Sport: Cool und unkontrolliert
Hockeyauswahl-Debütant Jonas Gomoll hat sich in Holland weiterentwickelt
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Berlin - Zu den wichtigsten Qualitäten eines Stürmers, egal in welcher Sportart, gehört es, immer genau zu wissen, wo er hin will. Die richtig guten Stürmer wiederum zeichnen sich dadurch aus, dass sie in der Regel auch einen Weg dorthin finden. Das trifft eigentlich auch auf Jonas Gomoll zu. Immerhin war er in der vergangenen Saison zweitbester Torschütze der Hockey-Bundesliga. In diesem Sommer aber ist der 21-Jährige ein wenig von seinem Weg abgekommen. Eigentlich wollte er vom Berliner HC nach Neuseeland wechseln, um dort sechs Wochen in der New Zealand Hockey League zu spielen und nebenbei sein Englisch zu verbessern. Hat leider nicht ganz geklappt. Jonas Gomoll, Student des Wirtschaftsingenieurwesens, steht jetzt für eine Saison beim HC Den Bosch unter Vertrag. In Holland. Vielleicht war es das Beste, was ihm passieren konnte.
Das Hockey, das in Holland gespielt wird, ist anders als das Hockey, das Gomoll aus Deutschland kennt. Es ist offensiver, insgesamt weniger kontrolliert. „Für einen Stürmer ist das schon ganz cool“, sagt er. Das Training besteht hauptsächlich aus Angriffsübungen, und auch die Freiheiten für einen Stürmer sind größer. „Dieser andere Stil hat mich schon weitergebracht“, sagt er. Dabei hat es Jonas Gomoll ohnehin schon weit gebracht. Zurzeit ist der gebürtige Berliner in Bhubaneswar, wo er am Samstag (15 Uhr, live bei Sport 1) mit der deutschen Nationalmannschaft zum Auftakt der Champions Trophy auf Gastgeber Indien trifft.
In der Vergangenheit, als die Champions Trophy oft ein bisschen quer im internationalen Terminkalender stand, hat Bundestrainer Markus Weise das Turnier häufig dazu genutzt, ein paar Perspektivspieler zu testen und gleichzeitig die hoch belasteten Stammkräfte zu schonen. Das ist diesmal anders. „Wir wollen um den Sieg mitspielen“, sagt Weise. Die Trophy ist das letzte große Turnier vor der Olympia-Qualifikation im Juni in Buenos Aires. „Dieses Mal haben wir ein sehr gutes Team mit einer guten Mischung“, sagt Gomoll. „Die Champions Trophy wird schon ernst genommen.“ Was im Umkehrschluss natürlich auch bedeutet, dass Jonas Gomoll inzwischen als ernsthafter Kandidat für höhere Aufgaben gilt.
Die Olympischen Spiele 2016 in Rio „sind ein Traum und auch ein Ziel“, sagt er. „Alles andere würde keinen Sinn machen.“ Dabei hat Gomoll bisher noch kein einziges Länderspiel bestritten, genauso wie Matthias Müller aus Köln und Timur Oruz aus Mülheim, mit denen er vor einem Jahr bei der U21-Weltmeisterschaft den Titel gewonnen hat. Bundestrainer Weise ist sehr angetan von seinen Nachwuchsspielern im Allgemeinen und von Gomoll im Besonderen. „Jonas macht Sachen, die andere nicht machen.“
Unorthodox, torgefährlich, athletisch stark: Gomoll, der zur nächsten Saison zum Berliner HC zurückkehren wird, bringt alles mit, was ein erfolgreicher Stürmer braucht. Deshalb steht Markus Weise mit seiner Wertschätzung auch nicht alleine. Michael Stiebitz, der Präsident des BHC, bescheinigt Gomoll „dieses Feeling, Dinge zu machen, die nicht normal sind“. Und Frauen-Bundestrainer Jamilon Mülders, der den Angreifer noch aus seiner Zeit als U21-Coach kennt, sagt sogar: „Er hat absolut das Potenzial zum Weltklassestürmer.“ Solche Aussagen machen Gomoll fast ein bisschen verlegen. Aber entschlossen widersprechen will er Mülders nicht: „Jami hat ja schon Ahnung von Hockey.“ Stefan Hermanns
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