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Landeshauptstadt: „Charlie“ malt gern Mangas

Der 13-jährige Potsdamer Christian Zeiger ist als bester Deutscher Nachwuchssprecher nominiert

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„Das ist wunderschön!“, sagte die Kinderstimme von der Kinoleinwand. „Dieser Satz ging mir durch und durch“, gesteht Frank Zeiger. Doch an dem Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“ lag das nicht, und auch nicht an Kinder-Hauptdarsteller Freddie Highmore – sondern an dessen deutscher Stimme. Die hört Frank Zeiger jeden Tag. Es ist die seines Sohnes Christian.

Der 13-Jährige sitzt in seinem Zimmer in der Wohnung im Kirchsteigfeld. Ein Blatt mit selbst gezeichneten Manga-Comics liegt auf dem Schreibtisch, auf dem Schrank steht das Brettspiel „Spiel des Lebens“ – ein ganz normales Teenager-Zimmer. Nichts erinnert an seine außergewöhnliche Beschäftigung, die ihn seit bereits fünf Jahren mit wachsendem Erfolg begleitet. Was jedoch sofort auffällt, ist Christians deutliche, artikulierte Aussprache. Ungewöhnlich für einen 13-Jährigen, aber sein wichtigstes Kapital. Christian Zeiger verleiht seine Stimme, er ist Synchronsprecher für Kino- und TV-Produktionen. Und am morgigen Donnerstag könnte Christian Zeiger sogar Deutschlands bester Nachwuchs-Synchronsprecher werden. Für seine Leistungen im Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“ wurde er für den Preis, der erstmals in Potsdam vergeben wird, nominiert.

Angefangen hat es – wie so oft – nur durch einen Zufall. „Die Töchter meiner Potsdamer Musikschullehrerin waren schon Synchronsprecher, die beiden haben mich auf ein Sprecher-Casting aufmerksam gemacht“, erinnert sich Christian Zeiger an die Anfänge. Auf seine erste Synchronrolle „Billy“ in der Familienserie „Eine himmlische Familie“ bei der Babelsberger Hermes Synchron folgten der Film „Gestrandet“ und die Trickfilmserie „Feuerwehrmann Sam“. Im Kinderkanal spricht das Schweinchen Ringel in der Animationsserie „Au Schwarte“ mit Christians Stimme. Und auch in Roman Polanskis neuem Film „Oliver Twist“ ist er zu hören. Große Unterschiede zwischen Serie, Trick oder Film gebe es nicht, sagt Christian Zeiger. „Lippensynchron muss ich überall sein.“ Nur sind die Mundbewegungen in „Menschenfilmen“ viel detaillierter als bei Trickproduktionen. Vor allem Serien zu synchronisieren macht Christian Zeiger viel Spaß. „Es ist schön zu bemerken, wie sich der Charakter, den man spricht, verändert. Auch wenn Seriensynchronisation aufwändiger ist.“ Und zeitintensiver. Bis zu dreimal in der Woche wird Christian nach der Schule vom Taxi abgeholt. Mal geht es in die Medienstadt zu Babelsberg- oder Hermes-Synchron, mal in die Bundeshauptstadt zu Berlin Synchron oder Blackbird. Dort wurde sein wohl bis dato bekanntester Film synchronisiert: „Charlie und die Schokoladenfabrik“. Christians Augen leuchten hinter der Brille. „Die Rolle des Charlie Bucket hat mir sehr gefallen. Emotionale Rollen stehen mir viel, viel besser als die hypercoolen oder bösen.“ Auch wenn sie schwieriger zu synchronisieren seien. Anfangs war der 13-Jährige bei dem Film für eine ganz andere Sprech-Rolle vorgesehen. Erst während der Arbeit wurde Christian zur Stimme von Charlie Bucket, gespielt von Freddie Highmore. „Mein Klassenkamerad Hilko hat mir gar nicht geglaubt, dass ich die Kinder-Hauptrolle spreche“, erzählt Christian Zeiger. Auch andere Kinder aus seiner 9a des Leibniz-Gymnasiums erkannten Christians Stimme nicht sofort im Hollywood-Blockbuster. „Aber das ist schon okay, manchmal höre ich mich ja selbst nicht heraus.“ Probleme wegen seiner Arbeit nach Schulschluss gebe es mit Freunden nicht. „Jeder hat doch seine eigenen besonderen Aktivitäten“, meint Christian.

Bleibt überhaupt noch Zeit für die normalen Freizeitbeschäftigungen eines Teenagers? Christian Zeiger nickt. „Ich zeichne gern Mangas, schreibe Geschichten und Sketche.“ Stark scheint die kreative Ader bei dem 13-Jährigen zu sein. „Aber ich bin schon auch oft mit meinen Freunden unterwegs.“ Dann wird Tischtennis gespielt und die Freundschaftsinsel besucht. Oder ins Kino gegangen. Jeden Film, den er synchronisiert hat, schaut er sich nicht an. „Charlie habe ich aber schon gesehen, den fand ich richtig schön.“

Die verstärkte Aufmerksamkeit seit seiner Nominierung zum besten Nachwuchssprecher findet er toll. Die schwarze Hose und das weiße Hemd mit den aufgedruckten Drachen liegen bereit. Gemeinsam mit seinen Eltern Sabine und Frank geht es morgen Abend zur Verleihung in die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“. „Wir lassen uns überraschen“, sagt Mutter Sabine. Ähnlich haben beide reagiert, als ihr Sohn mit der Arbeit begonnen hatte. „Das war irgendwie ein Selbstläufer“, sagen sie. Man habe Christian weder gedrängt noch gebremst. Der sitzt währenddessen am Schreibtisch und zeichnet an einer Manga-Figur. Eben ein ganz normaler 13-Jähriger. Wenn auch mit außergewöhnlichem Talent und einer ziemlich bekannten Stimme.

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