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Potsdam: Dachdecker-Schule muss nach Millionen-Pleite schließen

Zentrale Ausbildungsstätte für Azubis aus dem Land Brandenburg muss Insolvenz anmelden. Jetzt suchen die Handwerkskammern eine Lösung für 132 Auszubildende.

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Potsdam - Alle Rettungsbemühungen sind gescheitert: Die in Potsdam ansässige zentrale Ausbildungsstätte für Dachdecker-Azubis im Land Brandenburg muss heute schließen. Der Trägerverein des vor einigen Jahren mit knapp 4,4 Millionen Euro Fördermitteln umgebauten Landesbildungszentrums (LBZ) des Brandenburger Dachdeckerhandwerks ist zahlungsunfähig. Das bestätigte der zuständige Berliner Insolvenzverwalter Rolf Rattunde am Donnerstag auf PNN-Anfrage. Am Potsdamer Amtsgericht sei nun ein Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Die Pleite der Schule, in der zuletzt 132 Azubis unterrichtet wurden, hat Folgen. Rattunde sagte, die drei brandenburgischen Handwerkskammern (HWK) und 80 betroffene Ausbildungsbetriebe müssten nun eine neue Lösung für die überbetriebliche Ausbildung ihrer Lehrlinge entwickeln. „Stinksauer“ über die Situation zeigte sich Heiko Ebert, Obermeister der Potsdamer Dachdecker-Handwerkerschaft. Für den Azubi in seinem Betrieb sei nun unklar, wo dieser unterrichtet werde – ähnlich gehe es Kollegen. Es sei schwer, von heute auf morgen eine neue und zertifizierte Lehreinrichtung zu eröffnen. Insofern sei die Pleite eine „mittlere Katastrophe“ für die Dachdecker in der Region, so Ebert. Hingegen sagte die Potsdamer HWK-Sprecherin Ute Maciejok, es werde daran gearbeitet, damit die Schulpleite keinen Einbruch für die Azubis bedeute. Jedoch werde die Lösung „nicht unbedingt in Potsdam“ liegen, so Maciejok. Ebert sagte, er hoffe auf Hilfe des Zentralverbands des Dachdeckerhandwerks.

Das Aus für die Ausbildungsschule hatte sich angekündigt. Wie berichtet hatte der Verein im April Insolvenz anmelden müssen. Der Grund: Für den Umbau der Schule gewährte Fördermittel mussten laut Rattunde zurückgezahlt werden. Für die Arbeiten habe das Ausbildungszentrum bereits vor zehn Jahren knapp 4,4 Millionen Euro vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn, dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle und dem Landesamt für Soziales und Versorgung erhalten, hieß es – dazu kamen 750 000 Euro Eigenmittel.

Der großzügige Umbau – es entstand etwa ein Neubau mit vier modernen Werkhallen – ist der Ausgangspunkt für die Misere. Denn 2011 sei bei einer baufachlichen Prüfung die zweckmäßige Verwendung der gewährten Fördergelder nicht vollständig nachgewiesen worden, sagte Rattunde: „So konnten für Anschaffungen keine entsprechenden Aufträge, Rechnungen, Lieferscheine oder andere Buchungsbelege vorgelegt werden.“ Bibb-Sprecher Andreas Pieper bestätigte, das Geld sei zweckwidrig verwendet worden. Rattunde sagte, in Summe seien 1,1 Millionen Euro Fördermittel zurückgefordert worden. Dies habe der Verein nicht schultern können – denn zwar habe sich der Geschäftsbetrieb des LBZ verhältnismäßig gut entwickelt, doch wegen seiner steuerlich begünstigten Gemeinnützigkeit habe der Verein keine Rücklagen bilden können. „Leider sind nun alle unsere Bemühungen für etwa eine Sanierung an den Vorbehalten der Gläubiger gescheitert“, sagte Rattunde. Die Geldgeber hätten weiter Zweifel angemeldet, dass ihre Fördermittelrichtlinien erfüllt werden. Für den Weiterbetrieb der Schule seien nun kein Mittel mehr da, so Rattunde. Bibb-Sprecher Pieper sagte, sollte der Geschäftsbetrieb des LBZ komplett eingestellt werden, stünden zusätzliche Rückforderungen wegen der nicht mehr zweckentsprechenden Nutzung der Bildungsstätte an.

Inzwischen sind Rattunde zufolge acht LBZ-Angestellte gekündigt oder freigestellt und zwei noch bis mindestens Ende September tätig. Auch die öffentliche Kantine in dem Ausbildungskomplex an der Röhrenstraße müsse nun schließen, hieß es. Die Ex-LBZ-Verantwortlichen sind längst nicht mehr tätig, schon 2010 wurden der Vereinsvorstand abgewählt und die Geschäftsführung ausgetauscht.

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