgelte und kam nie wieder

Das Varieté Walhalla sah große Sänger und Artisten / Ab Montag wieder Klein-Kunst-Programme

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Das Varieté Walhalla sah große Sänger und Artisten / Ab Montag wieder Klein-Kunst-Programme Von Klaus Büstrin Innenstadt – Walhall. In der nordgermanischen Sage nannte man es die Halle der Erwählten, eine Walhalla baute man im 19. Jahrhundert als „Ruhmeshalle“ von bedeutenden Deutschen bei Regensburg. Eine Walhalla befindet sich auch in Potsdam. Sie ist aber in keinem Augenblick mit den Monstrositäten in der Sage und im Bayrischen zu vergleichen. Der Name für das Etablissement in der heutigen Dortustraße 5 ist wohl nur als ironisches Zitat gemeint. In dem barocken Typenbau von 1738 hatte Hermann Rosenberger 1912 eine Kleinkunst-Varietébühne eröffnet. Aber schon davor war in dem Haus eine Gastwirtschaft mit Fremdenzimmern untergebracht. Rosenberger, der eine große Liebe zum Varieté hegte und Beziehungen zum Berliner Wintergarten hatte, wollte all die Großen dieses Genres auch nach Potsdam holen. Allabendlich gab es Vorstellungen – sie begannen um 22.30 Uhr – bei alle drei Wochen wechselnden Shows. 1928 verließ Hermann Rosenberger mit seiner 50 Jahre jüngeren Geliebten das Haus, seine Frau Auguste und Sohn Otto führten es weiter. 1936 nannte man die Bühne in Residenz-Kabarett um. 1945 nutzte es die Rote Armee als Casino, zu DDR–Zeiten verkam das Gebäude immer mehr. Vom Glanz des einstigen „Walhalla“ war nichts mehr zu spüren. Jetzt wird es komplett saniert. Zwei der bedeutendsten Tenöre der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren in diesem Haus zu erleben: Enrico Caruso und Richard Tauber. Die Schauspielerin und Kabarettistin Trude Hesterberg fragte bei Rosenberger des öfteren an, ob sie ihre Programme, die sie im Wintergarten oder auf Tourneen bot, auch im Walhalla mal ausprobieren könne. Der Varieté-Chef war darüber froh, denn je mehr Stars in die einstige Waisenstraße kamen, desto besser für ihn und das Geschäft. Auch Charlie Chaplin hat hier Station gemacht. Berühmte Artisten, die an Berliner Varieté-Bühnen gastierten, waren ebenfalls in den Programmen Rosenbergers zu sehen. Sie zeigten ihre Künste auch für geringe Gagen, denn so mancher hatte sein Honorar verspielt, so dass er die fällige Artistenpension nicht bezahlen konnte. Rosenberger soll das Diven-Gehabe von Künstlern gehasst haben. In einem RBB- Interview erzählte die Enkelin des Varieté-Gründers, Sigrid Richter, dass Caruso bei den Rosenbergers einmal zum Abendessen eingeladen war. Der Tenor nörgelte an dem Essen ständig herum. Darauf hat der Walhalla-Chef Caruso deutlich gemacht, dass es ihm unbenommen sei, zu gehen. Der Tenor ging und ließ sich in der Waisenstraße nie wieder sehen. Ab Montag wird in dem sanierten Gebäude „Walhalla“ wieder seine Pforten öffnen. Noch ist baulich nicht alles fertig, doch will das Hans Otto Theater zunächst alle 14 Tage mit einem Programm aufwarten, ab Mai jeden Montag. Literarisch-musikalische Programme, Lesungen, szenische Monologe, Gesprächsrunden über Inszenierungen oder Quizrunden soll es geben. Am 7. März, 20 Uhr, wird Christian Klischat Geschichten von Verliesen und Verlassenen lesen und spielen. Das Walhalla für das Potsdamer Theater.

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