
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Cola aus der Apotheke
Plantagen-Apotheke in Babelsberg feierte am Montag 90. Geburtstag
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Zuerst hatte die Apothekerin die winzigen, mit Gift gefüllten Röhrchen im Hutfach ihres Kleiderschranks deponiert. Später, nachdem ihr Freund die Fläschchen mit dem tödlich wirkenden Gift gesehen hatte, begann sie, nach einem neuen Versteck zu suchen und fand dies doch wieder nur in ihrem Kleiderschrank: Sie füllte die Röhrchen in ein Säckchen und befestigte den kleinen Beutel mit einer Sicherheitsnadel an der Innenseite eines Wollrocks, den sie selten trug. Doch das Unglück nahm seinen Lauf und die Pharmazeutin Hella Moormann in Ingrid Nolls Roman „Die Apothekerin“ verstrickte sich tief in tödliche Machenschaften.
Fragt man die Apothekerin Antje Oesberg von der Babelsberger Plantagen-Apotheke, wie das denn nun tatsächlich so sei mit den heiklen, manche Begehrlichkeit weckenden Pharmazeutika, so antwortet sie, wie es von einer rechtschaffenen Pharmazeutin zu erwarten ist: Sie halte sich genau an die Vorschriften. Außerdem: So eine gefährliche Droge unter der Hand abgeben – das könnte auffallen. Allerdings gäbe es hin und wieder tatsächlich Kunden, die wenig Verständnis dafür hätten, dass ohne Rezept keine rezeptpflichtigen Medikamente abgegeben werden dürfen, so die 39-jährige Apothekenleiterin.
Wer hoffte, Oesberg würde bei der Tombola auf der 90-Jahres-Feier der Apotheke am gestrigen Montag wenigstens einmal eine Ausnahme machen, den musste sie enttäuschen: Morphium war nicht zu gewinnen. Dafür rezeptfreie Pastillen zum Schutz von Hals und Stimme.
Von 10 bis 17 Uhr hat Antje Oesberg zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Kunden das Jubiläum gefeiert. Ein Heilpraktiker hatte dabei für all jene eine kostenlose Iris-Diagnose angeboten, die sich schmerzfrei in den Körper schauen lassen wollen. Der Experte für den richtigen Blick kann nämlich anhand der Iris viele tief im Körper verborgene Krankheiten erkennen. Mit Massagen nach der Grinberg- Methode wollte der Heilpraktiker übrigens auch für die nötige Entspannung der Gäste sorgen. Obwohl noch jung an Jahren, leitet Oesberg die Apotheke bereits seit 1998. Fünf Mitarbeiterinnen beschäftigt die Mutter zweier Kinder derzeit. Die approbierte Pharmazeutin übernahm vor 13 Jahren das kleine Unternehmen von Michael Möritz, der die staatliche Apotheke Anfang der neunziger Jahre privatisiert hatte. Gegründet wurde das Geschäft im Dienste der Gesundheit einst von Otto Teetzen. Gestern vor 90 Jahren – am 4. Juli 1921 – eröffnete er seine Apotheke in eben jenen Räumlichkeiten, in denen sie noch heute zu Hause ist.
Seither hat sich das Berufsbild der Apotheker gewandelt. Der Anteil an sogenannter Fertigarznei ist gestiegen. Rezepturen müssen seltener angefertigt werden – meist nach den Rezepten der Hautärzte. Vor einigen Monaten bekam Oesberg einen außergewöhnlichen Auftrag zur Herstellung einer Rezeptur: In einer alten amerikanischen Zeitschrift hatte man ein Cola-Rezept gefunden. Eine kleine Sensation – ranken sich doch um die genaue Rezeptur von Coca-Cola einige Legenden. Der Sender Radioeins fragte Oesberg an, ob sie nicht eine Cola nach dem aufgefundenen Rezept herstellen könne. Oesberg sagte zu und war bald darauf mit ihrem Cola-Gebräu bei Robert Skuppin im Radio. Das Getränk habe ein wenig nach Bionade geschmeckt, schätzt Oesberg ihre Cola-Braukunst ein.
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