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Von Jana Haase: Chaos und Choreografie

Der Potsdamer Jan Böhme ließ sich für den Film „Operation Walküre“ in die Luft sprengen

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Es ist ein Schlüsselmoment des Films: Die Bombe exlodiert in der „Wolfsschanze“, wo sich Hitler mit seinen Getreuen bespricht – und entwickelt eine Zerstörungskraft, die das Kinopublikum hoffen lässt. Die Wucht der Detonation zerfetzt nicht nur den sechs Meter langen Tisch in der Mitte des Bunkerraums, sie reißt auch den Führer und seine Gener äle um, schleudert sie gegen die Wand. Einen Augenblick lang scheint es, als sei Stauffenbergs Plan aufgegangen: Die „Operation Walküre“ zur Beseitigung Hitlers und zur Übernahme der Macht in Deutschland. Heute Abend feiert der von Studio Babelsberg koproduzierte gleichnamige Film mit Tom Cruise in der Hauptrolle Premiere in Berlin, ab Donnerstag ist er deutschlandweit in den Kinos zu sehen.

„Die Explosion war echt“, erzählt Jan Böhme. Der 31-jährige Potsdamer war dabei, als die Szene gedreht wurde, und zwar ganz dicht: Als Stuntman verkörperte er Hitlers Stenograf. Er stand nur 50 Zentimeter entfernt von der Bombe, die Regisseur Bryan Singer im Herbst 2007 im Babelsberger Atelier in die Luft gehen ließ. Das historische Vorbild seiner Figur verlor bei dem Attentat tatsächlich sein Leben, erzählt Böhme. Er selbst dagegen hat nicht einmal blaue Flecken davon getragen: „Es ist einigermaßen gut gegangen“, sagt der ehemalige Turner bescheiden.

Denn was auf der Kinoleinwand wie das blanke Chaos aussieht, ist eine perfekt einstudierte Choreografie. 23 Stunt-Leute mussten dafür gleichzeitig „wegfliegen“, wie Böhme sagt. Etwa die Hälfte der Crew hing dafür an Drahtseilen, die auf Knopfdruck zur Wand gezogen wurden, andere Stuntmen wieder mussten sich im richtigen Moment zur richtigen Seite fallen lassen – geschützt mit Knie- und Ellenbogenschützern, wie sie auch Snowboarder verwenden. Eine ganze Woche lang sei dafür geprobt worden, erinnert sich Jan Böhme: „Gute Vorbereitung ist bei solchen Sachen alles“, weiß der Potsdamer.

Der Dreh selbst war dann eine Sache von Sekunden – und ein "One Time Shot", alles musste auf Anhieb klappen: „Eine zweite Aufnahme wäre zu teuer geworden, die Kulisse war danach ja kaputt“, erklärt Böhme.

Seit 2003 ist er jetzt schon im Stuntmen-Geschäft: Angefangen hat er beim Filmpark Babelsberg, seit 2006 arbeitet er für die Stuntfirma „Haeger Stunt“. In den Babelsberger Studios drehte er internationale Projekte wie „V for Vendetta“, „Speed Racer“, „Ninja Assassin“ oder aktuell „Inglourious Basterds“, außerdem stand er für deutsche TV-Produktionen wie „Schloss Einstein“ oder den Polizeiruf vor der Kamera.

Auch seine Freundin hat er über den Job kennen gelernt: „Sie ist Stuntfrau und hat schon Natalie Portman und Christina Ricci gedoubelt“, erzählt der Potsdamer.

Die Voraussetzungen für den Beruf bringt er aus seiner Zeit als Leistungssportler und den Jahren bei der Bundeswehr mit: Der Absolvent der Potsdamer Sportschule war 1991 sogar deutscher Meister am Barren. „Irgendwann ist die Grenze aber altersmäßig erreicht“, erzählt Böhme.

Bis heute trainiert er täglich – und bereitet seine Stunts in einer speziellen Halle in Berlin Spandau vor. Seine Turner-Gestalt hat er dabei behalten: Bei 1,70 Metern Körpergröße bringt Böhme gerade mal 62 Kilogramm auf die Waage – der schmächtige Körperbau ist für die Arbeit jedoch von Vorteil, erklärt der Potsdamer: „Du kannst dich immer dicker machen, aber nie dünner.“

An den Dreh mit Tom Cruise denkt er gerne zurück. Sogar Ehefrau Katie Holmes und Töchterchen Suri hat er 2007 am Set kennen lernen können – ein Foto der Hollywood-Familie hat Jan Böhme bis heute im Handy gespeichert. „Cruise hat ein gutes Gefühl dafür, wie man mit Menschen umgeht“, meint der Potsdamer Böhme: „Seine Professionalität hat uns alle beeindruckt.“

Einen großen Traum hat Jan Böhme noch für seine Karriere: „Ich möchte einmal für die Taurus World Stunt Awards nominiert werden.“ Diese höchste Auszeichnung für Stuntmen wird bei einer glamourösen Gala in Los Angeles vergeben – denn einen Oscar für Action-Doubles gibt es nicht, erzählt Böhme.

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